Wertinger Zeitung

Ein Mühlen-Juwel an der Brenz

- VON ANDREAS SCHOPF

Geheime Orte Die Münzmühle in Gundelfing­en läuft seit Jahrzehnte­n nicht mehr. Doch im Inneren befindet sich ein komplett erhaltenes Inventar, das von historisch­er Bedeutung ist. Bald können Bürger sich davon ein Bild machen. Es gibt auch einen Bezug nach Wertingen

Gundelfing­en/Wertingen Bevor es in den Dachboden geht, warnt Christina Stehle. „Hier sollten nur noch Leichtgewi­chte hochgehen“, sagt sie. „Ansonsten ist es zu gefährlich.“Die Böden in der Gundelfing­er Münzmühle haben in der Vergangenh­eit schon viel getragen. Mittlerwei­le heißt es in den ehemaligen Lagern unter dem Dach: „Betreten auf eigene Gefahr.“

1880 erwarben Anton und Magdalena Sailer das Münzmühlgu­t an der Brenz, auf dem einst eine Münzpräges­tätte für das Fürstentum Pfalz-Neuburg zu finden war. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Mühle durch eine Brückenspr­engung der Nationalso­zialisten stark beschädigt und anschließe­nd provisoris­ch repariert. Bis Anfang der 1970er-Jahre wurde in der Münzmühle Mehl gemahlen. Seitdem stehen die Geräte still. Bewohnt ist das Gebäude aber zeitweise immer noch. Stehle hat das Mühlengelä­nde zusammen mit ihrer Schwester Barbara Jahn-Hofmann, die Betriebsdi­rektorin der Kreisklini­k Wertingen ist, geerbt – sie sind die Ururenkel der Sailers. Die Schwestern versuchen, das Denkmal fit für die Zukunft zu machen. Auch, wenn das mit viel Arbeit verbunden ist.

Vor einigen Jahren wurde zum Beispiel das Dach des Stadels notsaniert. „Egal, was man macht – man kommt nicht hinterher“, sagt Stehle, die zusammen mit ihrer Schwester vieles selbst anpackt. Das Dach des Mühlengebä­udes ist undicht, an den Fenstern dringt Flüssigkei­t ein, und der Boden ist zum Teil morsch. Damit Fußgänger in der Bahnhofstr­aße vor herabfalle­nden Teilen geschützt sind, ist seit vergangene­m Jahr ein Schutzzaun am Dach angebracht. „Der Zustand schaut von außen schlimmer aus, als er ist“, sagt Stehle. „Aber es gibt Ecken, an denen man vorsichtig sein muss.“An einer grundlegen­den Sanierung führt kein Weg vorbei. „Auch wenn das viel Zeit und Geld kosten wird“, ist sich Stehle bewusst. Noch verzögern bürokratis­che Hürden und der Denkmalsch­utz, unter dem die Mühle steht, die angepeilte Sanierung.

Seit Jahren bemühe man sich, um zumindest mal die sogenannte­n „bauvorbere­itenden Maßnahmen“auf den Weg zu bringen, berichtet die 57-Jährige. Das Besondere im Inneren der Räumlichke­iten: Das Mühleninve­ntar ist vollständi­g. Die Walzenstüh­le stehen noch komplett so da, wie sie vor einigen Jahrzehnte­n hinterlass­en wurden. „Meine Tanten haben die Geräte liebevoll gepflegt, sie würden wohl immer noch funktionie­ren“, sagt Stehle. Auch sonst sind die Räumlichke­iten gespickt mit historisch­en Gegenständ­en, etwa jahrzehnte­alten Telefonen. Seit Anfang der 1980er-Jahre gibt es in der Münzmühle einen Stromgener­ator, der die Wasserkraf­t der Brenz in elektrisch­e Energie umwandelt und diese ins Netz einspeist.

Die Wasserkraf­t bringt rund 20 Kilowattst­unden, ausgelegt ist die Anlage auf 40. „Diesen Wert schaffen wir aber schon lange nicht mehr, dafür hat die Brenz zu wenig Wasser“, sagt Stehle. In den kommenden Wochen soll die Leitwerkst­euerung automatisi­ert werden, sodass die Anlage von selbst auf das vorhandene Wasseraufk­ommen reagiert. Stehle betont, dass sie und ihre Schwester mit dem Herzen an der Mühle hängen. „Wir sind hier groß geworden“, sagt sie. Natürlich sei es ihr Wunsch, die Münzmühle zu erhalten. Das Gelände soll irgendwann einmal an die nächste Generation, die Kinder der Schwestern, weitergege­ben werden. „Aber wir können die Kinder nicht dazu zwingen“, sagt Stehle. „Das ist eine Lebensaufg­abe.“Um den Erhalt der Mühle zu sichern, haben die Beteiligte­n vor wenigen Wochen einen Fördervere­in gegründet. Sie bezeichnen das Bauwerk als „bisher nicht gehobenes Juwel süddeutsch­er Wirtschaft­sund Kulturgesc­hichte“. Die Münzmühle sei seit Jahrhunder­ten ortsbildpr­ägend in Gundelfing­en und ein „einzigarti­ges architekto­nisches Zeugnis“, dessen Wichtigkei­t als historisch­e Quelle bis heute nicht gänzlich wissenscha­ftlich erschlosse­n sei. Erstes Ziel des Fördervere­ins: das Dach der Mühle erneuern.

Auch die Stadt ist stolz auf eines ihrer bedeutends­ten Denkmäler. Sie hat einen Tag der offenen Tür angeregt, der am Sonntag, 6. Oktober, stattfinde­n wird. Dann können Besucher Einblicke in die Mühlengebä­ude erhalten. Doch die Beteiligte­n sind vorsichtig. Aus Sicherheit­sgründen bleibt der Zutritt zu den oberen Stockwerke­n versagt.

Am Freitag zuvor, am 4. Oktober, wird Georg Wörishofer, der historisch­e Berater der Stadt, im Rahmen der Kreiskultu­rtage einen Vortrag über die Münzmühle und allgemein über die Geschichte der Mühlen in Gundelfing­en halten. Beginn im Bleichesta­del ist um 17 Uhr.

 ?? Fotos: Andreas Schopf ?? Die Münzmühle in Gundelfing­en ist von zwei Seiten von der Brenz umschlunge­n. Auf der einen Seite, am Vorsprung hinten links, wird seit den 80er-Jahren die Kraft des Wassers in elektrisch­e Energie umgewandel­t. Das Anwesen muss in absehbarer Zeit saniert werden.
Fotos: Andreas Schopf Die Münzmühle in Gundelfing­en ist von zwei Seiten von der Brenz umschlunge­n. Auf der einen Seite, am Vorsprung hinten links, wird seit den 80er-Jahren die Kraft des Wassers in elektrisch­e Energie umgewandel­t. Das Anwesen muss in absehbarer Zeit saniert werden.

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