Ein Mühlen-Juwel an der Brenz
Geheime Orte Die Münzmühle in Gundelfingen läuft seit Jahrzehnten nicht mehr. Doch im Inneren befindet sich ein komplett erhaltenes Inventar, das von historischer Bedeutung ist. Bald können Bürger sich davon ein Bild machen. Es gibt auch einen Bezug nach Wertingen
Gundelfingen/Wertingen Bevor es in den Dachboden geht, warnt Christina Stehle. „Hier sollten nur noch Leichtgewichte hochgehen“, sagt sie. „Ansonsten ist es zu gefährlich.“Die Böden in der Gundelfinger Münzmühle haben in der Vergangenheit schon viel getragen. Mittlerweile heißt es in den ehemaligen Lagern unter dem Dach: „Betreten auf eigene Gefahr.“
1880 erwarben Anton und Magdalena Sailer das Münzmühlgut an der Brenz, auf dem einst eine Münzprägestätte für das Fürstentum Pfalz-Neuburg zu finden war. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Mühle durch eine Brückensprengung der Nationalsozialisten stark beschädigt und anschließend provisorisch repariert. Bis Anfang der 1970er-Jahre wurde in der Münzmühle Mehl gemahlen. Seitdem stehen die Geräte still. Bewohnt ist das Gebäude aber zeitweise immer noch. Stehle hat das Mühlengelände zusammen mit ihrer Schwester Barbara Jahn-Hofmann, die Betriebsdirektorin der Kreisklinik Wertingen ist, geerbt – sie sind die Ururenkel der Sailers. Die Schwestern versuchen, das Denkmal fit für die Zukunft zu machen. Auch, wenn das mit viel Arbeit verbunden ist.
Vor einigen Jahren wurde zum Beispiel das Dach des Stadels notsaniert. „Egal, was man macht – man kommt nicht hinterher“, sagt Stehle, die zusammen mit ihrer Schwester vieles selbst anpackt. Das Dach des Mühlengebäudes ist undicht, an den Fenstern dringt Flüssigkeit ein, und der Boden ist zum Teil morsch. Damit Fußgänger in der Bahnhofstraße vor herabfallenden Teilen geschützt sind, ist seit vergangenem Jahr ein Schutzzaun am Dach angebracht. „Der Zustand schaut von außen schlimmer aus, als er ist“, sagt Stehle. „Aber es gibt Ecken, an denen man vorsichtig sein muss.“An einer grundlegenden Sanierung führt kein Weg vorbei. „Auch wenn das viel Zeit und Geld kosten wird“, ist sich Stehle bewusst. Noch verzögern bürokratische Hürden und der Denkmalschutz, unter dem die Mühle steht, die angepeilte Sanierung.
Seit Jahren bemühe man sich, um zumindest mal die sogenannten „bauvorbereitenden Maßnahmen“auf den Weg zu bringen, berichtet die 57-Jährige. Das Besondere im Inneren der Räumlichkeiten: Das Mühleninventar ist vollständig. Die Walzenstühle stehen noch komplett so da, wie sie vor einigen Jahrzehnten hinterlassen wurden. „Meine Tanten haben die Geräte liebevoll gepflegt, sie würden wohl immer noch funktionieren“, sagt Stehle. Auch sonst sind die Räumlichkeiten gespickt mit historischen Gegenständen, etwa jahrzehntealten Telefonen. Seit Anfang der 1980er-Jahre gibt es in der Münzmühle einen Stromgenerator, der die Wasserkraft der Brenz in elektrische Energie umwandelt und diese ins Netz einspeist.
Die Wasserkraft bringt rund 20 Kilowattstunden, ausgelegt ist die Anlage auf 40. „Diesen Wert schaffen wir aber schon lange nicht mehr, dafür hat die Brenz zu wenig Wasser“, sagt Stehle. In den kommenden Wochen soll die Leitwerksteuerung automatisiert werden, sodass die Anlage von selbst auf das vorhandene Wasseraufkommen reagiert. Stehle betont, dass sie und ihre Schwester mit dem Herzen an der Mühle hängen. „Wir sind hier groß geworden“, sagt sie. Natürlich sei es ihr Wunsch, die Münzmühle zu erhalten. Das Gelände soll irgendwann einmal an die nächste Generation, die Kinder der Schwestern, weitergegeben werden. „Aber wir können die Kinder nicht dazu zwingen“, sagt Stehle. „Das ist eine Lebensaufgabe.“Um den Erhalt der Mühle zu sichern, haben die Beteiligten vor wenigen Wochen einen Förderverein gegründet. Sie bezeichnen das Bauwerk als „bisher nicht gehobenes Juwel süddeutscher Wirtschaftsund Kulturgeschichte“. Die Münzmühle sei seit Jahrhunderten ortsbildprägend in Gundelfingen und ein „einzigartiges architektonisches Zeugnis“, dessen Wichtigkeit als historische Quelle bis heute nicht gänzlich wissenschaftlich erschlossen sei. Erstes Ziel des Fördervereins: das Dach der Mühle erneuern.
Auch die Stadt ist stolz auf eines ihrer bedeutendsten Denkmäler. Sie hat einen Tag der offenen Tür angeregt, der am Sonntag, 6. Oktober, stattfinden wird. Dann können Besucher Einblicke in die Mühlengebäude erhalten. Doch die Beteiligten sind vorsichtig. Aus Sicherheitsgründen bleibt der Zutritt zu den oberen Stockwerken versagt.
Am Freitag zuvor, am 4. Oktober, wird Georg Wörishofer, der historische Berater der Stadt, im Rahmen der Kreiskulturtage einen Vortrag über die Münzmühle und allgemein über die Geschichte der Mühlen in Gundelfingen halten. Beginn im Bleichestadel ist um 17 Uhr.