Schlagfertige Super-Senioren
Sport-Reportage Auch im fortgeschrittenen Alter macht eine Gruppe der Dillinger Golfer noch sportliche Fortschritte
Unterhalten sich zwei ältere Herren: „Mein Arzt hat mir geraten, mit dem Golf aufzuhören.“„Warum, hat er dein Herz untersucht?“„Nein, er hat meine Scorekarte gesehen!“Über diesen gerne lancierten Witz dürfte Hans Hruby nur müde lächeln. In einem Alter, wo sich andere Leute die Pantoffeln ans Sofa bringen lassen, packt der erfahrene Sportmediziner seine sieben Golf-Sachen und macht sich auf in Richtung GC Dillingen. Seit mehr als einem Jahrzehnt schlägt sich der heute 87-jährige ebenso erfolgreich wie wacker auf den grünen Bahnen im Donauried, wenige Kilometer südlich der Kreisstadt. Der betagte Senior kann neben seiner Akademikerkarriere auch eine große sportliche Vergangenheit vorweisen. So hat der vielseitige Sportler schon in grauer Vorzeit bei den „JahnZwölfkämpfen“zu Ehren des guten alten Turnvaters den Rang eines „wahren Königs der Athleten“errungen.
Fit wie ein Turnschuh präsentieren sich neben Hans Hruby auch die anderen, mehr als ein Dutzend Golf„Oldies“des GC Dillingen, darunter vier Golf-Ladies. Ihr inoffizieller Titel: „Super-Senioren“. Das darf gern wörtlich genommen werden. Denn wer ihnen zum ersten Mal begegnet, wird den Eindruck nicht mehr los: Kein Gramm Fett zu viel, kein Motivationsschub zu wenig – Bernhard Langer aus Anhausen lässt grüßen. Auch wenn es bei der deutschen Golf-Ikone gesundheitlich hier und da mal zwickt und zwackt, errang der 62-jährige Schwabe kürzlich den Sieg bei den British SeniorOpen.
Markus Grimminger, der rührige Geschäftsführer und Präsident des Dillinger Clubs, verfällt ins Schwärmen, wenn er auf seine rüstigen Rentner zu sprechen kommt. Der 51 Jahre junge Höchstädter, der selbst als Multitalent in Sport und Beruf mit nachahmenswerten Leistungen glänzt, weiß nur zu gut um die positive Außenwirkung seiner umtriebigen Senioren: „Mit ihrem Vorbild machen sie deutlich, wie man im Alter noch mit Freude und Elan diesen tollen Sport ausüben kann.“Mehr noch: Für viele sei Golfen ein Lebenselixier.
Dabei ist der Heiltrank so einfach zuzubereiten: Sportkleidung anlegen, rausfahren zur „Nusser Alm“. Dann hinstellen, gucken, konzentrieren, ausholen und schlagen. Karl Heim, der vor einem halben Jahrzehnt im Alter von 82 Jahren erstmals abschlug, findet auf der Golf-Anlage im Naherholungsgebiet zwischen Dillingen und Holzheim zum Beispiel „Motivation und Ehrgeiz“wieder. Der fünf Jahre jüngere Johann Kabrhel, Gründungsvater der Dillinger Lebenshilfe und Mitorganisator der Super-Senioren, registriert das „Wechselspiel der Gefühle: gutes Spiel, gute Stimmung – schlechtes Spiel, miese Stimmung“. Waldemar Schuler („Bin 86, ich kann nix dafür!“) lässt die Natur mit dem Kuckuckschrei am liebsten in aller Herrgottsfrühe auf sich einwirken, der 89-jährige Eugen Pachmann schätzt die „wunderbare Landschaft dieses Areals“ebenso. Was etwas heißen will, wenn das Gründungsmitglied des GC Klingenburg so ein Lob von sich gibt. Der dortige 18-Loch-Golfparcours übertrifft den Dillinger in der Länge um das Vierfache. Was Senior Michael Wunderle, auch ein Achtziger, weniger stört, im Gegenteil: „Ich spiele seit zehn Jahren hier auf diesem kleinen und bewältigbaren Platz.“Und Elfriede Stumpp mit ihren 82 Jahren schätzt „den schönen, grünen Rasen mit viel Abwechslung“.
Doch die stattliche Anlage des Dillinger 780-Mitglieder-Clubs allein macht noch nicht den besonderen Reiz des von vielen Seen umgebenen Standorts aus. „Die netten Leute“, stellen für Wolfgang Herrmann (82) und Werner Hilger (84) einen wichtigen Anlaufpunkt beim Spiel dar. Deshalb setzt auch der Namensschöpfer der Gruppe auf viel Kommunikation untereinander. „Das ist sehr wichtig. Zwar spielt jeder gegen sein eigenes Handicap, aber während des Ballholens kann man sich viel unterhalten“, betont Johann Kabrhel.
Viel zu bereden hat auf dem Fairway wie außerhalb auch Kabrhels Sport-Kollege Eduard Niedernhuber, der vor 25 Jahren erstmals den Golfrasen betrat. „Zu meinem beruflichen Abschied schenkte man mir eine Golfbag. Damit war klar, dass ich anfangen werde“, erzählt der mit 90 Jahren älteste Teilnehmer dieser in der Werbebranche als „Best Ager“bezeichneten Senioren. Der begeisterte Bergsteiger Niedernhuber gibt auch auf dem Dillinger GolfFlachland eine gute wie drahtige Figur ab. Die durchtrainierte Erscheinung mit ihren 54 Kilo fällt durch beste Laune und immer wieder einen Spruch zum Besten auf. Sein Hausarzt freut sich über die Aktivitäten des Super-Seniors. Aus eigener Erfahrung kann da Niedernhubers Golfpartner und Mediziner Hans Hruby nur zustimmen. Kein Witz.