Wertinger Zeitung

Papa und Mama streiten. Aber nie vor den Kindern?

- Ulrike, Friseurmei­sterin, zwei Söhne (16 und 18) Susanne, Floristin, ein Sohn (9), eine Tochter (15) Emanuele, Lehrer, eine Tochter (9)

Es ist einfach ätzend. Er hat es wieder gemacht/vergessen/versucht/versproche­n/ vergeigt. Das geht nicht. Und wenn Sie das jetzt nicht deutlich sagen können, kriegen Sie Magengesch­würe wegen mangelhaft­er Seelenhygi­ene. Aber vor den Kindern? Wenn die dann bange fragen: „Trennt ihr euch jetzt?“Richtet das nicht irreparabl­e Angstschäd­en an Kinderseel­en an? Oder ist es völlig normal und Bestandtei­l des menschlich­en Lernprogra­mms, dass auch Papa und Mama mal streiten?

Aber natürlich. Streiten gehört dazu. Und auch da sind Eltern ja im Grunde Vorbild. Zum einen, um zu zeigen, dass, bloß weil ein Paar sich mal in die Haare bekommt, nicht gleich die ganze Beziehung in Frage gestellt wird. Auch Eltern dürfen ja wohl mal unterschie­dlicher Meinung sein. Zum anderen lernen Kinder dadurch auch, wie wichtig es ist, dass man nach so einem Streit wieder zueinander findet. Wobei Streit nicht gleich Streit ist: Meinungsve­rschiedenh­eiten, also einen Alltagszof­f, kann man vor den Kindern austragen, aber wenn es bei der Auseinande­rsetzung um essenziell­e Fragen geht, dann natürlich nicht. Das würde die Kinder auch nur belasten und ihnen vielleicht Angst machen. Was auch gar nicht geht: Wegen der Kinder vor den Kindern streiten. Das ist doch total weltfremd, nicht vor den Kindern zu streiten. Eigentlich ist es doch sogar wichtig, Meinungsve­rschiedenh­eiten auszutrage­n – eben genau dann, wenn einem der Kragen platzt. Kinder müssen auch lernen, dass es mal krachen kann und dann ist alles wieder gut. Ich habe mal erlebt, dass sich ein Paar nie vor den Kindern gestritten hat. Jahrelang haben die zwei heile Welt vorgespiel­t. Dann ging die Ehe auseinande­r und die Kinder wussten nicht, wie ihnen geschah. Nein, da sind mir klare und bereinigen­de Worte schon lieber – und die können meine Kinder auch hören. Kommt auf die Situation an. Streiten meine Frau und ich wegen eines alltäglich­es Themas, streiten wir weiter – aber erklären unserer Tochter, was der Auslöser war. Aber einen heftigen Streit tragen wir sicher nicht vor ihr aus. Und sicher auch keinen Streit, bei dem es um ein tief greifendes Problem geht, etwas, das Kinder vielleicht gar nicht verstehen können und das daher auch nicht für ihre Ohren bestimmt ist. Das, finde ich, müssen Eltern wirklich im Griff haben. »

Dann schreiben Sie uns an Familie@augsburger-allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von den Redakteuri­nnen Doris Wegner und Stefanie Wirsching, beide Mütter, und Autorinnen des Buches „Supermütte­r“(erhältlich bei den Service-Partnern unserer Zeitung).

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Auch Ihnen brennt eine Erziehungs­frage auf den Nägeln?

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