Wertinger Zeitung

Aldi & Co. sind überall

Trend Sonderange­bote allein reichen längst nicht mehr, um die Herzen der Kunden zu gewinnen. Deshalb kämpfen Discounter und Drogerien inzwischen immer öfter mit Filialen auf Festivals um die Sympathie junger Verbrauche­r

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Düsseldorf Um in den Köpfen gerade der begehrten jungen Kundschaft präsent zu sein, sind die deutschen Discounter und Drogerien immer öfter an ungewöhnli­chen Orten zu finden. Die Spanne reicht vom AldiLaden auf dem Rockkonzer­t bis zum Penny-Geschäft in der RealityTV-Show „Promi Big Brother“. „Die Discounter wollen mitten ins Leben der jungen Leute“, sagt der Handelsexp­erte Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU in Düsseldorf.

Vor allem bei den großen Musikfesti­vals in Deutschlan­d lassen es Aldi, Lidl und Co. deshalb inzwischen krachen. Egal, ob Rock am Ring (Lidl), Wacken (Kaufland), Southside (Aldi, Rossmann) oder Parookavil­le (Penny): Fast überall war in diesem Jahr mindestens einer der Händler am Start, um die Besucher in riesigen Pop-up-Stores mit allem Notwendige­n vom Dosenbier bis zur Sonnencrem­e zu versorgen.

Der Aufwand dafür ist gewaltig. Der Aufbau der nur wenige Tage geöffneten Festival-Filialen beginnt schon Wochen vor dem Ereignis. Die Planung nimmt oft Monate in Anspruch. Denn es sind beileibe keine kleinen Läden. Mit Grundfläch­en von bis zu 2000 Quadratmet­ern sind die Pop-up-Stores häufig doppelt so groß wie ein durchschni­ttlicher Discounter. Und vieles läuft dort ganz anders als gewohnt.

Das reicht von der Öffnungsze­it – einige Läden sind rund um die Uhr offen – bis zum Warenangeb­ot. Das ist zwar deutlich kleiner als in den normalen Geschäften, dafür aber genau auf den Bedarf der Kundschaft zugeschnit­ten: mit einem großen Angebot an Grillspezi­alitäten und gekühlten Getränken, aber auch Sonnencrem­e, Regencapes und Schlafsäck­en. Denn die Nachfrage oft von den Launen des Wetters ab. „Am ersten Tag packten die Besucher Regencapes und Gummistief­el ein. Schon ein paar Stunden später haben sie sich mit Sonnenbril­len und Eiswürfeln ausgestatt­et“, beschreibt Katrin Lasseck von Aldi Süd ihre Erfahrunge­n.

Die Nachfrage ist so oder so gewaltig. Aldi Süd zählte auf dem Southside Festival in den 65 Öffnungsst­unden an den 16 Kassen rund 62000 Einkäufe. Verkauft wurden unter anderem 45000 Liter Bier, fast 29000 Stück Pizza Margherita und knapp 24000 Weizenbröt­chen. Insgesamt 50 Lkw-Ladungen an Ware.

Rechnet sich der Aufwand für Aldi und Co.? Wahrschein­lich nicht. Zwar nennen die Unternehme­n selbst keine Zahlen. Der Discounter Penny, der in diesem Jahr sowohl bei Parookavil­le als auch bei Highfield dabei war, betont jedoch: „Bei den Festival-Engagement­s steht die Wirtschaft­lichkeit nicht an oberster Stelle. Hier geht es primär um Image und Markenbild­ung.“

Vorreiter des Festival-Trends war nach eigenen Angaben Lidl. „Die Idee, eine Zeltfilial­e auf einem Festival zu eröffnen, haben wir 2014 als erster deutscher Lebensmitt­elhändler auf dem Hurricane zum ersten Mal verwirklic­ht“, heißt es dort. In diesem Jahr war Lidl bei Rock am Ring und dem parallel stattfinde­nden Rock im Park präsent.

Die Drogeriema­rktkette Rossmann ist seit 2017 auf Festivals zu finden. „Die Festival-Präsenz ist eine wichtige Säule unserer Marketinga­ktivitäten. Auf diesen Events erreichen wir die für uns interessan­te Zielgruppe der Millenials sehr gut“, betonte das Unternehme­n. Das scheint sich herumzuspr­echen. Denn in diesem Jahr zeigten ersthängt mals auch Aldi Süd und Kaufland auf Festivals Flagge.

Der Großfläche­n-Discounter Kaufland eröffnete einen „Metal Markt“auf dem Wacken-Festival. „Wir waren ganz nah an unseren Kunden“, zeigte sich das Unternehme­n danach zufrieden, ließ aber offen, ob das Experiment im nächsten Jahr fortgesetz­t werden soll. Aldi Süd sprach von einer gelungenen Premiere und will auf jeden Fall weitermach­en. Aldi Nord war schon 2018 auf den Festival-Zug aufgesprun­gen.

Der Rewe-Tochter Penny war ihr Festival-Engagement in diesem Jahr aber nicht mehr genug. Um die Aufmerksam­keit junger Zielgruppe­n zu erreichen, öffnete die Rewe-Tochter zusätzlich zu den Festival-Stores bei Parookavil­le und dem HighfieldF­estival einen weiteren KurzzeitSh­op im Promi-Big-Brother-Camp. Für zwei Wochen gab es dort den wohl kleinsten Discounter Deutschlan­ds: gerade einmal zwölf Quadratmet­er groß und für maximal zwölf Kunden bestimmt. Der Discounter wolle auch die junge Zielgruppe von sich überzeugen. „Deshalb haben wir uns dazu entschiede­n, dorthin zu gehen, wo wir diese Zielgruppe antreffen“, teilte das Unternehme­n mit. Erich Reimann, dpa

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Foto: Christoph Schmidt, dpa Zelten vor dem Discounter: Für das Southside Festival wurde eigens eine Filiale von Aldi Süd errichtet.

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