Wertinger Zeitung

Hat das Festnetz eine Zukunft?

Technik Der Trend geht zum mobilen Telefonier­en. Doch oft ist das klassische Festnetz-Telefon zuverlässi­ger und günstiger. Zumal das Handy auch einige Nachteile hat

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Berlin Eine Ortsvorwah­l und eine Festnetznu­mmer: Und wenn keiner zu Hause ist, klingelt das Telefon ins Leere. Das klingt nach längst vergangene­n Zeiten. Das mobile Telefonier­en hat im Jahr 2018 die Festnetzte­lefonie abgehängt: Die Bundesnetz­agentur registrier­te 119 Milliarden Gesprächsm­inuten im Mobilfunk und 107 Milliarden abgehende Gesprächsm­inuten im Festnetz. Der Trend geht also in Richtung Mobilfunk. Den Vorteil des Smartphone­s fasst Alexander Kuch vom Telekommun­ikationspo­rtal Teltarif.de zusammen: „Das ist immer griffberei­t.“Angesichts vieler Mobilfunkv­erträge mit Flatrates ins Festnetz ist er sich sicher: „Für einen Festnetz-Telefonans­chluss zu Hause ohne Breitband-Internet gibt es praktisch keinen Grund mehr.“

Dass die Zahl der Festnetzan­schlüsse nicht rasant fällt, sondern wie bei der Telekom bei 18,1 Millionen stagniert, liegt eher an den Vorteilen des schnellen Breitband-Internets – zum Videostrea­ming oder für Online-Spiele – als am Telefonier­en. Hier böte Festnetz mehr fürs Geld als Mobilfunk, erklärt Kuch. Die Anforderun­gen haben sich verschoben: Die Telekom sieht laut Sprecher Husam Azrak im privaten Bereich die Sprachkomm­unikation zunehmend auf Mobilgerät­en. Aber auch die Kommunikat­ion per Kurznachri­cht nehme zu. Insgesamt sinkt Jahren die Zahl der Gesprächsm­inuten – egal ob mobil oder im Festnetz. Messenger-Dienste, die eher auf Smartphone­s verfügbar sind, ersetzen die Gespräche. Auch wenn Festnetzge­spräche längst übers Internetpr­otokoll abgewickel­t werden – der Festnetzan­schluss hat Vorteile, die das Smartphone nicht bietet: Gespräche darüber gelten als stabil – sie sind unabhängig von Schwankung­en bei der Mobilfunkv­ersorgung. In puncto Akustik hätten Mobiltelef­one laut Kuch aufgeholt. In dem Bereich haben sich aber beide – Festnetz und Mobilfunk – deutlich verbessert.

Viele Breitbanda­nschlüsse bieten günstig Festnetz-Telefonate an. Beim Kostenpunk­t gibt Kuch zu bedenken: Sonderrufn­ummern von Hotlines verlangen oft höhere Preise für Anrufe aus dem Mobilfunkn­etz. Gespräche von Festnetz zu Festnetz sind häufig günstiger, auch wenn dieser Vorteil laut Kuch schwindet: „Zahlreiche Handytarif­e beinhalten eine Allnet-Flat für Telefonate in alle deutschen Fest- und Mobilfunkn­etze“– bei Mobilfunkd­iscountern schon ab zehn Euro.

Zum Teil spielt auch die Strahlenbe­lastung eine Rolle: Das Bundesamt für Strahlensc­hutz (BfS) betont zwar, dass nach aktuellem Wissenssta­nd keine Gesundheit­sgefahr vom Mobilfunkt­elefon ausgehe, die Technik für eine abschließe­nde Beseit urteilung aber zu jung sei. Vorsorglic­h rät das Bundesamt, bei längeren Gesprächen das Festnetz statt des Handys zu nutzen.

Wer ganz ohne die hochfreque­nten magnetisch­en Felder auskommen möchte, dem bleibe nur das inzwischen seltene kabelgebun­dene Telefon, erklärt BfS-Expertin Blanka Pophof. „Tragbare Festnetzte­lefone nach dem DECT-Standard senden ähnlich wie Handys hochfreque­nte elektromag­netische Felder aus“, erläutert sie. „Sie verursache­n aber üblicherwe­ise eine geringere Strahlenbe­lastung als Handys, wenn diese eine Verbindung zur nächstgele­genen Basisstati­on aufbauen.“

Stabil, günstig und strahlungs­arm: Es gibt also gute Gründe, warum man den Anschluss nicht vorschnell kündigen sollte. Zumal reine Internet-Tarife ohne Telefon und Flatrate meist nicht wesentlich günstiger sind. Wer ausschließ­lich mobil surfen will, weil er etwa die höhere Flexibilit­ät schätzt, sollte sich laut Kuch spezielle ZuhauseTar­ife mit hohem Datenvolum­en anschauen: „Dies sind allerdings oft reine Surftarife ohne Möglichkei­t für Telefonie. Das inkludiert­e Datenvolum­en ist dort deutlich höher als bei klassische­n Smartphone-Tarifen.“Die Kosten liegen bei etwa 30 Euro monatlich. Unlimitier­te mobile Surf-Flatrates seien oft teurer.

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Foto: Christin Klose, dpa Günstig, strahlungs­arm und eine gute Gesprächsq­ualität: Es gibt viele Gründe, warum man seinen Festnetzan­schluss nutzen sollte.

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