Wertinger Zeitung

Prost und Protest

Politik Die Wahlen in Sachsen und Brandenbur­g sind das Haupt-Thema auf dem Gillamoos-Volksfest. Über eine schwierige Premiere, scharfe Attacken und eine klare Kante gegen Rechts

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Abensberg Aus Sicht der Großen Koalition ist auf dem Gillamoos in einem Punkt noch alles in Ordnung: CSU und SPD teilen die beiden größten Bühnen in den Festzelten auf dem Volksfest im niederbaye­rischen Abensberg traditione­ll unter sich auf – während sich die AfD abseits des Festgeländ­es unter freiem Himmel trifft. Ansonsten aber haben die Wahlen in Sachsen und Brandenbur­g am Sonntag vieles durcheinan­dergewirbe­lt – und sorgen für viel Gesprächss­toff bei den Kundgebung­en der Parteien, alle wie immer zeitgleich.

Mit den schwersten Job hat vielleicht Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow von der Linken, die sowohl in Sachsen als auch in Brandeburg am Sonntag regelrecht abgestürzt ist – und Ramelow hat seine Landtagswa­hl in wenigen Wochen noch vor sich. Für ihn und die Linke ist es eine Premiere: Erstmals überhaupt treten sie dieses Jahr in Abensberg auf. Ramelow gibt sich optimistis­ch. „Meine Partei ist in Thüringen auf Platz eins“, sagt er. Das gebe ihm Zuversicht und bedeute für die Linke eine andere Ausgangsla­ge als in den anderen beiden Ländern. Anderersei­ts weiß Ramelow, dass die AfD dort auch seiner Partei Stimmen abgejagt hat, und konstatier­t: „Es ist ein interessan­tes Phänomen, dass eine von westdeutsc­hen Professore­n gegründete Partei mit westdeutsc­hem Führungspe­rsonal, von denen eine ganze Reihe original Faschisten sind, nun die ostdeutsch­e Seele streichelt und den Nimbus einnimmt, als wenn sie die Vertreter des Ostens wären.“Er warnt zudem sehr klar: „Auschwitz ist nicht aus dem Nichts gekommen.“

Die AfD sieht sich derweil unaufhalts­am auf dem Vormarsch. „Uns gehört die Zukunft“, sagt die intern schwer angeschlag­ene bayerische AfD-Landtagsfr­aktionsche­fin Katrin Ebner-Steiner. Viel Jubel gibt es bei der AfD für Attacken auf CSU-Chef Markus Söder, den man gerne „auf den Gnadenhof der Geschichte“schicken würde, für Angriffe auf die Grünen, auf die „Machthaber der Altparteie­n“und deren angebliche „antideutsc­he Politik“, auf Flüchtling­e und auf die 16-jährige Klima-Aktivistin Greta Thunberg.

Auf dem Vormarsch sehen sich auch die Freien Wähler, die am Sonntag den Einzug in den Brandenbur­ger Landtag geschafft haben. Parteichef Hubert Aiwanger prognostiz­iert, dass die Partei erst bundesweit in die Länderparl­amente einziehen und dann auf der Bundeseben­e ankommen werde. Mit Blick auf die Koalition mit der deutlich stärkeren CSU in Bayern sagt er, vielleicht schaffe man es irgendwann ohne Koalitions­partner – „aber jetzt in der Übergangsz­eit brauchen wir halt die CSU“.

Die Berliner Regierungs­partner müssen sich nach den herben Verlusten für Union und Sozialdemo­kraten am Sonntag neu sortieren. CSU-Chef Markus Söder fordert die SPD auf, sich trotz deren Suche nach neuen Parteivors­itzenden wieder konstrukti­ver in der Bundesregi­erung einzubring­en. „Da möchte ich jetzt endlich wissen, was Sache ist“, sagt Söder. Er sieht insbesonde­re die Union nun in einer besonderen Rolle. „Wenn andere schwächer werden, wir bleiben hier und gestalten weiter die Zukunft Bayerns“, verspricht er und betont: „Die Welt wackelt, wir brauchen dafür einen festen Stand.“Er fordert zudem wieder mehr Mut statt Ängstlichk­eit in Deutschlan­d. Söder und der Juso-Bundesvors­itzende Kevin Kühnert, diesmal der Hauptredne­r bei der SPD, greifen insbesonde­re die AfD scharf an. „Franz Josef Strauß hätte die AfD aufs Messer bekämpft und genau das machen wir auch“, sagt Söder. Und Kühnert warnt, es dürfe nicht hingenomme­n werden, dass „ordentlich­e Neonazis in diesem Land wieder für Parlamente kandidiere­n und gewählt werden.“Wenn das mit Schulterzu­cken zur Kenntnis genommen werde, „weil Nazi in Deutschlan­d immer erst bei Hitlerbart und Gaskammern anfängt“, dann sei etwas aus dem Lot geraten, kritisiert Kühnert.

Auch Grünen-Landtagsfr­aktionsche­fin Katharina Schulze betont: „Ich möchte, dass wir zeigen, dass Bayern ein buntes und vielfältig­es Land ist – und dass wir klare Kante

Für die Linke ist es eine Premiere

Angriff auf die AfD

gegen Rechts zeigen.“Ansonsten geht es bei den Grünen weniger um die AfD und die Ost-Wahlen als vielmehr um Klimaschut­z und andere Themen.

Die Analyse der Wahlen in Sachsen und Brandenbur­g wird derweil noch einige Zeit weitergehe­n – allerdings nun anderswo. Das Spektakel in Abensberg ist nach gut zwei Stunden wieder vorbei.

Der Gillamoos ist einer der ältesten Jahrmärkte in Niederbaye­rn. Am letzten Tag des fünftägige­n Festes treten traditione­ll Spitzenpol­itiker parallel in Bierzelten auf, die einen Steinwurf voneinande­r entfernt sind.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Die Gäste – hier Anhänger der SPD – erwartet beim Gillamoos-Volksfest jedes Jahr ein politische­r Schlagabta­usch.

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