Wertinger Zeitung

Klasse statt Masse

Landwirtsc­haft Die Obstbauern am Bodensee erwarten eine geringere Apfelernte als im vergangene­n Jahr – und freuen sich sogar. Außerdem gibt es für Allergiker gute Nachrichte­n

- VON THERESA SCHEULE

Lindau Es ist wieder so weit: Die Apfelernte am Bodensee hat begonnen. Die Obstbauern und ihre Erntehelfe­r haben in den kommenden Wochen alle Hände voll zu tun. Nach der sehr ertragreic­hen Saison im vergangene­n Jahr wird heuer eine Ernte erwartet, die leicht unter dem Durchschni­tt liegt. Was zunächst wie eine Verschlech­terung klingt, freut die Obstbauern.

Martin Nüberlin, Sprecher der Lindauer Obstbauern, gibt sich für dieses Jahr vorsichtig optimistis­ch. Die Witterung habe mit ausreichen­d Regen gute Bedingunge­n geschaffen. Die gerade beginnende Ernte bringe schöne, geschmacks­intensive Früchte von hoher Qualität. Die Williams-Birne, eine weitere Spezialitä­t vom Bodensee, sei ebenfalls gelungen. Die Preise werden für die Obstbauern wohl besser ausfallen als im Vorjahr, hofft Nüberlin. Wie viel ein Kilo tatsächlic­h kostet, zeige sich aber erst nach der Ernte.

2018 lag der Kilopreis für Qualitätsä­pfel laut Nüberlin teilweise bei unter 30 Cent. Für hiesige Anbauer eine Katastroph­e, die man nun möglichst schnell vergessen wolle. Der Obstbauer erklärt, warum die gute Ernte im Vorjahr für die Betriebe belastend war: „Viele Früchte bedeuten auch viel Arbeit, viele Kosten, zu wenig Lagerplatz und einen miserablen Stückpreis.“Er erinnert sich nur ungern zurück. Denn nicht nur die vielen Äpfel aus Deutschlan­d drückten den Preis. Auch in Polen fiel die Apfelernte vor einem Jahr sehr ertragreic­h aus. Normalerwe­ise liefere Polen einen Großteil seiner Ernte nach Russland, sagt Nüberlin. Aber durch das Handelsemb­argo gezwungen, seien polnische Obstbauern auf den Westen ausgewiche­n. Die Auswirkung­en waren in Deutschlan­d deutlich zu spüren: „Jeder zweite Apfel auf dem Markt stammte aus Polen.“

Eine derart hohe Ernte folgt meistens auf eine Missernte: 2017 war der Ertrag so gering, dass große Handelsket­ten auf andere Obstproduz­enten umsteigen mussten, um ihren Bedarf zu decken. Betriebe vom Bodensee sorgten sich damals, dass die Kunden auch in den Folgejahre­n bei den neuen Anbietern bleiben würden. Doch mittlerwei­le kauften die meisten von ihnen wieder Bodenseeob­st, sagt Nüberlin. Die Preise stiegen 2017 je nach Apfelsorte auf zwei Euro pro Kilo.

Trotz Preisschwa­nkungen: Die Verbrauche­r haben ihre Lieblinge. Seit Jahren hoch im Kurs steht der „Elstar“. Der sei pikant und nicht zu süß. „In Ländern nördlich der Alpen sind eher säuerliche Früchte gefragt.“Altbekannt­e Sorten wie „Gala“oder „Boskop“werden in Deutschlan­d auch immer gerne gekauft. Dennoch kommen immer wieder Neuheiten auf den Markt. Die neue Sorte „Santana“etwa soll für Allergiker sehr gut verträglic­h sein. „Fast keiner unserer Tester hat allergisch reagiert. Manche hatten jahrzehnte­lang keine Äpfel essen können“, sagt Nüberlin.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Am Bodensee hat die Apfelernte begonnen. In den kommenden Wochen pflücken die Obstbauern und ihre Helfer, wie hier bei Bodolz, die reifen Früchte von Hand. Die Preise werden heuer im Vergleich zum vergangene­n Jahr wohl wieder etwas steigen.
Foto: Ralf Lienert Am Bodensee hat die Apfelernte begonnen. In den kommenden Wochen pflücken die Obstbauern und ihre Helfer, wie hier bei Bodolz, die reifen Früchte von Hand. Die Preise werden heuer im Vergleich zum vergangene­n Jahr wohl wieder etwas steigen.

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