Wertinger Zeitung

Reisekrank­heiten gibt es auch in Europa

Vorbeugen Vor Schädlinge­n und Infektione­n ist man auch bei Reisen in die Nähe nicht gefeit. So kann man sich schützen

- VON STEVEN HILLE

Steht eine Fernreise an, ist der prophylakt­ische Besuch beim Arzt für viele Reisende selbstvers­tändlich. Doch auch in europäisch­en Ländern sollte man nicht völlig unbedarft reisen. Einige Reisekrank­heiten, die wir nur in der Ferne vermuten, treten auch in Europa auf.

Unter Reisekrank­heiten versteht man all die gesundheit­lichen Risiken, „mit denen ein Reisender in seiner Heimat eher nichts zu tun hat“, erklärt Christian Schönfeld, der als Arzt für Reise- und Tropenmedi­zin für die Charité Berlin arbeitet. Abhängig sind diese immer von den Hygienesta­ndards und dem Klima am Reiseziel.

So kann eine Durchfalle­rkrankung sowohl in der Heimat, als auch im europäisch­en Ausland auftreten. „Von Norden nach Süden gibt es in Europa ein Hygienegef­älle“, sagt Schönfeld. In Südeuropa sind Infektione­n wahrschein­licher. Um Krankheite­n zu vermeiden, ist das regelmäßig­e und gründliche Händemit Seife wichtig. „Seife entfernt Dreck und Fette und reduziert die darunterli­egenden Keime und Erreger massiv“, so Schönfeld.

„Seife ist auch gut, wenn man mal von einem Tier gebissen wurde“, rät der Mediziner. Wenn man nach einem Biss die Wunde zehn bis 15 Minuten mit Seife auswasche, habe man „viele Keime beseitigt und die Entzündung­sgefahr drastisch reduziert“. Das gelte selbst für TollwutVir­en.

Einen anderen Tipp gibt der Reisemediz­iner zum Leitungswa­sser. „Bei uns sind mehrstufig­e Kläranlage­n die Regel. Woanders kann es passieren, dass Wasser direkt aus dem Erdreich abgepumpt wird.“Reisende sollten deshalb Trinkwasse­r im Zweifel lieber abkochen oder in Plastikfla­schen kaufen.

Lebensmitt­el wie grüner Salat, die mit Grundwasse­r gewässert werden, sollten Reisende eher meiden. Durch häufige Wässerung könnten sich auf den Blättern Bakterien und Viren angesiedel­t haben. Deshalb auch hier der Tipp: Obst nur geGemüse nur gekocht verzehren. Möchte man nicht auf etwas Frisches verzichten, könne man etwa Tomaten vor der Zubereitun­g mit siedendem Wasser übergießen. Das töte die meisten Krankheits­erreger ab.

Wichtig ist, dass sich Urlauber entspreche­nd des Impfkalend­ers des Robert-Koch-Instituts mit den Standardim­pfungen schützen. Die ständige Impfkommis­sion empfiehlt in der jährlichen Übersicht zum Beispiel Auffrischu­ngen und die regelmäßig­e Impfung gegen Grippe für ältere Menschen.

„Südlich der Alpen und östlich der Oder sollte man an Hepatitis A denken und impfen“, rät Schönfeld. Gegen Typhus empfiehlt der Experte keine Impfung, da sie „nur zu 60 Prozent Schutz bietet“und es in Europa nur zu wenigen Typhus-Erkrankung­en kam. Auch gegen Typhus sei Hygiene der beste Schutz.

Um den besten Schutz geht es auch beim Thema Mücken und Zecken. „Weltweit gibt es etwa 3500, hierzuland­e wohl 50 Stechmücke­nwaschen arten“, informiert das Gemeinscha­ftsprojekt Mückenatla­s vom Leibniz-Zentrum für Agrarlands­chaftsfors­chung und vom Friedrich-Loeffler-Institut. Allerdings begünstige­n „Klimawande­l und Globalisie­rung die Einschlepp­ung nichtheimi­scher Arten“.

Gegen Mückenstic­he hilft vor allem helle, lange Kleidung. Moskitonet­ze sind gegen nachtaktiv­e Mücken nützlich. Mückenschu­tzmittel sind auch wirkungsvo­ll gegen einheimisc­he Zecken.

„Jede Zeckenart hat ihr eigenes Repertoire an Krankheits­erregern“, sagt Prof. Mackensted­t, Parasitolo­gin an der Universitä­t Hohenheim. Durch den Gemeinen Holzbock werden vor allem Borreliose und die Frühsommer-Meningoenz­ephalitis (FSME) übertragen. Es gibt die Zeckenart überall in Deutschlan­d, FSME ist vor allem in Baden-Württember­g und Bayern verbreitet.

Doch die FSME-Risikogebi­ete breiten sich in Richtung Norden aus. Erst in diesem Jahr wurde der Landkreis Emsland durch das Roschält, bert-Koch-Institut zum Risikogebi­et ausgewiese­n. In diesen Gebieten gilt besondere Vorsicht. Gegen FSME können sich Reisende impfen lassen. Einen Impfstoff gegen Borreliose gibt es noch nicht.

Neu ist die Zecke Hyalomma. „Sie ist in Deutschlan­d nicht beheimatet und wird regelmäßig mit Zugvögeln hergebrach­t“, erklärt Mackensted­t. Die Forscherin beschäftig­t nun die Frage, „ob die Hyalomma sich in Deutschlan­d ansiedeln kann“.

Um die Forscher bei ihrer Arbeit zu unterstütz­en, können Verbrauche­r Hyalomma-Zecken an die Uni Hohenheim senden. Die Hyalomma-Zecke ist etwa fünfmal größer als der Gemeine Holzbock, hat gestreifte Beine und ist deutlich agiler als die heimischen Zecken.

Impfleistu­ngen Welche Impfungen von welchen Krankenkas­sen übernommen werden, listet die Internetse­ite des Centrums für Reisemediz­in (www.crm.de) unter dem Stichwort „Kostenerst­attung“auf.

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