Wertinger Zeitung

Kein Plastik in die Schultüte?

- PRO JONATHAN MAYER CONTRA DORIS WEGNER

Da ist sie wieder, die gebetsmühl­enartige Wiederholu­ng! Doch weil man es nicht oft genug sagen kann, muss es auch hier noch mal sein: Schone die Umwelt, spare am Plastik. In Zeiten, in denen auch immer mehr Kunststoff­e aus deutschen Gefilden in den Weltmeeren landen und massenhaft Tiere darin verenden – einer Hochrechnu­ng des Nabu zufolge sind es in nur einem Jahr 135000 Meeressäug­er und eine Million Vögel – ist das wichtiger denn je. Dass man den kompletten Planeten mit dem bisher produziert­en Kunststoff sechs

Mal einpacken könnte, ist angesichts dessen nur eine Randnotiz. Sollte man also auch in der Schultüte auf Plastik verzichten? Ja, sollte man. Denn alle, auch die Kinder, können ihren Beitrag leisten.

Im Falle der Schultüte ist das auch gar nicht so schwer. Denn vieles von dem, was in eine ordentlich­e Schultüte gehört, besteht ohnehin nicht aus Plastik: etwa

Hefte, Malstifte, Radiergumm­is oder Bilderbüch­er. Und falls doch irgendwo Plastik enthalten sein sollte, gibt es für jeden Füller, Filzstift oder Kugelschre­iber Alternativ­en aus Holz. Wichtig dabei: Nur das kaufen, was nicht in Kunststoff­folie verpackt ist.

Aber stimmt, die Kinder von heute erwarten mehr als nur Schreibwar­en in ihrer Schultüte. Mindestens ein paar Spielsache­n und Süßigkeite­n sollten schon enthalten sein. Dabei gänzlich auf Plastik zu verzichten – und damit etwa auf Legosteine oder Sandkasten­bagger, muss nicht sein. Denn solche Sachen landen selten im Müll, sondern bekommen meist einen Ehrenplatz im Kinderzimm­er. Viele Süßigkeite­n indes lassen sich auch ganz einfach selber machen, etwa Schokolade. Oder man kauft sie einfach unverpackt beim Bäcker, im Kiosk, auf Märkten oder im verpackung­sfreien Laden.

Wenn nun wirklich kein Plastik in die Schultüte soll, würde dies bedeuten, dass der Lego-Bausatz draußen bleiben muss. Der Playmobil-Schlüssela­nhänger darf auch nicht rein. Keine Gummibärch­en, denn selbst die Öko-Varianten sind in Plastiktüt­chen verpackt. Kein Lutscher, kein Schoko-, nicht einmal ein Müsliriege­l. Keine Buchstaben­kekse. Kein lustiger GlitzerGli­mmer-Quetschsti­ft und auch keine klassische­n Filzstifte.

Kein Spielauto, keine SchleichTi­erfigur, alles nicht!

Müssen nun wirklich ausgerechn­et Erstklässl­er die Welt retten? Ausbaden, was viel zu lange verpennt wurde? Nein, da können die Erwachsene­n schon an sich selbst Plastik sparen, dazu bietet ihnen der Alltag zuhauf Gelegenhei­ten, die wirkungsvo­ller sind.

Der erste Schultag aber ist ein besonderer Tag im Leben. Und in der Schultüte, meist sowieso aus Pappe selbst gebastelt,

soll etwas drinstecke­n dürfen, was Schulanfän­ger freut. Woran sie sich noch lange zurückerin­nern können, vielleicht sogar ein Leben lang. Und wenn es der StarWars-Wecker sein soll, der die Uhrzeit an die Wand projiziert, dann ist es eben der Star-Wars-Wecker. Da so eine Schultüte ohnehin nicht das Volumen einer gelben Tonne hat, wird sich der Sündenfall in Grenzen halten. Und wer bricht zu so einem Anlass schon zu einem Chinaplast­ikBeutezug durch den Ein-EuroShop auf?

Keine Frage, es ist wichtig (und schrecklic­h notwendig), Plastikmül­l zu vermeiden. Die vielen kleinen Kaufentsch­eidungen von Verbrauche­rn können viel bewirken. Aber immer, wenn es allzu ideologisc­h wird, wird es schwierig. Also rein mit den Zauberwürf­eln, den Lego-Figürchen, den Kugellabyr­inthen in die Schultüte. Mit gutem Gewissen!

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