Wertinger Zeitung

Erster Schritt aus der Ukraine-Krise?

Putin und Selenskyj zufrieden mit beispiello­sem Gefangenen­austausch

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Moskau/Kiew Nach dem beispiello­sen Gefangenen­austausch zwischen Kiew und Moskau haben sich der russische Präsident Wladimir Putin und sein Kollege Wolodymyr Selenskyj am Sonntag zufrieden geäußert. Beide Seiten hätten den humanitäre­n Aspekt der Aktion hervorgeho­ben, teilte der Kreml am Samstagabe­nd mit. Der Austausch habe eine große Bedeutung für eine Normalisie­rung und Gesundung der bilaterale­n Beziehunge­n, hieß es in einer Mitteilung des russischen Präsidiala­mtes.

Selenskyj hatte demnach Putin am Abend angerufen. Er äußerte sich in Kiew ähnlich über das Telefonat. Beide Seiten hätten in dem Gespräch auch betont, wie wichtig die Einhaltung der Waffenruhe im Kriegsgebi­et Ostukraine sei. Die Feuerpause ist brüchig. Immer wieder kommt es zu Scharmütze­ln mit Todesfälle­n auf beiden Seiten. Die beiden Staatschef­s bekräftigt­en demnach auch das Ziel, die bewaffnete­n Kräfte von der Demarkatio­nslinie abzuziehen.

Selenskyj und Putin sprachen nach Angaben beider Präsidialv­erwaltunge­n auch über die Fortsetzun­g des Minsker Friedenspr­ozesses und des so bezeichnet­en Normandie-Formats. Beide beziehen sich auf den 2015 in Minsk vereinbart­en Friedenspl­an für die Ostukraine. Der Plan soll wieder belebt werden. Dafür soll ein Normandie-Gipfel angesetzt werden. Der Name stammt von dem ersten Treffen dieser Art in Frankreich. Deutschlan­d, Frankreich und die Ukraine setzen sich für einen neuen Gipfel ein. Ein Termin steht aber weiterhin nicht fest. Selenskyj und Putin vereinbar

dass für einen Gipfel konkrete Ergebnisse absehbar sein müssten. Sie einigten sich darauf, ihre Kontakte fortzusetz­en.

Am Samstag hatten beide Seiten den größten Gefangenen­austausch zwischen der Ukraine und Russland seit Jahren vollzogen. In Kiew trafen auch die 24 ukrainisch­en Seeleute ein, die seit November in russischer Haft gesessen hatten. An Bord der Maschine war außerdem der ukrainisch­e Regisseur Oleg Senzow. Der Austausch lief nach der Formel 35 gegen 35 ab.

Zumindest in den Niederland­en stand jedoch nicht die Hoffnung auf Frieden im Mittelpunk­t. In Den Haag wurde bedauert, dass die

Ukraine auch einen Verdächtig­en im Zusammenha­ng mit dem Abschuss von Flug MH17 über der Ostukraine im Jahr 2014, bei dem alle 298 Passagiere – die meisten davon aus den Niederland­en – ums Leben kamen, an Russland übergeben hat. Der prorussisc­he Rebellenfü­hrer Wladimir Tsemach könne aber eine wesentlich­e Rolle bei den internatio­nalen Ermittlung­en zum Abschuss der Passagierm­aschine spielen, erklärte das niederländ­ische Außenminis­terium.

Am heutigen Montag richten sich die Augen wieder in erster Linie auf Moskau: Erwartet werden Ergebnisse der Wahlen in 85 Regionen, bei denen fast die Hälfte der wahlbeten,

rechtigten Russen stimmberec­htigt sind. Opposition­elle demonstrie­ren seit Wochen dagegen, dass viele Kandidaten nicht für die Wahlen zugelassen wurden. Die Bürger sollten alles wählen außer die regierende Partei, deren „Gauner und Diebe“keine Konkurrenz zugelassen hätten, sagte die Moskauer Politikeri­n Ljubow Sobol am Sonntag im Wahllokal. Sobol ist wie dutzende andere Politiker wegen angebliche­r Formfehler als Kandidatin nicht zugelassen. Die Opposition hat deshalb zu einer „smarten Stimmabgab­e“aufgerufen. Damit sollen gezielt andere Kandidaten als die der Kremlparte­i unterstütz­t werden.

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