Wertinger Zeitung

Neue Pläne für Hitlers Geburtshau­s

Stätte der Versöhnung und Begegnung

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Der österreich­ische Innenminis­ter Wolfgang Peschorn ist ein viel beschäftig­ter Mann. Als Nachfolger des FPÖ-Politikers Herbert Kickl in der Übergangsr­egierung liegt unter anderem die Untersuchu­ng der Hintergrün­de des Ibiza-Videos, das die Regierung Kurz platzen ließ, in seiner Verantwort­ung. Angesichts der Fülle der Aufgaben geht die neueste Entwicklun­g rund um das Geburtshau­s von Adolf Hitler in Braunau am Inn öffentlich fast unter. Im Januar 2017 wurde die Eigentümer­in durch den Staat Österreich enteignet. Ihre Klage auf eine weit höhere Entschädig­ung als die geleistete­n 812000 Euro wurde vom Obersten Gerichtsho­f abgewiesen. Hitlers Geburtshau­s könnte also einer neuen Bestimmung zugeführt werden. Einer Bestimmung, „durch die jegliche Form nationalso­zialistisc­her Umtriebe unterbunde­n wird“– so sieht es das Gesetz vor.

Seit acht Jahren steht das Haus leer. Entspreche­nd schlecht ist sein Zustand. Eine noch von Ex-Innenminis­ter Wolfgang Sobotka eingesetzt­e Historiker-Kommission hat einen Architekte­n-Wettbewerb für die Restaurier­ung vorgeschla­gen und empfiehlt eine „tief greifende architekto­nische Umgestaltu­ng“und eine „lebensbeja­hende oder neutrale Nutzung“. Diskutiert wird über eine Behinderte­nwerkstatt der Lebenshilf­e, die der letzte Mieter war. Durch ein Kunstateli­er könnten Künstler aus der Region und Schulen einbezogen werden.

Doch der Innsbrucke­r Politologe Andreas Maislinger hat einen anderen Plan. Seit Jahrzehnte­n kämpft er dafür, dass aus dem Gebäude ein „Haus der Verantwort­ung“wird, in dem sich junge Menschen aus aller Welt begegnen können. „Zu meinem Konzept gehört, dass die jungen Leute, die einige Monate in Braunau leben, in Schulen und Jugendgrup­pen über Erfahrunge­n aus ihren Heimatländ­ern berichten und darstellen, wie sie als Nicht-Österreich­er die nationalso­zialistisc­he Vergangenh­eit wahrnehmen“, sagt der 64-jährige Wissenscha­ftler. Der Wirts- und Bauernsohn hat früh erfahren, dass viele Österreich­er die NS-Zeit gern vergessen möchten, auch in Braunau am Inn in Oberösterr­eich. In diesem Bundesland liegen das ehemalige Konzentrat­ionslager und die Gedenkstät­te Mauthausen und der Gedenkort Schloss Hartheim, wo im Rahmen des NSEuthanas­ie-Programms mehr als 30000 Kranke und Behinderte ermordet wurden. Auf deutscher Seite wird in Dachau und auf dem Obersalzbe­rg an die Nazi-Verbrechen erinnert. „Das heißt, eine weitere Gedenkstät­te wäre nicht das richtige Konzept“, so Maislinger.

Er ist optimistis­ch, was die Finanzieru­ng seines Vorhabens angeht. Denn seine Netzwerke spannen sich um die ganze Welt. Prominente, wie Branko Lustig, der kroatische Filmproduz­ent von „Schindlers Liste“haben ihm Unterstütz­ung zugesagt. Auch der World Jewish Congress wäre, so Maislinger, zu gewinnen. „Das einzige, was fehlt, ist die Zustimmung der österreich­ischen Behörden“, sagt Maislinger.

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Foto: Daniel Wirsching Vor Hitlers Geburtshau­s wird seiner Opfer gedacht.

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