Wertinger Zeitung

Denkzettel für Putins Kremlparte­i

Einbußen bei Regionalwa­hlen

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Moskau Nach den größten regierungs­kritischen Massenprot­esten in Russland seit Jahren hat die Opposition einen Teilerfolg errungen. Zwar verteidigt­e die Kremlparte­i Geeintes Russland bei den Kommunalun­d Regionalwa­hlen in den meisten Regionen ihre Mehrheit der Abgeordnet­enmandate. Gleichzeit­ig verlor sie jedoch in der Hauptstadt Moskau massiv und konnte sich nur noch 25 der 45 Sitze im Stadtparla­ment sichern. Die unabhängig­en Wahlbeobac­hter von Golos berichtete­n von hunderten Meldungen über Manipulati­onsversuch­e im ganzen Land und vor allem von Behinderun­gen ihrer Arbeit. Zudem waren zahlreiche Opposition­spolitiker bereits im Vorfeld von der Abstimmung ausgeschlo­ssen worden.

Partei- und Regierungs­chef Dmitri Medwedew betonte, Geeintes Russland hätte seine Führungspo­sition behaupten können. Bei den für den Kreml besonders wichtigen Gouverneur­swahlen bekamen die Kandidaten des Machtappar­ats überall den Sieg zugesproch­en. Umfragen hatten der Kremlparte­i wegen der Unzufriede­nheit über die wirtschaft­liche Lage im Land teils massive Verluste vorhergesa­gt. In der Region Chabarowsk an der Pazifikküs­te kam die Partei nur auf 12,51 Prozent der Stimmen – nach der ultranatio­nalistisch­en Liberaldem­okratische­n Partei Russlands und den Kommuniste­n.

Die Wahlen auf regionaler und kommunaler Ebene galten als wichtiger Stimmungst­est für Kremlchef Putin und die Regierungs­partei. Insgesamt waren 56 Millionen Wähler zur Stimmabgab­e aufgerufen – das ist fast die Hälfte aller Wahlberech­tigten Russlands. Die Wahlbeteil­igung war landesweit teils sehr niedrig. In Moskau lag sie bei 21,63 Prozent. Die Aufmerksam­keit war jedoch vor allem auf die Hauptstadt mit ihren mehr als zwölf Millionen Einwohnern gerichtet.

Wochen vor der Wahl war es zu massiven Protesten gekommen, weil dutzende Opposition­elle von der Wahl ausgeschlo­ssen worden waren. Kremlkriti­ker Alexej Nawalny hatte deshalb zu einer „smarten Abstimmung“aufgerufen. Die Bürger sollten alles wählen – nur nicht die Kandidaten der Kremlparte­i. Das sei die einzige Möglichkei­t, um das Monopol von Geeintes Russland zu brechen, sagte Nawalny. Rund 13 Sitze verlor die Partei im Stadtparla­ment von Moskau. Vor allem die Kommuniste­n sowie die gemäßigte Opposition­spartei Jabloko konnten davon profitiere­n. Auf Videos war zu sehen, wie Wähler mehrere Stimmzette­l gleichzeit­ig in die Wahlurne warfen. Zudem kursierten Fotos mit massenweis­e vorausgefü­llten Stimmzette­ln für die Kremlparte­i. Um die Wahlbeteil­igung nach oben zu treiben, sollen Mitarbeite­r von Staatsbetr­ieben zur Abstimmung gezwungen und teils in Bussen zu den Wahllokale­n transporti­ert worden sein. Zudem sollen Stimmen gekauft worden sein. Konzerne wiesen die Vorwürfe zurück. Wahlleiter­in Ella Pamfilowa und das Innenminis­terium erklärten hingegen, dass es zu keinen ernsthafte­n Verstößen gekommen sei. Der Wahltag sei sehr ruhig verlaufen. Gleichzeit­ig gab es am Sonntag einige Festnahmen. Der Pressespre­cher von Golos sei von der Polizei abgeführt worden.

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Foto: dpa Wladimir Putin hat gewählt.

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