Wertinger Zeitung

Wenn Männer alt werden

Interview Schauspiel­er Heio von Stetten aus dem schwäbisch­en Aystetten über Lebensplän­e, Freuden und Ängste in reiferen Jahren und den Reiz einer Pilcher-Verfilmung

- Interview: Josef Karg

Es gibt mehr als hundert Verfilmung­en von Rosamunde-Pilcher-Geschichte­n. Ihre Bücher sind Bestseller. Warum lieben die Menschen diese Schnulzen? Heio von Stetten: Ich denke mal, die Problemste­llungen, die in diesen Texten angesproch­en werden, kennen die meisten. Und es ist immer schön, ein solches Thema in einem schönen Ambiente wie Cornwall zu beobachten. Da sind die Menschen noch Menschen. In Cornwall gibt es keine Highways oder Großstädte, da gibt es all das nicht, was uns Angst macht. Cornwall wirkt wie eine Insel aus einem goldenen Zeitalter. Das ist eine Umgebung, in der die Gefühlsges­chichten besonders gut wirken. Man schaut sich das heutzutage auch gerne an, weil man weiß, es wird gut enden. Viele Leute mögen Kitsch.

Sie spielen am Sonntag in Pilchers „Raus in den Sturm“einen alternden Unternehme­r mit Liebesprob­lemen. Was macht für Sie den Reiz einer Pilcher-Verfilmung aus? von Stetten: Na ja, das hängt stark von den Büchern ab. Die sind wirklich sehr unterschie­dlich. Bei manchen denke ich mir gleich: Toll, das gefällt mir! Das war auch diesmal so. Bei Pilcher geht es ja immer um Lebenskris­en. Und das ist eine, die auf der Hand liegt. Schon allein dadurch, dass wir in dieser Filmehe einen Altersunte­rschied von 30 Jahren haben. Da stellt sich ihm die Frage: Oh, ich bin irgendwann mal 80 und meine Frau ist dann immer noch jung. Er möchte nicht in die Situation kommen, dass sie sich einen Jüngeren schnappt. Da geht es um die Angst vor dem Verlassen werden.

Ist ja in der Tat ein Thema, das sich so manchem Mann stellt. von Stetten: Wohl wahr.

Was halten Sie von so großen Altersunte­rschieden in Beziehunge­n? von Stetten: Ich kann das tatsächlic­h gar nicht so gut beurteilen. Denn in meinem Freundes- und Bekanntenk­reis gibt es niemanden mit so einem großen Altersunte­rschied.

Könnten Sie sich eine jüngere Frau an Ihrer Seite vorstellen? von Stetten: Nein, natürlich nicht. Ich bin doch glücklich verheirate­t. Aber im Ernst: Ich kann es mir als jemand, der selbst Kinder hat, tatsächlic­h nicht vorstellen, mit einem Mädchen zusammen zu sein, das das Alter meiner Tochter hat.

Ihr Film-Alterego Dan hat sich im Alter diverse Hobbys angeschaff­t: Er hält eine Alpaka-Herde und will ein Weingut in Südafrika kaufen. Wäre das auch ein Plan für Sie in späten Jahren? von Stetten: Ganz ehrlich – nein. Das sind alles romantisch­e Vorstellun­gen von: Ich lebe mal auf dem Land. Freunde von mir sind Winzer, und deren Leben ist alles andere als ein Ferienlebe­n. Das ist harte Arbeit von früh bis spät. Es gibt zwar manche Prominente­n, die das machen, die kümmern sich aber dann nicht selbst um den Betrieb. Ich kenne das übrigens, weil ich auf einem Bauernhof groß geworden bin. Manche denken ja: toll, Lebensaben­d auf dem Bauernhof. Aber denen wünsche ich viel Spaß, wenn sie ihn selbst betreiben müssen.

Wie gelingt es einem Mann, eine Beziehung sicher ins Alter zu bringen? von Stetten (lacht): Mit viel Glück. Ich weiß übrigens nicht, ob man das dem Mann allein überlassen darf. Beide Partner stehen da auf einem Seil und gehen gemeinsam drüber. Manchmal tritt man sich wie beim Tanzen auf die Füße. Man muss viele Emotionen, Zeit und Geduld investiere­n. Und Kompromiss­e. Unser Leben und damit auch Beziehunge­n bestehen aus Kompromiss­en.

Es heißt, das Alter sei nichts für Feiglinge. Haben Sie persönlich Angst vor dem, was im Alter so kommt? von Stetten: Nein. Ich bin inzwischen an einem Punkt, an dem ich mich über jeden Tag freue, den ich genießen kann. Ich freue mich, mit den Menschen zusammen zu sein, die ich liebe. Ich freue mich, meinen Beruf ausüben zu können. Ich genieße mein Leben in vollen Zügen. Man weiß ja nicht, wie viele Tage einem noch bleiben. Neulich saß ich in einem Café und habe mich mit einem alten Mann unterhalte­n. Und der Mann hat den Tag nicht überlebt. Das wussten weder er noch ich.

Wie können Sie denn mit Krankheite­n umgehen? von Stetten: Ich wache nicht jeden Tag schweißgeb­adet auf. Wenn etwas passiert, passiert es. Ich denke nicht jeden Tag darüber nach. Noch kann ich mich gut bewegen und den Sport machen, den ich machen will.

Sind Sie eigentlich noch oft daheim im schwäbisch­en Aystetten? von Stetten: Eher selten, drei- bis viermal im Jahr.

Schauen Sie sich ihre Filme im Fernsehen daheim auf der Couch an? von Stetten: Auf der Couch schau ich mir die im Fernsehen nicht mehr an, aber meist weit vor dem Ausstrahlu­ngstermin, um mich für Presseterm­ine vorzuberei­ten.

Sie haben ja auch in der beliebten Krankenhau­sserie „In aller Freundscha­ft“mitgespiel­t. Wird man Sie da noch mal sehen? von Stetten: Diese Frage liegt weit außerhalb meiner Kompetenz. Die letzte Folge habe ich schon vor zwei Jahren gedreht. Die Figur sitzt voraussich­tlich fünf Jahre im Gefängnis. Was dann passiert, weiß man noch nicht. Meistens gehen die Programmpl­anungen der Sender nicht über ein Jahr hinaus.

 ?? Foto: Jon Ailes, ZDF ?? Alternder Mann liebt junge Frau – ein bekannter Fernsehsto­ff, neu verarbeite­t in einer Pilcher-Verfilmung mit Heio von Stetten und Anja Antonowicz.
Foto: Jon Ailes, ZDF Alternder Mann liebt junge Frau – ein bekannter Fernsehsto­ff, neu verarbeite­t in einer Pilcher-Verfilmung mit Heio von Stetten und Anja Antonowicz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany