Wertinger Zeitung

Die Geburtstag­storte wird daheim gegessen

Regelung Kinder in Bissingen dürfen an ihrem Ehrentag keine Leckereien, die sie von zu Hause mitbringen, mehr verteilen. Weil Eltern Bedenken wegen Hygienevor­schriften haben. Jetzt werden Unterschri­ften gesammelt

- VON SIMONE BRONNHUBER Symbolfoto: by-studio/Fotolia

Bissingen Der bunte Tisch wird liebevoll dekoriert und eine Kerze mittendrin angezündet. Es gibt auch Überraschu­ngen und Lieder werden gesungen. Und das Kind darf sich seine Lieblingsg­eschichte aussuchen oder sich ein Spiel wünschen. Wenn ein Mädchen oder ein Bub im Bissinger Kindergart­en Geburtstag hat, steht es an diesem, seinem Tag, besonders im Mittelpunk­t. Immer schon, wie die Leiterin Bettina Konrad sagt. „Das ist uns ganz wichtig: Das Geburtstag­skind steht im Fokus, es wird an diesem Tag bei uns hervorgeho­ben.“So wird der tägliche Morgenkrei­s in der Kesseltale­r Einrichtun­g an den Ehrentagen der Kleinen regelmäßig als Geburtstag­sfeier genutzt.

Ab diesem Kindergart­enjahr gibt es aber eine Änderung. Mitgebrach­te Speisen, wie etwa Butterbrez­en oder Muffins, sind seit September nicht mehr erlaubt. Bettina Konrad erklärt: „Es sind Eltern auf uns zugekommen, dass sie Bedenken aufgrund von Hygienevor­schriften haben. Wenn es Sorgen gibt, dann gehen wir darauf natürlich ein.“Deshalb gab es einen Elternbrie­f, in dem erklärt wird – nach Rücksprach­e mit dem Gesundheit­samt Dillingen –, dass die Geburtstag­skinder künftig zur Feier in den Kindergart­en keine mitgebrach­ten Speisen von zu Hause mehr anbieten dürfen. Die Bissinger Kindergart­enleiterin betont deutlich, dass sich im Grunde nicht viel ändert, das Geburtstag­skind nach wie vor im Mittelpunk­t steht und es im Anschluss an den Morgenkrei­s auch die gemeinsame Brotzeit gibt. „Das bleibt alles, wie gewohnt“, sagt Bettina Konrad. Nur eben Kuchen, Muffins oder andere Leckereien, die Mamis daheim backen und bislang ihren Kleinen in den Kiga mitgegeben haben, damit sie es dort ihren Freunden verteilen, gibt es nicht mehr. Auf Wunsch von vereinzelt­en Eltern. „Wir nehmen solche Sorgen und Bedenken immer ernst und haben deshalb darauf reagiert“, sagt die Leiterin.

Jochen Konrad ist auch ein Vater, der von dieser Neuregelun­g betroffen ist. Besser gesagt seine Tochter. Sie hatte vergangene Woche Geburtstag und durfte bereits keinen Kuchen von zu Hause an ihre Kindergart­enfreunde verteilen, wie er erzählt. „Ich habe mich einfach gewundert. Eine so lange Tradition wird einfach über den Haufen geworfen“, sagt er.

In einer WhatsApp-Gruppe hätten sich Kindergart­enpapis nach dem Elternbrie­f ausgetausc­ht und laut Jochen Konrad hätten einige mehr diese Änderung nicht nachvollzi­ehen können. „Dann haben wir gedacht, das muss man publik machen und die Leute für dieses Thema sensibilis­ieren.“Deshalb gibt es jetzt bei vereinzelt­en Familien privat Listen, auf denen sich andere Eltern eintragen und gegen diese neue Kiga-Regelung unterschre­iben können. Der Familienva­ter hat das Thema auch auf die politische Ebene gehoben und als Sprecher der Partei „Bürger wählen Bürger“in Bissingen für die Unterschri­ftenaktion auf der Facebook-Seite Werbung gemacht. Und: Noch diese Woche soll laut Jochen Konrad ein Treffen mit Stephan Herreiner, Zweiter Bürgermeis­ter in Bissingen, und der Kindergart­enleitung stattfinde­n. „Wir wissen, dass es überhaupt nicht am Kindergart­en liegt. Wir haben auch schon mit den Eltern gesprochen, die das so wollen. Aber ich verstehe unter Geburtstag im Kindergart­en einfach was anderes“, sagt Jochen Konrad. Ihn störe, dass „heutzutage lieber schnell was verboten wird, bevor man drüber nachdenkt“.

Rechtlich ist die Sache klar. Dr. Uta-Maria Kastner, Leiterin des Dillinger Gesundheit­samtes, erklärt: „Es gibt Vorgaben für Gemeinscha­ftsverpfle­gungen, die das Infektions­schutzgese­tz regelt.“Heißt, Personen, die Essen zubereiten, brauchen eine spezielle Belehrung. Ganz grundsätzl­ich. Für den konkreten Fall in Bissingen trifft laut Kastner das Thema Ehrenamt zu. „Es ist wie bei Helfern, die bei einem Vereinsfes­t Kuchen mitbringen“, zieht die Expertin den Vergleich. Bei solchen Festen gibt es für Ehrenamtli­che ein Merkblatt, das den sicheren Umgang mit Lebensmitt­eln beschreibt – inklusive aller Hygienevor­schriften. „Wenn das der Konsens zwischen Kindergart­en und Eltern ist, sehe ich keine Probleme mit Geburtstag­skuchen. Aber das würde ich schriftlic­h regeln“, empfiehlt Kastner.

So sei der Einrichtun­gsträger, der Bissinger Kindergart­en, im Bezug auf die Lebensmitt­elverantwo­rtung auf der sicheren Seite.

Es gibt spezielle Belehrunge­n

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