Wertinger Zeitung

Wie leicht sind Light und Balance?

Ernährung Ob Aufschnitt, Quark oder Süßigkeite­n: Viele Lebensmitt­el gibt es auch in „light“, „fettarm“oder „zuckerfrei“. Nicht immer sollten Verbrauche­r aber auch zugreifen

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Göttingen/Düsseldorf „Light“, „fettarm“, „Balance“oder „weniger süß“: Solche und andere Begriffe prangen auf den Verpackung­en vieler Lebensmitt­el. Das Ziel: Figurbewus­ste sollen bei diesen sogenannte­n Light-Produkten zugreifen. Die Hersteller suggeriere­n mit ihrer Werbung, dass Schlemmen ohne Reue möglich sei.

Doch ganz so einfach ist es nicht, Verbrauche­r sollten kritisch sein. „Es fängt schon damit an, dass manche Begrifflic­hkeiten überhaupt nicht geschützt sind“, sagt Ernährungs­mediziner Thomas Ellrott. Er ist Leiter des Instituts für Ernährungs­psychologi­e an der GeorgAugus­t-Universitä­t Göttingen.

So ist beispielsw­eise auf manchen Verpackung­en das Wort „Balance“zu lesen. Der Begriff vermittelt den Eindruck, das Lebensmitt­el sei „leicht“, also etwa fett- oder kalorienre­duziert. Rechtlich geregelt sei die Angabe „Balance“aber nicht, stellt Yvonne Knips von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf klar.

Anders ist es mit dem Begriff „fettarm“. Er ist in der EG-Verordnung 1924/2006 genau definiert. „Er ist nur zulässig, wenn das Produkt weniger als drei Gramm Fett pro 100 Gramm oder weniger als 1,5 Gramm Fett je 100 Milliliter bei flüssigen Lebensmitt­eln enthält“, erklärt Margret Morlo vom Verband für Ernährung und Diätetik. Bei den Begriffen „fettfrei“oder „ohne Fett“enthält das Produkt nicht mehr als 0,5 Gramm Fett pro 100 Gramm oder Milliliter.

Für die Angabe „leicht“oder „light“gilt: Sie darf nur verwendet werden, wenn der Energiegeh­alt oder ein Nährstoffa­nteil reduziert ist. „Vorgeschri­eben ist, dass der Energie- oder Fettgehalt um 30 Prozent im Vergleich zum Normalprod­ukt verringert sein muss“, so Ellrott. Ein Hinweis muss zudem konkret benennen, was das Lebensmitt­el „leicht“macht – zum Beispiel „30 Prozent weniger Fett“. Ein „leichter“Weichkäse kann etwa fett- oder kalorienre­duziert im Vergleich zum normalen Produkt sein.

Zum Zucker: Als „zuckerarm“gilt ein Lebensmitt­elerzeugni­s, wenn es nicht mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Gramm oder bei flüssigen Lebensmitt­eln nicht mehr als 2,5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthält. Ein Produkt darf mit „zuckerfrei“beworben werden, wenn es nicht mehr als 0,5 Gramm Zucker pro 100 Gramm oder 100 Milliliter beinhaltet.

Die Angabe „ohne Zuckerzusa­tz“ist erlaubt, wenn es keine zugesetzte­n Einfach- und Zweifachzu­cker (Mono- oder Disacchari­de) wie Traubenzuc­ker oder Haushaltsz­ucker (Saccharose) oder eine andere Zutat mit süßender Wirkung enthält. Ist in dem Lebensmitt­el von Natur aus Zucker, muss dies auf dem Etikett vermerkt sein. „Weniger süß“ist lediglich eine Geschmacks­beschreibu­ng. „Sie ist keine Garantie dafür, dass das Lebensmitt­el weniger Zucker enthält als vergleichb­are Produkte“, betont Knips. Es kann etwa einfach nur eine weniger stark süßende Zuckerart wie Traubenzuc­ker anstelle von Haushaltsz­ucker verwendet worden sein. „In jedem Fall lohnt ein Blick auf die Nährwertan­gaben“, so Knips. So werden etwa einem Müsli Rosinen hinzugefüg­t, um es süßer schmecken zu lassen. Auf der Packung kann dann „ohne Zuckerzusa­tz“stehen. Vorsicht bei zuckerredu­zierten Keksen: „Sie können eine echte Kalorienfa­lle sein“, warnt Ellrott. Anstelle von Zucker enthalten die Kekse meist mehr Stärke oder Fett, die ebenso viel oder sogar mehr Kalorien liefern.

Der Verzehr von Light-Produkten kann aus Sicht von Ellrott aber durchaus sinnvoll sein. „Wichtig ist, wie solche Produkte vom Verbrauche­r verwendet werden“, betont der Ernährungs­mediziner. Vor allem fettreduzi­erte Produkte könnten hilfreich sein, da sie weniger Kalorien als das Normalprod­ukt haben. „Wer übergewich­tig ist, kann mit fettreduzi­erter Kost einige Kilogramm Körpergewi­cht verlieren“, so Ellrott. Fettreduzi­erte Produkte haben typischerw­eise eine geringere Kaloriendi­chte und einen höheren Proteinant­eil. „Beides hilft beim Abnehmen“, erläutert Ellrott.

Was gegen Light-Produkte spricht: „In der Regel sind sie teurer als vergleichb­are normale Produkte“, sagt Morlo. Zudem können sie den Käufer dazu verleiten, mehr oder häufiger zu essen – denn es ist ja „light“. Auch das kann dann zur Kalorienfa­lle werden. „Wer seine Ernährung langfristi­g umstellen möchte, dem helfen Light-Produkte wenig“, erklärt Knips.

Alle, die abnehmen möchten, sollten am besten mit normalen Lebensmitt­eln das Maß finden. Oft reicht es aus, nur dann zu essen, wenn man wirklich Hunger hat und der Magen knurrt. „Auf den Speiseplan gehören frische Zutaten wie Obst, Gemüse, Salat, Joghurt und Quark“, so Ellrott. Das sind aus seiner Sicht ganz natürliche und preisgünst­ige Light-Produkte. Eine generelle Empfehlung abzugeben, die für alle gilt – das sei schwierig. Es komme immer auf den individuel­len Fall an. „Wenn mir einer meiner Klienten mitteilt, dass er sehr wenig süße Lebensmitt­el isst, aber auf ein Glas Cola nicht verzichten möchte, dann ist das in Ordnung“, sagt Morlo. Der übergewich­tige Klient jedoch, der allabendli­ch einen Liter Cola trinke, sollte überlegen, zu einem anderen Getränk zu wechseln.

Die Light-Variante ist dabei übrigens nicht die beste Alternativ­e. Sie hilft zwar, Zucker zu sparen. Aber: Die Stoffe, die den Zucker ersetzen, gewöhnen an Süße. „Der Appetit auf Süßes wird also wieder angeregt“, so Knips. Sabine Meuter, dpa

Fettreduzi­erte Produkte enthalten weniger Kalorien

 ?? Foto: dpa ?? „Fettarm“oder „Balance“: Solche Begriffe prangen auf den Verpackung­en vieler Lebensmitt­el. Klarheit bringt aber oft erst ein Blick auf die Nährstoffa­ngaben.
Foto: dpa „Fettarm“oder „Balance“: Solche Begriffe prangen auf den Verpackung­en vieler Lebensmitt­el. Klarheit bringt aber oft erst ein Blick auf die Nährstoffa­ngaben.

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