Wertinger Zeitung

Was ist eigentlich Bio-Mineralwas­ser?

Lebensmitt­el Bei Obst und Gemüse weiß der Kunde ziemlich genau, was er bekommt, wenn die Ware das Bio-Siegel trägt. Bei Wasser ist das aber nicht festgelegt – ein Grund, warum um das Zertifikat ein Kampf tobt

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Ein paar Tage ist es her, da stellte die Bissinger Molkerei Gropper ein neues Mineralwas­ser vor: Rieser Urwasser heißt es. Gewonnen wird es aus der Marienquel­le, einer uralten Quelle, die Gropper auf dem Betriebsge­lände entdeckt hatte. Das besondere an dem Mineralwas­ser: Es ist Bio-Wasser. Warum? Weil es besonders rein ist. Und diese Reinheit hat man sich mit dem Bio-Zertifikat bestätigen lassen. Das klingt erst einmal gut. Doch dann stellt sich die Frage: Was soll das eigentlich sein: BioMineral­wasser?

Bei Nahrungsmi­tteln ist das ziemlich klar. Es gibt ein europäisch­es Siegel, das vorschreib­t, welche Kriterien Bio-Lebensmitt­el einhalten müssen. Die Standards sind gesetzlich vorgeschri­eben. Daneben gibt es mehrere Anbauverbä­nde – zum Beispiel Demeter, Naturland oder Bioland. Landwirte, die diesen Verbänden angehören, erfüllen noch mal deutlich strengere Vorgaben als jene, die das EU-Bio-Siegel vorschreib­t. Doch allen Siegeln sind bestimmte Grundlagen gemein. Landwirte verzichten auf Pflanzensc­hutzmittel, düngen anders. Wie sich Bio-Landwirtsc­haft und konvention­elle Landwirtsc­haft unterschei­den, scheint einigermaß­en logisch: durch die Arbeitswei­se der Landwirte. Aber bei Mineralwas­ser? Das kommt ja aus einem Brunnen. Die Quelle ist entweder da oder nicht, möchte man meinen. Doch ganz so einfach ist es nicht.

Eines stimmt aber: Weil Mineralwas­ser kein Produkt aus landwirtsc­haftlicher Erzeugung ist, gilt das EU-Bio-Siegel dafür nicht. Welche Stoffe in Mineral- und Trinkwasse­r enthalten sein dürfen, regelt die Mineral- und Tafelwasse­r-Verordnung. Sie bestimmt, dass kein Wasser in Umlauf gebracht werden darf, das Stoffe in gesundheit­sschädlich­em Ausmaß enthält. Daneben gibt es für Mineralwas­ser noch Zusätze: etwa Wasser, das für Babynahrun­g geeignet ist. Das muss dann strengere Grenzwerte einhalten. Und dann gibt es eben Bio-Zertifikat­e.

Eines kommt von der Qualitätsg­emeinschaf­t Bio-Mineralwas­ser. Sie wurde von der Brauerei Neumarkter Lammsbräu ins Leben gerufen und hat inzwischen elf Mineralbru­nnen nach ihren Kriterien zertifizie­rt – darunter auch jener der Molkerei Gropper. Mitglied der Qualitätsg­emeinschaf­t sind auch die großen Bio-Anbauverbä­nde, also Demeter, Bioland und Naturland.

Um das Bio-Siegel zu bekommen, müssen die Mineralbru­nnen 48 verschiede­ne Kriterien erfüllen. Manche davon sind strengere Grenzwerte für Stoffe wie Nitrit, Arsen oder Fluorid. Dazu kommt, dass im Wasser keine Rückstände von Pestiziden, Kunststoff­en und Süßstoffen enthalten sein dürfen. Dazu macht die staatliche Verordnung keine Vorgaben. Andere Regeln haben mit der Qualität des Wassers nichts zu tun. Da geht es dann zum Beispiel darum, dass die Mineralbru­nnen-Betreiber sich dafür einsetzen, dass rund um ihren Brunnen der Anteil der Öko-Landwirtsc­haft steigt. Dass sie Maßnahmen zum Wasserschu­tz ergreifen oder soziale Arbeitsbed­ingungen bieten. Einmal im Jahr wird das alles kontrollie­rt.

Nun könnte man einwenden: Das Wasser aus der Bissinger Marienquel­le ist mehrere tausend Jahre alt. Damals wurden noch gar keine Spritzmitt­el verwendet. Sie können sich also gar nicht im Wasser finden. Das stimmt auch. Die Aufgabe eines nach Bio-Mineralwas­ser-Regeln zertifizie­rten Brunnens ist es aber, dafür zu sorgen, dass das auch so bleibt.

Nun ist die Qualitätsg­emeinschaf­t aber nicht die einzige Stelle, die BioSiegel für Mineralwas­ser vergibt. Auch das Hamburger Prüfinstit­ut SGS Fresenius zertifizie­rt Mineralbru­nnen. Acht Mineralwas­sern haben die Hamburger schon bescheinig­t, strengere Auflagen zu erfüllen als die im Gesetz vorgeschri­ebenen. Anderes prüft Fresenius nicht. Und das ist bisher auch die einzig offizielle Voraussetz­ung dafür, dass ein Wasser sich Bio nennen darf. Das hat zumindest der Bundesgeri­chtshof 2012 so entschiede­n. Wie diese strengeren Auflagen aber aussehen, urteilten die Richter nicht. Und in diesem Graubereic­h tobt deshalb nun ein Kampf um die Bio-WasserHohe­it: Die Qualitätsg­emeinschaf­t Bio-Mineralwas­ser hat SGS Fresenius verklagt, sie würden das BioZertifi­kat zu Unrecht ausstellen. Das Landgerich­t Frankfurt hat die Klage weitgehend abgewiesen: Es gebe eben keine gesetzlich­en Regeln, wann sich Wasser Bio nennen darf, sagten die Richter. Die Bayern haben dagegen Berufung eingelegt.

Für den Verbrauche­r ist das Wirrwarr unerfreuli­ch. Er ist daran gewöhnt, mit der Entscheidu­ng für Bio-Lebensmitt­el auch einen bestimmten Qualitätss­tandard zu bekommen. Doch beim Mineralwas­ser kann noch jeder machen, was er möchte.

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Foto: Roland Weihrauch, dpa Wann ein Mineralwas­ser das Prädikat Bio bekommt, ist gesetzlich gar nicht vorgeschri­eben. Wer entscheide­t es dann?

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