Wertinger Zeitung

Warum musste die Tramperin Sophia sterben?

Prozess Fest scheint nur zu stehen, dass der angeklagte Fernfahrer die 28-jährige Frau erschlagen hat

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Bayreuth Die Stimme bricht Sophias Vater weg, dennoch gerät er immer mehr in Fahrt. „Warum verschweig­en Sie die Wahrheit, warum?“Voller Verzweiflu­ng bombardier­t er den mutmaßlich­en Mörder seiner Tochter vor dem Landgerich­t Bayreuth mit all den Fragen, die seit dem Tod von Sophia Lösche die Familie quälen. Die 28-Jährige war als Tramperin unterwegs. Nun ist im aufsehener­regenden Prozess gegen einen marokkanis­chen Fernfahrer der Tag der Plädoyers gekommen.

Selbst der Angeklagte scheint keine Antwort mehr zu finden. „Wenn Sie mich auch zu Tode verurteile­n, es macht mir nichts aus“, sagt der 42-Jährige mit gebeugtem Kopf zum Richter. So führen die Plädoyers am Dienstag zu keiner Antwort – und umso mehr zu Mutmaßunge­n. Fest steht nur: Sophia Lösche hatte vor gut einem Jahr von Leipzig in Richtung Nürnberg trampen wollen. Von dort wollte sie nach Aussage ihres Bruders per S-Bahn zu ihrer Familie nach Amberg in der Oberpfalz fahren. Dort kam die 28-Jährige nie an. Ihre Leiche wurde in einem Straßengra­ben in Spanien entdeckt. Der Anklage zufolge hat der Fernfahrer die Tramperin ermordet, um eine sexuelle Straftat zu verdecken. Für eine sexuelle Straftat gebe es keine Beweise, räumte die Oberstaats­anwältin in ihrem Plädoyer ein. Sie forderte daher eine lebenslang­e Haftstrafe wegen Mordes und gefährlich­er Körperverl­etzung.

Noch am Abend der Abfahrt soll die Situation auf einem Rastplatz im Landkreis Bayreuth eskaliert sein: Der Angeklagte habe Sophias Zurückweis­ung nicht ertragen und sie deshalb mit einem Radmutters­chlüssel schwer verletzt. Um die Verletzung­en zu vertuschen, habe er sie nach einer zehnminüti­gen Pause erschlagen. „Sophia war nicht rettbar“, folgerte die Oberstaats­anwältin. Auf dem Parkplatz im oberfränki­schen Landkreis Bayreuth habe der Angeklagte zum ersten Mal zugeschlag­en, stimmte der Anwalt von Sophias Eltern in seinem Plädoyer zu. Anstatt Hilfe zu holen, kam er schließlic­h „zu dem fatalen Schluss, mit Sophia endgültig Schluss zu machen“. Dafür komme aber auch ein späterer Zeitpunkt in Betracht. Das „Sterben der Sophia auf Raten“spreche für eine besondere Schwere der Schuld.

Mit zitternden Händen hielt Andreas Lösche im Gerichtssa­al ein Foto seiner Schwester hoch. „Schauen Sie ruhig her“, forderte er den Angeklagte­n auf, bevor er zu seinem Plädoyer ansetzte. Er äußerte keine Zweifel am sexuellen Motiv des Fernfahrer­s, umso mehr aber an einem „finalen Tatort in Deutschlan­d“. Seine Schwester sei erst in Frankreich gestorben. Den drei vorangegan­genen Plädoyers widersprac­h der Verteidige­r als Vierter und Letzter vehement. „Die Anklagesch­rift war schlicht und einfach voll von nicht objektiven Mutmaßunge­n“, sagte er. Einen sexuellen Hintergrun­d habe es nie gegeben. Vielmehr habe Sophia seinem Mandanten Diebstahl unterstell­t und ihm ins Gesicht geschlagen. Daraufhin habe dieser zum Eisen gegriffen. So hatte der Angeklagte den Tatablauf auch zu Prozessbeg­inn geschilder­t. „Er konnte keine Hilfe holen, weil Sophia schon nach den ersten Schlägen tot war“, erklärte der Verteidige­r. Alles andere sei „Bullshit“. Er plädierte für eine mehrjährig­e Haftstrafe wegen Totschlags. Das Urteil soll am 18. September fallen.

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Foto: dpa In einem Straßengra­ben in Spanien lag die Leiche von Sophia.

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