Wertinger Zeitung

Wie ich mit 9/11 aufwuchs

Gedenktag 18 Jahre liegen die Terroransc­hläge in den USA zurück. Was denken junge Leute darüber, die vor 18 Jahren erst geboren wurden? Drei Beispiele aus der Region

- VON LISA GILZ

18 Jahre liegen die Terroransc­hläge des 11. September in den USA zurück. 18 Jahre, in denen noch immer kein Prozess gegen die mutmaßlich­en Strippenzi­eher zustande gekommen ist. Das Verfahren gegen fünf Angeklagte soll erst im Januar 2021 beginnen. Derzeit läuft eine Vorverhand­lung vor einem Sondertrib­unal im US-Gefangenen­lager Guantánamo Bay auf Kuba.

Welche Gedanken verbinden Menschen mit 9/11, die zum Zeitpunkt der Anschläge noch nicht oder gerade erst geboren waren? Wir haben drei Jugendlich­e aus der Region, die im Terrorjahr 2001 zur Welt kamen, danach gefragt.

● Lea Rohleder aus Neuburg an der Donau, geboren im April 2001 „Viele sagen, dass 9/11 die Welt umgekrempe­lt hat. Ich war zu dem Zeitpunkt erst ein halbes Jahr alt und die Folgen, die aus dem Anschlag resultiert­en, waren für mich normal, als ich aufgewachs­en bin. Ich glaube, dass sich die Wenigsten, die in dem Zeitraum geboren wurden, jetzt noch so ein einschneid­endes Erlebnis vorstellen können. Ich kenne Erwachsene, die genau wissen, was sie an dem Tag gemacht haben. So wie meine Eltern. Meine Mama hat Wäsche gemacht, als mein Papa angerufen hat und sagte, sie soll den Fernseher anschalten. So zeigt sich, wie prägend der Moment für die war, die das Ganze bewusst miterlebt haben. Diesen Moment hat jemand, der erst 2001 geboren wurde, nicht. Es ist aber so, dass Terroransc­hläge, die jetzt passieren, in einer Zeit, in der ich darüber nachdenken kann, mich wirklich schockiere­n. Was mir heute Angst macht ist der Gedanke: Da hättest du dabei sein können. Vergangene­s Jahr war ich mit einer Freundin in Berlin auf dem Weihnachts­markt. Es gibt einem ein mulmiges Gefühl zu wissen, dass 2016 in Deutschlan­d so etwas Schlimmes passiert ist. “

● Max Neuhaus aus Kaufering, geboren im Juli 2001 „Auch wenn ich zu dem Zeitpunkt zu jung war, um mich an die Ereignisse zu erinnern, wurde in der Schule das Thema immer wieder besprochen. Ich habe schnell gelernt, wie bedeutsam der Tag ist. Für mich gibt es bis heute keinen vergleichb­aren Anschlag. Nicht nur wegen der vielen Opfer und des Ausmaßes an Zerstörung, sondern auch wegen des darauffolg­enden Krieges in Afghanista­n. Aber gerade weil die Folgen so schlimm waren, ist es wichtig, jedes Jahr erneut an den Tag und die Ereignisse zu erinnern. Unabhängig davon, ob man vor dem 11. September oder danach geboren wurde: So eine Katastroph­e soll nie wieder passieren.“● Samuel Metz aus Neuburg an der Donau, geboren im Oktober 2001 „Eine emotionale Bedeutung hat der Anschlag für mich nicht mehr, was vermutlich daran liegt, dass er in Amerika passiert ist und schon so lange zurücklieg­t. In der Popkultur, in Filmen, in der Musik wird das Thema immer wieder aufgegriff­en, und daher bleibt das Thema doch irviele gendwie relevant. Für mich persönlich hat der Anschlag Bedeutung, weil damit auch der Krieg gegen den Terror begonnen hat und so Einfluss auf mein Leben hat. Man sieht es an Flughäfen, Bahnhöfen und anderen Orten, wo die Kontrollen viel schärfer sind, wo es Fotoverbot­e gibt und so weiter. Seit dem Anschlag vom 11. September ist die Angst vor Terroransc­hlägen in der westlichen Welt viel größer. Ich bin in diese Zeit hineingebo­ren. Ich kenne es nicht anders, aber meine Eltern zum Beispiel hatten vor 9/11 keine Angst vor islamistis­chem Terror. Ich habe das Gefühl, dass sich kaum einer aus meiner Generation mit dem Anschlag vom 11. September emotional verbinden kann. Anschläge, die hier in Europa passiert sind und das erst vor ein paar Jahren, wie Paris 2015 oder Berlin 2016, sind uns viel näher. Über diese Taten haben wir untereinan­der gesprochen und sprechen heute noch darüber.“

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Foto: Gary Hershorn, Getty Images Wie in jedem Jahr werden auch an diesem Gedenktag Lichtstrah­ler die beiden eingestürz­ten Türme in New York symbolisie­ren.
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Lea Rohleder
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Samuel Metz
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Max Neuhaus

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