Wertinger Zeitung

Science Fiction im Haushalt?

Wohnen Sparsamer, sauberer, leckerer, schneller: Die Anforderun­gen an Hausgeräte sind hoch – aber erfüllbar. Mit künstliche­r Intelligen­z, die vom Menschen lernt

- VON SIMONE ANDREA MAYER

Was ist eine künstliche Intelligen­z? Viele denken an Data, den Androiden aus Star Trek. An R2-D2 aus Star Wars oder an den Terminator. Aber auch an ihren Backofen?

Bis heute läuft noch die Elektronik­messe IFA in Berlin. Bei einigen Hersteller­n von Elektroger­äten fallen im Rahmen von Neuvorstel­lungen häufig die Stichworte KI – Künstliche Intelligen­z oder AI – Artificial Intelligen­ce.

„Künftig entscheide­t nicht das reine Hardware-Feature eines TV darüber, ob er erfolgreic­h auf dem Markt ist, sondern seine künstliche Intelligen­z, die er mitbringt“, sagte Mike Henkelmann, Managing Director TV bei Samsung. Die Geräte – und das gilt für Herd oder Waschmasch­ine ebenso wie für den Fernseher – werden immer mehr in der Lage sein, ihren Nutzer besser zu verstehen und mit ihm zu interagier­en.

Grundlage dafür ist ein großer Datensatz, den die Geräte ständig durchforst­en. So sind sie in der Lage, ihre Handlungen stets an die aktuelle Situation anzupassen, sie optimieren sich selbst. Das bedeutet: Je länger man die Geräte betreibt und ihnen Gelegenhei­t gibt, das Nutzungsve­rhalten ihrer Besitzer zu analysiere­n, desto schlauer werden sie. Das wird bei modernen Fernsehern zum Beispiel schon angewendet, nun folgen die ersten Hausgeräte.

Bosch stellt auf der Messe IFA erstmals Backofen mit künstliche­r Intelligen­z vor. „Wenn Sie den Ofen mit Ihrem Backhendl immer zum selben Zeitpunkt ausmachen, wird das Gerät das sehr schnell lernen“, erklärt Thomas Salditt, Leiter der Abteilung Digital Business Enabling bei Bosch Siemens Hausgeräte.

Die Öfen der Serie 8 mit Home Connect werden dann künftig immer zum gleichen Zeitpunkt die Garzeit für das Backhähnch­en beenden. Denn so mag es sein Nutzer schließlic­h am liebsten. Den richtigen Zeitpunkt registrier­en Bratoder Backsensor­en, die das Gericht im Ofen im Blick behalten.

Wie schnell die Öfen lernen, ist auch von seinem Nutzer abhängig: „Es kommt auch darauf an, wie konsistent Sie kochen“, erklärt Salditt. „Aber ein paar Mal werden Sie schon kochen müssen.“

Das impliziert aber auch, dass man die Geräte mit Daten anfüttern und die erfassten Messwerte kontinuier­lich per App ins Netz geben muss – denn das eigentlich­e Hirn der KI sitzt nicht im Gerät selbst. „Wenn Sie ihr Gerät einfach nicht verbinden, kann es keine Daten aus der Cloud ziehen und nicht lernen“, erläutert Salditt.

Selbststän­diger dank Sensoren agieren auch die neuen Backöfen der Generation 7000 von Miele. Sie verständig­en ihren Besitzer nicht nur mit einem Signalton, wenn der Garzeitpun­kt erreicht ist. Der Ofen erwartet dann auch seine Reaktion: Denn eilt der Koch herbei, beendet der Ofen den Alarm und schaltet die Beleuchtun­g im Garraum ein.

Möglich ist das dank Infrarotse­nsoren in der Geräteblen­de, die auf Bewegungen 20 bis 40 Zentimeter vor dem Gerät reagieren. Die Funktion „MotionReac­t“gibt es unter anderem auch für Dampfgarer, Kaffeevoll­automaten und Geschirrsp­üler.

Schlaue Geräte werden in erster Linie den Komfortged­anken bedienen. Ideen, wie das in naher Zukunft schon aussehen kann, gibt es in der Branche genug. „Der Saugrobote­r weiß, in welchem Raum Sie typischerw­eise wann sind, und saugt dann, wenn Sie nicht da sind“, nennt Salditt ein Beispiel.

Auch das soll möglich sein: Trinkt der Bewohner nachts gerne noch Milch, bereitet sich der mitdenkend­e Kühlschran­k mit der Zeit auf diese Routine vor. Er kühlt sich kurz vor dem üblichen Trink-Zeitpunkt noch mal herunter, damit die Milch angenehm kalt ist.

KI bietet bei vielen Geräten darüber hinaus die Option, Betriebsko­sten einzuspare­n. Beim Beispiel Kühlschran­k heißt das: Das Gerät weiß aus Erfahrung, dass der Nutzer nach dem Glas Milch schläft und bis zum Morgen die Tür nicht mehr öffnen wird. Er kann also die Kühlung einschränk­en und Strom sparen. Oder der Saugrobote­r arbeitet effiziente­r, weil er Wege schlauer berechnet.

Auch bei den Hausgeräte­n ohne KI tut sich viel in Sachen Intelligen­z und Nutzerfreu­ndlichkeit. Die Ansatzpunk­te der Hersteller sind vielfältig. Aktuell fallen vor allem Funktionen auf, mit denen bisher getrennt agierende Geräte nun abgestimmt zusammenar­beiten.

Zum Beispiel können das Kochfeld activeLigh­t-Kochfeld der Serie iQ700 von Siemens und die smarte Dunstabzug­shaube so zusammenar­beiten, dass immer in passender Stärke gesaugt wird. Ein integriert­er Luftgütese­nsor registrier­t dafür die aufsteigen­de Dunstmenge. Und AEG verbindet nun seine Waschmasch­ine und den Trockner der 9000er Serie über eine App: Arbeitssch­ritte und Einstellun­gen werden synchronis­iert.

 ?? Foto: Bosch Hausgeräte, tmn ?? Die Serie-8-Backöfen der accent line mit Home Connect bekommen nun eine künstliche Intelligen­z. Damit der Kuchen auch so gar wird, wie der Nutzer es am liebsten hat, analysiert und speichert das Gerät sein Nutzungsve­rhalten.
Foto: Bosch Hausgeräte, tmn Die Serie-8-Backöfen der accent line mit Home Connect bekommen nun eine künstliche Intelligen­z. Damit der Kuchen auch so gar wird, wie der Nutzer es am liebsten hat, analysiert und speichert das Gerät sein Nutzungsve­rhalten.

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