Union will Klima anders retten als die SPD
Der Koalition läuft die Zeit davon. Letzte Chance auf einen Kompromiss?
Berlin Eigentlich will die Bundesregierung am 20. September wegweisende Beschlüsse zum Kampf gegen die Erderwärmung fällen. Doch während die SPD eine Steuer auf den Ausstoß von Kohlendioxid fordert, stellen sich CDU und CSU quer. „Der, der die CO2-Steuer will, hat nichts anderes vor, als den Menschen in die Tasche zu fassen“, warnt Unions-Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU). Die Koalition müsse aufpassen, die „Bevölkerung nicht komplett gegen sich aufzubringen“. Der Abgeordnete aus Neu-Ulm hat mit seinem CDUKollegen Andreas Jung das Konzept geschrieben. Der Auftrag der Kanzlerin lautete: kein „Pillepalle“.
Genau wie die Sozialdemokraten will auch die Union, dass der Ausstoß von Kohlendioxid teurer wird – nur eben auf anderem Weg. Für das Verbrennen von Benzin, Diesel oder Heizöl sollen Verschmutzungsrechte gekauft werden müssen. Nicht Hausbesitzer, Autofahrer oder Tankstellenbetreiber sollen dabei mit Zertifikaten handeln, sondern zum Beispiel Mineralölkonzerne, heißt es in ihrem Konzept, das unserer Redaktion vorliegt. Der Aufschlag würde automatisch in die Preise für Kraft- und Brennstoffe eingerechnet. Das Ziel: Die Verbraucher sollen sich umweltfreundliche Autos zulegen, Hausbesitzer in bessere Heizungen investieren.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will im kommenden Jahr stattdessen eine CO2-Steuer einführen, die auf Sprit, Heizöl und Gas aufgeschlagen werden soll. Ihr Ansatz sieht vor, den Privathaushalten das Geld über eine Klimaprämie zurückzugeben. Die Erstattung ist allerdings noch nicht ausbuchstabiert. Unternehmen sollen sich über Förderprogramme für den Umstieg auf Elektro-Wagen einen Teil des Geldes wiederholen. Während die SPD-Politikerin mit 35 Euro je Tonne CO2 einsteigen will, will sich Nüßlein am aktuellen Preis des bestehenden Handels mit Verschmutzungsrechten für Industrie und Stromwirtschaft orientieren – derzeit rund 27 Euro. Sollte die Tonne Kohlenstoffdioxid 35 Euro kosten, würde der Liter Benzin nach Berechnungen in Schulzes Auftrag um zehn Cent, der Liter Diesel um elf Cent teurer. Den Experten zufolge würde auch der Preis von Heizöl um elf Cent je Liter steigen, für Erdgas würde knapp ein Cent je Kilowattstunde mehr fällig.
Trotz der verfahrenen Situation findet sich im Unionskonzept auch Raum für Kompromisse mit den Sozialdemokraten. Zum Beispiel bei der steuerlichen Förderung der Sanierung von Häusern. Oder bei der Kfz-Steuer. „Wir schlagen vor, die Steuer bei Neuzulassungen umfassend an den CO2-Emissionen des Fahrzeugs zu bemessen“, schreiben Nüßlein und Jung. Dass schwere Spritschlucker deutlich mehr zahlen sollen als sparsame Kleinwagen, will auch die Umweltministerin.
Die Ideen der Unionsfraktion gehen über die CO2-Bepreisung hinaus. Neue Technologien sollen gefördert werden, wie zum Beispiel die Einführung synthetischer Kraftstoffe. Zudem sieht das Papier vor, dass Flugtickets über eine höhere Ticketsteuer teurer und Bahnreisen durch den niedrigen Mehrwertsteuersatz billiger werden. Durch eine Abwrackprämie sollen Hausbesitzer animiert werden, ihre alte Öl- oder Gasheizung auszutauschen.
Die Union will außerdem die Ökostromumlage abschmelzen, die Haushalte und die meisten Betriebe zahlen müssen. Strom würde dadurch billiger, weshalb sich zum Beispiel der Kauf eines Elektroautos eher lohnen könnte. Die Unternehmen verlören nicht an Wettbewerbsfähigkeit. »Kommentar
Immerhin: Union und SPD haben dasselbe Ziel