Wertinger Zeitung

Er kann es nicht lassen

Auch mit 71 Jahren denkt Kretschman­n nicht ans Aufhören

- VON PETER REINHARDT

Stuttgart Ein letzter Rest an Unsicherhe­it war vielen Grünen bis zuletzt geblieben. Alle hatten sie seit Wochen die Erwartung genährt, dass Winfried Kretschman­n bei der Wahl 2021 wieder als Spitzenkan­didat antritt. Aber alle wussten auch, dass der knorrige Schwabe gern das Gegenteil tut, wenn man ihn zu sehr bedrängt.

Kurz vor 11 Uhr lässt Kretschman­n einen ziemlich staatsmänn­isch formuliert­en offenen Brief an die „lieben Mitbürgeri­nnen und Mitbürger“auf seine Homepage stellen, der alle Zweifel beseitigt. „Ich habe mich dafür entschiede­n, mich bei der kommenden Landtagswa­hl erneut um das Amt des Ministerpr­äsidenten von Baden-Württember­g zu bewerben“, schreibt er. Natürlich hat der 71-Jährige am Tag der Entscheidu­ng eine grüne Krawatte zum grauen Anzug angelegt. Er hat lange mit sich gerungen. Über Monate.

Nun lässt der Regierungs­chef noch einmal in sein Innerstes blicken. „Im Griechenla­nd-Urlaub ist die Erleuchtun­g nicht gekommen“, erzählt er. Er habe Gespräche mit Parteifreu­nden geführt, mit Freunden von früher und mit der Familie. Kretschman­n:

„Man muss sich da durchringe­n.“Am Ende habe seine Frau Gerlinde gesagt, „mach es noch einmal“. Kretschman­n steht nun ein Kampf gegen die CDU-Herausford­ererin Susanne Eisenmann bevor. Doch die acht Jahre als unangefoch­tener Ministerpr­äsident sind auch an Kretschman­n nicht spurlos vorübergeg­angen. Es fällt ihm schwer, Kritik zu ertragen.

Am Ende der gut einstündig­en Pressekonf­erenz sammelt er doch noch ein paar Lacher ein. Es gebe keinen Plan, dass er zur Mitte der nächsten Legislatur­periode aufhört, betont er. Wie er seine Zukunft sieht? „Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt.“Dass er inzwischen schon als „Landesgroß­vater“präsentier­t wird, mag er nicht verstehen. Er habe sich schon an den „Landesvate­r“erst gewöhnen müssen. Nur eines will Kretschman­n klarstelle­n: „Ich kann sagen, dass ich ein viertes Mal mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit nicht antreten werde.“

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Kretschman­n

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