Er kann es nicht lassen
Auch mit 71 Jahren denkt Kretschmann nicht ans Aufhören
Stuttgart Ein letzter Rest an Unsicherheit war vielen Grünen bis zuletzt geblieben. Alle hatten sie seit Wochen die Erwartung genährt, dass Winfried Kretschmann bei der Wahl 2021 wieder als Spitzenkandidat antritt. Aber alle wussten auch, dass der knorrige Schwabe gern das Gegenteil tut, wenn man ihn zu sehr bedrängt.
Kurz vor 11 Uhr lässt Kretschmann einen ziemlich staatsmännisch formulierten offenen Brief an die „lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger“auf seine Homepage stellen, der alle Zweifel beseitigt. „Ich habe mich dafür entschieden, mich bei der kommenden Landtagswahl erneut um das Amt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg zu bewerben“, schreibt er. Natürlich hat der 71-Jährige am Tag der Entscheidung eine grüne Krawatte zum grauen Anzug angelegt. Er hat lange mit sich gerungen. Über Monate.
Nun lässt der Regierungschef noch einmal in sein Innerstes blicken. „Im Griechenland-Urlaub ist die Erleuchtung nicht gekommen“, erzählt er. Er habe Gespräche mit Parteifreunden geführt, mit Freunden von früher und mit der Familie. Kretschmann:
„Man muss sich da durchringen.“Am Ende habe seine Frau Gerlinde gesagt, „mach es noch einmal“. Kretschmann steht nun ein Kampf gegen die CDU-Herausfordererin Susanne Eisenmann bevor. Doch die acht Jahre als unangefochtener Ministerpräsident sind auch an Kretschmann nicht spurlos vorübergegangen. Es fällt ihm schwer, Kritik zu ertragen.
Am Ende der gut einstündigen Pressekonferenz sammelt er doch noch ein paar Lacher ein. Es gebe keinen Plan, dass er zur Mitte der nächsten Legislaturperiode aufhört, betont er. Wie er seine Zukunft sieht? „Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt.“Dass er inzwischen schon als „Landesgroßvater“präsentiert wird, mag er nicht verstehen. Er habe sich schon an den „Landesvater“erst gewöhnen müssen. Nur eines will Kretschmann klarstellen: „Ich kann sagen, dass ich ein viertes Mal mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht antreten werde.“