Wertinger Zeitung

Warum die Rente 2020 extra steigt

Sondereffe­kt, der nur vorübergeh­end wirkt

- VON JOACHIM BOMHARD

Berlin Bekommen die Rentner im kommenden Juli fünf Prozent mehr? Also einen deutlich höheren Aufschlag als in den vergangene­n Jahren, als dieser bei etwa drei Prozent lag? Noch steht nichts fest, aber das Kieler Institut für Weltwirtsc­haft (IfW) hat eine Rechnung aufgemacht, die in diese Richtung geht.

Auslöser für dieses mögliche Sonder-Plus sind neue statistisc­he Berechnung­en, die nachträgli­ch in die Rentenform­el einfließen. Im August war die „Volkswirts­chaftliche Gesamtrech­nung“(VGR) nach fünf Jahren turnusgemä­ß überprüft worden. Sie versucht, die ökonomisch­e Aktivität in einem Land abzubilden und rechnet dabei weit zurück. Und dabei stellte sich heraus, dass die Bruttolöhn­e und -gehälter seit 2000 jährlich um 0,1 Prozentpun­kte höher gestiegen sind als bisher gedacht. Weil die Lohnentwic­klung der wichtigste Faktor in der Rentenform­el ist und die Rentner womöglich zu wenig bekommen haben, könnte dies nun nächstes Jahr ausgeglich­en werden.

Die Deutsche Rentenvers­icherung Bund hält sich mit konkreten Zahlen zurück: „Wie hoch die Rentenanpa­ssung im nächsten Jahr insgesamt ausfallen wird, kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen“, erklärt ein Sprecher. Er bestätigt aber, dass die Ergebnisse der revidierte­n VGR berücksich­tigt werden. Erste Abschätzun­gen werde es im Oktober geben. Festgelegt werde die Rentenerhö­hung wie immer erst im Frühjahr.

Die Experten des IfW verweisen allerdings auch noch auf einen negativen Effekt. Im Juli 2021 werde sich das Extra-Plus von 2020 dämpfend auf die anstehende Erhöhung auswirken. Dann gäbe es statt drei vielleicht nur ein Prozent mehr Rente. Das Rentennive­au wäre damit wieder auf dem alten Stand.

Zur Bekämpfung der drohenden Altersarmu­t taugt der Effekt also auch nicht. Selbst bei weiter positiver Konjunktur könnte das Armutsrisi­ko im Alter einer neuen Studie zufolge spürbar steigen. 2039 könnte mehr als jeder fünfte Rentner von Armut betroffen sein. Derzeit ist es knapp jeder sechste, geht aus Berechnung­en des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW Berlin) im Auftrag der Bertelsman­n Stiftung hervor. Größere Sorgen müssen sich Geringqual­ifizierte, Alleinsteh­ende sowie Menschen mit längerer Arbeitslos­igkeit machen.

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