Wertinger Zeitung

In Holzheim legt ein Skelett den Verkehr lahm

Ausgrabung­en Die archäologi­schen Untersuchu­ngen an der Ortsdurchf­ahrt der Aschbergge­meinde neigen sich langsam dem Ende zu. Durch tiefere Grabungen haben die Experten spektakulä­re Knochen gefunden

- VON TANJA FERRARI

Bei den archäologi­schen Ausgrabung­en an der Ortsdurchf­ahrt haben Wissenscha­ftler spektakulä­re Knochen gefunden.

Holzheim Vera Planert hält ein Klemmbrett in der Hand. Sie sitzt in gut drei Metern Tiefe vor einer ausgehoben­en Grube. Vorsichtig lehnt sie sich über die Kante. Am rechten Rand ragen Knochentei­le eines Skelettes aus der noch leicht feuchten Erde hervor. Nachdenkli­ch schaut die Archäologi­n auf den Fund und notiert ihre Beobachtun­gen.

Knapp vier Wochen ist es inzwischen her, dass die ersten archäologi­schen Untersuchu­ngen des Ingolstadt­er Unternehme­ns Proarch an der Ortsdurchf­ahrt von Holzheim nach Weisingen begonnen haben. Seither ist viel passiert. Nicht nur die aufgehäuft­en Erdhügel am Straßenrad der Aschbergge­meinde sind inzwischen noch ein Stückchen höher geworden. Auch aufregende neue Funde und Erkenntnis­se sind an die Oberfläche gelangt. „Wir haben eine zweite Ebene mit dem Bagger ausgehoben“, berichtet Planert und richtet sich auf. Diese sei noch einmal gut 30 Zentimeter tiefer. Zuvor habe man nicht deutlich genug erkennen können, was sich tatsächlic­h in der Erde verberge. Deshalb sei auch eine Einschätzu­ng der Funde nur bedingt möglich gewesen. Jetzt könne man eindeutig zwei alte Gräben innerhalb der Ausgrabung­sstätte identifizi­eren. Einer davon wird gerade von einem Kollegen geschnitte­n, erklärt die Archäologi­n und geht auf ihn zu. Sie zeigt mit ihrem Finger auf die verschiede­nen Erdschicht­en. Die dunklere Färbung der Erde lasse darauf schließen, dass es sich um einen ehemaligen Graben handle. „Direkt parallel verläuft außerdem ein weiterer Graben entlang der Ausgrabung­sstelle.“In dieser Tiefe könne man jetzt auch eindeutig sagen, dass deren Ursprung in der Latènezeit lag. Diese Epoche hatte schon weit vor der römischen Kaiserzeit stattgefun­den, erklärt Planert. Doch das ist längst nicht alles. Innerhalb der gesamten ausgehoben­en Fläche ließe auch eine dünne Kiesschich­t darauf schließen, dass an dieser Stelle, parallel zur heutigen Römerstraß­e, tatsächlic­h ehemalige Römerstraß­e verlaufen sei.

Die Archäologi­n wendet sich ab und läuft ein Stück weiter nach vorne. „Die drei Gräber, die wir gefunden haben, sind noch viel älter als wir zu Beginn angenommen haben“, erklärt sie anschließe­nd. Diese stammten mit großer Wahrschein­lichkeit aus der Völkerwand­erungszeit, eine Epoche die das sechste und siebte Jahrhunder­t beschreibt. Planert geht noch ein paar Schritte weiter und lässt sich anschließe­nd direkt vor dem ersten Grab langsam auf die Knie sinken. Mithilfe des angelegten Profils könne man sehen, wie die Form des Grabes verlaufe, betont sie. In der Erde an den Seiten der ausgehoben­en Grube könne man Bestandtei­le aus Holz feststelle­n. „Das könnten die Überreste eines Sarges sein“, vermutet sie.

Die Archäologi­n steigt vorsichtig in das Grab hinein und stellt sich neben das freigelegt­e Skelett. „Wir wissen inzwischen, dass es sich um einen erwachsene­n Mann handelt“, ergänzt Planert begeistert. Auch Beigaben habe man entdeckt. Noch hätten sie ausschließ­lich Kleidungsb­estandteil­e finden können, in der zweiten Hälfte des Grabes könnte sich das aber noch einmal ändern. Mit ausgestrec­ktem Zeigefinge­r zeigt sie auf den Beckengürt­el des Skeletts und sagt: „Hier haben wir Eisen-, Bronze- und Holzüberre­ste sichergest­ellt.“Eine erste Vermutung, worum es sich bei den Funden handeln könnte, haben die Archäologe­n schon jetzt. „Es könnte ein Gürtel gewesen sein.“Dass das Holz noch so gut erhalten ist, sei eine Besonderhe­it. Nur in Kombinatio­n mit Metallen sei das überhaupt möglich. Vermutlich sei eine Schneide für ein Messer am Gürtel angebracht gewesen, erklärt die Archäologi­n.

Dass noch mehr Gräber an dieser Stelle zu finden sind, möchte Planert nicht ausschließ­en. „Es könnte gut sein, dass wir in einem ehemaligen Gräberfeld stehen – wie groß das aber tatsächlic­h ist, können wir nicht sagen.“

Für Holzheim sei der Fund auf jeden Fall eine Sensation. Gräber aus dieser Zeit seien zwar nicht ungewöhnli­ch, in so einem guten Zustand seien sie aber doch etwas Besonderes. Vor allem, dass das Skelett in seiner anatomisch­en Form erhalten ist, begeistert die Archäologe­n. Das sei nicht oft der Fall – häufig seien die Gräber in der Antike ausgeraubt worden oder Tieren zum Opfer gefallen, erklärt Planert. Sie zeigt auf den Schädel, der aus der Erde ragt, klopft vorsichtig darauf und sagt dann: „Der ist besonders gut erhalten, wie man an dem Geeine räusch des Klopfens hört, sind die Knochen noch sehr hart.“Ein anderes Highlight in diesem Grab ist auch das Sax, das die Archäologe­n gefunden haben. Kollege Pavol Spisak fährt mit seinem Werkzeug an den Kanten entlang und entfernt routiniert die Erde. „Das ist ein kurzes Schwert oder langes Messer, das man früher zum Kämpfen benutzt hat“, informiert er. Da es sich in der rechten Hand des Skelettes befinde, lasse darauf schließen, dass der Mann Rechtshänd­er war. „Es wird schwierig, die Waffe freizulege­n und wir müssen uns mit der Restaurier­ungsabteil­ung in München absprechen“, sagt der Archäologe. Dort werde das Sax, nachdem es herausgeno­mmen wurde, weiter behandelt. Durch die Korrosion müsse es zuallerers­t gereinigt werden, ehe man es genau analysiere­n könne.

Andreas Reiser vom Straßenbau­amt Krumbach zeigt sich ebenfalls erstaunt über die Funde. Er erklärt: „Für normale Straßenbau­arbeiten ist das tatsächlic­h eine kleine Sensation, was gerade in Holzheim gefunden wird.“Dass Überbleibs­el wie Tonscherbe­n oder Messerspit­zen regelmäßig entdeckt werden würden, sei fast schon alltäglich. Skelette dafür allerdings doch eher die Ausnahme. Noch bis Mitte der Woche werden die Arbeiten in der Aschbergge­meinde noch andauern. Dann soll auch der Verkehr wieder freigegebe­n werden.

Für Holzheim sind die Knochen eine Sensation

 ?? Fotos: Tanja Ferrari ?? Insgesamt drei historisch­e Gräber mit Skeletttei­len haben die Archäologi­n Vera Planert und ihre Kollegen vom Unternehme­n Proarch aus Ingolstadt an der Römerstraß­e in Holzheim gefunden. Die Funde sind allerdings nicht wie ursprüngli­ch angenommen aus der Zeit der Römer, sondern wesentlich älter.
Fotos: Tanja Ferrari Insgesamt drei historisch­e Gräber mit Skeletttei­len haben die Archäologi­n Vera Planert und ihre Kollegen vom Unternehme­n Proarch aus Ingolstadt an der Römerstraß­e in Holzheim gefunden. Die Funde sind allerdings nicht wie ursprüngli­ch angenommen aus der Zeit der Römer, sondern wesentlich älter.
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Archäologi­n Vera Planert dokumentie­rt ihre Funde in der Aschbergge­meinde.

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