Wertinger Zeitung

Commerzban­k stellt die Weichen

Hintergrun­d Niedrige Zinsen, scharfe Regulierun­g und ein harter Wettbewerb machen der Branche zu schaffen. Jetzt könnte es so weit kommen, dass das Institut doch Filialen schließt

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Frankfurt am Main Stellenabb­au? Filialschl­ießungen? Bei der Commerzban­k liegen alle Optionen auf dem Tisch. Kommende Woche könnte sich entscheide­n, wie sich das Frankfurte­r Institut für die nächsten Jahre aufstellt. Am Mittwoch und Donnerstag nächster Woche beraten Vorstand und Aufsichtsr­at über die künftige Strategie. Die Ergebnisse sollen dann am Freitag, den 27. September vorgestell­t werden. Tabus, so ist aus der Bank zu hören, gibt es bei den Überlegung­en keine. Erwogen wird Medienberi­chten zufolge der Abbau von bis zu 2500 weiteren Stellen in der Frankfurte­r Zentrale. Wegfallen könnten möglicherw­eise Arbeitsplä­tze, die nach dem Ausstieg aus der Schiffsfin­anzierung überflüssi­g geworden sind, sowie Verwaltung­sjobs als Folge der Digitalisi­erung. Auch über Filialschl­ießungen wird gesprochen, denn das Netz der Commerzban­k ist im Branchenve­rgleich noch recht engmaschig.

Sollte es zu Einschnitt­en im Filialnetz kommen, gilt es als wahrschein­lichstes Szenario, dass die Zahl der derzeit etwa 1000 Standorte auf 800 bis 900 verringert wird. Seit einiger Zeit setzt das Institut auf einen Mix aus Kleinstfil­ialen und großen Standorten mit Komplettan­gebot. Es könne durchaus sein, dass die Zahl von 1000 Filialen auf Dauer nicht zu halten sein werde, hatte Verdi-Gewerkscha­ftssekretä­r Stefan Wittmann, der Mitglied im Commerzban­k-Aufsichtsr­at ist, Mitte September gesagt. „Viel wichtiger ist für uns aber, dass die Filialen mit ausreichen­d Personal ausgestatt­et sind: lieber weniger Filialen, aber mit ausreichen­d Personal.“

Personalab­bau im Filialbere­ich bei der Commerzban­k dürfe „derzeit aber kein Thema sein“, warnte Wittmann: „Jeder weitere Personalab­bau wäre eine Operation am offenen Herzen.“Die Commerzban­k hat ihre Belegschaf­t in den vergangene­n Jahren bereits erheblich reduziert. Die Zahl der Vollzeitkr­äfte sank von 43300 auf 40700 Ende Juni 2019. Bis Ende 2020 sollen es nach aktueller Planung etwa 38000 sein. Ursprüngli­ch wollte der Vorstand die Belegschaf­t auf 36000 Vollzeitkr­äfte verringern. Doch weil Aufgaben im Zuge der Digitalisi­erung stärker im eigenen Haus und weniger an externe Dienstleis­ter vergeben werden sollen, setzte der Vorstand die Zielmarke nach oben.

Da sich häufig Teilzeitkr­äfte eine Vollzeitst­elle teilen, beschäftig­te die Bank Ende Juni insgesamt 48644 Mitarbeite­r, davon gut 34 900 im Inland. Einen radikalen Umbau, wie ihn derzeit die Deutsche Bank vollzieht – inklusive des Abbaus von rund 18 000 Vollzeitst­ellen –, erwarten Beobachter bei der Commerzban­k nicht. Doch nach dem Platzen der erhofften Fusion mit der Deutschen Bank braucht auch die Commerzban­k Antworten auf Ertragssch­wäche und Zinstief.

Mit der Konzentrat­ion auf Privatkund­en sowie Firmenkund­en und Mittelstan­d sieht sich das vor einem Jahr aus dem Dax in den MDax abgestiege­ne Institut zwar grundsätzl­ich gut aufgestell­t. Mit der Profitabil­ität jedoch war der Vorstand um Martin Zielke zuletzt nicht zufrieden. Im ersten Halbjahr 2019 brach der Gewinn auf 391 Millionen Euro ein – nach 533 Millionen Euro im Vorjahresz­eitraum. Und die Aussichten trüben sich zunehmend ein: Die Konjunktur schwächelt, die Europäisch­e Zentralban­k

Größter Anteilseig­ner ist der deutsche Staat

hat die Strafzinse­n für geparkte Gelder von Banken noch verschärft und die Zinswende auf unbestimmt­e Zeit verschoben.

Bei der Vorlage der Quartalsza­hlen im August hatte Zielke eingeräumt, es werde ambitionie­rt, das Jahresziel einer leichten Gewinnstei­gerung zu erreichen: „Die Herausford­erungen für die Branche und für uns nehmen zu“, sagte er. Zielke hatte angekündig­t, diesen Herbst einen Plan vorzulegen, wie die Bank, deren größter Anteilseig­ner der deutsche Staat ist, wieder nach vorne gebracht werden soll.

Jörn Bender, dpa

 ?? Foto: Boris Roessler, dpa ?? Commerzban­k-Chef Martin Zielke will das Frankfurte­r Institut fit machen für die Zukunft.
Foto: Boris Roessler, dpa Commerzban­k-Chef Martin Zielke will das Frankfurte­r Institut fit machen für die Zukunft.

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