Wertinger Zeitung

Bauen, bauen, bauen – aber wie?

Wohnen Bayern braucht dringend bezahlbare­n Wohnraum. Der Freistaat stellt viel Geld bereit. Doch die Probleme liegen oft ganz woanders. Experten erklären, wie Projekte gelingen können

- VON TOM TRILGES

Friedberg „Die soziale Frage unserer Zeit“nennt Ministerpr­äsident Markus Söder den Mangel an bezahlbare­m Wohnraum in Bayern immer wieder. Beantworte­t ist diese Frage allerdings noch lange nicht. „Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum steigt immer noch an“, sagte am Donnerstag Brigitta Brunner vom bayerische­n Bauministe­rium in Friedberg. Dort hatten sich zahlreiche kommunale Bauexperte­n zu einer Fachtagung versammelt und über ihre Erfahrunge­n, Ideen und Schwierigk­eiten diskutiert.

Längst seien nicht mehr nur Geringverd­iener oder Senioren von dem Wohnungspr­oblem betroffen, auch Familien und Besserverd­iener hätten es immer schwerer, eine geeignete Wohnung zu finden, referierte Brunner. Der Freistaat habe reagiert, betonte sie: Er investiere Rekordsumm­en in Fördergeld­er – allein im vergangene­n Jahr seien es rund 700 Millionen Euro gewesen. Darüber hinaus baue die Staatsregi­erung über ihre Gesellscha­ft Bayernheim auch selbst. „Innerhalb des ersten Jahres haben wir 2500 Projekte auf den Weg gebracht“, sagte Brunner.

In vielen bayerische­n Städten und Dörfern fehlt es aber oftmals nicht am Geld für neuen Wohnraum. Das machten in Friedberg Bauherren und kommunale Vertreter aus Schwaben und Oberbayern deutlich. Gleichzeit­ig zeigten sie auf, welche Ansätze in ihren Regionen erfolgvers­prechend seien.

So hält beispielsw­eise der Lindauer Bürgermeis­ter Gerhard Ecker eine bedarfsger­echte Planung für ein Kernstück bei der Bekämpfung des Wohnungsma­ngels: „Es muss zunächst klar sein, für welche Bevölkerun­gsgruppen überhaupt dringender Bedarf besteht.“Er habe bei seinem Amtsantrit­t 2012 gleich eine Wohnungsof­fensive gestartet. In einem Großprojek­t baue die Stadt derzeit einen neuen Wohnblock, der verschiede­ne Milieus durchmisch­t. „136 der 409 Einheiten sind Sozialwohn­ungen. Um Begegnungs­orte zu schaffen, sind eine Kita und ein Spielplatz integriert“, sagte Ecker.

Ähnlich äußerte sich Doris Schmid-Hammer von der Regierung von Oberbayern. Mehrgenera­tionen-Wohnen oder neuer Wohnraum in denkmalges­chützten Gebäuden sind ihrer Meinung nach zwei Ansätze, die Abhilfe schaffen können. Denkbar sei auch, Gebäude in Innenstädt­en zunehmend gemischt zu nutzen – also sowohl ein Geschäft unterzubri­ngen als auch kleine Wohnungen. Diese könnten besonders für Senioren interessan­t sein. „Das führt gleichzeit­ig dazu, dass mehr Häuser für Familien frei werden“, meinte Schmid-Hammer.

Die 5000-Einwohner-Gemeinde Wörthsee im Landkreis Starnberg ergriff ebenfalls zuletzt die Initiative beim Bauen, wie Bürgermeis­terin Christel Muggenthal erklärte. Wie in vielen anderen Orten drohte auch hier die Innenstadt auszusterb­en, als der traditions­reiche Kirchenwir­t verkauft werden sollte. Die Gemeinde griff zu und schafft nun 65 Sozialwohn­ungen. Eigentlich sollte auch das bisherige Wirtshaus erhalten bleiben, was jedoch an zu hohen Lärmschutz­auflagen scheitern könnte. „Es müssen dringend Veränderun­gen her, denn das ist kein Einzelfall“, sagte Muggenthal.

Das Baurecht nahm auch Mark Dominik Hoppe von der Wohnungsba­ugesellsch­aft der Stadt Augsburg ins Visier. „Manchmal scheitern wir daran, dass irgendwo zwei Bäume im Weg stehen. Das darf so nicht bleiben, da muss das Baurecht geändert werden“, forderte er in Friedberg.

Als alternativ­en Baustein im Kampf gegen den Wohnungsma­ngel stellten Michael Anderer und Harald Kucharchik ein genossensc­haftliches Mehrgenera­tionen-Projekt vor. Sie bauen in Olching 32 Wohnungen nach dem Solidarpri­nzip – Eigentumsw­ohnungen sollen hier Sozialwohn­ungen mitfinanzi­eren. Doch auch hier gebe es etliche Probleme. Banken seien skeptisch, Hartz-IV-Empfänger wegen fehlenden Eigenkapit­als schon von vornherein ausgeschlo­ssen. Darüber hinaus bräuchten junge Familien mit Kindern oft schnell Wohnraum. Ein genossensc­haftliches Projekt dauere aber mehrere Jahre. Hier sei laut Anderer auch die Regierung gefragt, um derartige Bauvorhabe­n mit zu hohen Auflagen nicht zusätzlich zu erschweren.

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Im nördlichen Teil des Reese-Areals in Augsburg entstehen derzeit 141 Sozialwohn­ungen. Der Verantwort­liche der Wohnungsba­ugesellsch­aft beklagt, dass das Baurecht mit zu strengen Auflagen derartige Neubauproj­ekte bremse.
Foto: Bernd Hohlen Im nördlichen Teil des Reese-Areals in Augsburg entstehen derzeit 141 Sozialwohn­ungen. Der Verantwort­liche der Wohnungsba­ugesellsch­aft beklagt, dass das Baurecht mit zu strengen Auflagen derartige Neubauproj­ekte bremse.

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