Ein Lechsteg sorgt für Ärger
Kostenexplosion Eine Radfahrer- und Fußgängerbrücke in Landsberg wird mehr als dreimal so teuer wie ursprünglich gedacht. Wie konnte das nur passieren?
Landsberg Beim Faschingsumzug war die Sache mit der teuren neuen Lechbrücke in Landsberg ja noch ganz lustig. Da liefen auch ein paar goldene Statuen durch die Stadt. Diese könne man sich angesichts der sich damals schon andeutenden Kostenexplosion für die neue Fußgängerund Radfahrerbrücke auch noch leisten, meinten die Narren. Doch im Sommer übertraf die Realität die Satire. Die besagte Brücke, die das neue Wohnquartier „Am Papierbach“mit der Altstadt verbinden soll, wurde noch einmal um ein paar Millionen Euro teurer.
Landsberg ist eine wachsende Stadt – in ein paar Jahren wird die einstige graue Garnisonsstadt die 30000-Einwohner-Marke überschreiten. Das neue Wohnquartier am Papierbach – dort, wo einst gegenüber der Altstadt am westlichen Lechufer die Bayerische Pflugfabrik stand – trägt dazu wesentlich bei. Rund 600 Wohnungen für rund 1500 Menschen sollen dort in den nächsten Jahren hochgezogen wer– 30 Prozent sozial gefördert, aber auch luxuriöse Penthouses.
Mit den Einwohnern wächst auch der Verkehr. Deshalb will der Stadtrat die Menschen dazu bewegen, mehr zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren. Deshalb wurde zwischen dem neuen Wohngebiet und der Altstadt die besagte Brücke geplant, als Teil einer Ost-West-Verbindung, die einen wichtigen Beitrag für die angestrebte Mobilitätswende leisten soll. Weil der Steg aber auch ein Verkaufsargument für die neuen Wohnungen sein dürfte, sollte auch der Projektentwickler einen Teil der Kosten übernehmen.
Das war vor mehr als drei Jahren – und damals war von Baukosten in Höhe von 2,5 Millionen Euro die Rede. Stadt und Investor wollten sich die Kosten teilen, wobei der Anteil des Investors auf 1,3 Millionen Euro gedeckelt wurde. Dieser bewies damit eine erstaunliche Weitsicht. Denn inzwischen steht fest: Das Bauwerk wird 8,6 Millionen Euro kosten. Als das im Juli bekannt wurde, herrschte in der Stadt Aufruhr. Man müsse mit dem Investor über einen Nachschlag verhandeln, forderten die einen. Dieser sei ja der Hauptprofiteur des Lechstegs. Andere verlangten, ein weiteres Mal auszuschreiben oder eine billigere Brücke zu planen.
Von alledem wollte Oberbürgermeister Mathias Neuner (CSU) nichts wissen. Vertrag sei Vertrag, eine neuerliche Ausschreibung oder gar eine Neuplanung brächten angesichts der allgemein rapide steigenden Baukosten keine Einsparung.
Bis die Angebote geöffnet wurden, war man – und damit auch die Landsberger Narren – von geschätzten Kosten von 4,8 Millionen Euro ausgegangen. Allerdings war schon zu befürchten, dass es noch etwas teurer werden könnte. Die Firmen rissen sich nicht gerade um den Auftrag: Auf die erste Ausschreibung hatte überhaupt kein Unternehmen reagiert, die zweite brachte gerade mal zwei Angebote.
Schon zuvor hatte die Brücke eine an Wendungen reiche Vorgeschichte. In den anfänglich 2,5 Millionen Euro waren noch keine Wegeanbindungen an den Lechufern berückden sichtigt. Dann beschloss der Stadtrat, den Steg nicht nur vier, sondern fünf Meter breit zu bauen. Schließlich musste noch die Mehrwertsteuer hinzugerechnet werden, die bislang außen vor geblieben war. Ebenso waren noch Kosten für Planung, Statik und Baugrunduntersuchung anzufügen.
Trotz aller Aufregungen brachte Oberbürgermeister Neuner das Projekt mit großer Mehrheit durch den Stadtrat: Am Ende gab es unter den 30 Stadträten nur noch fünf Widerständler. Immerhin muss die Stadtkasse nicht sämtliche Mehrkosten tragen. Auch die Regierung von Oberbayern hob ihren Zuschuss von 1,7 auf drei Millionen Euro an.
Anfang September begannen die Bauarbeiten. Der Lech hat im Herbst und Winter Niedrigwasser und derzeit sieht es auch so aus, als ob sich die Wogen geglättet haben. Darauf hatte Neuner schon gehofft, als er den Lechsteg mit der Elbphilharmonie verglich: Über deren Kosten spreche auch niemand mehr, aber heute sei sie ein Wahrzeichen von Hamburg.