Wertinger Zeitung

Mörder fuhr mit Leiche im Lastwagen nach Augsburg

Verbrechen Am Mittwoch ist in Bayreuth ein Fernfahrer verurteilt worden, weil er die Tramperin Sophia Lösche totgeschla­gen hat. Die Ermittlung­en zeigen: Am Tag nach der Tat hielt er sich längere Zeit in der Region auf

- VON JÖRG HEINZLE

Augsburg Der Fall beschäftig­te im Sommer vorigen Jahres viele Menschen. Eine Woche lang war die Studentin Sophia Lösche, 28, scheinbar spurlos verschwund­en. Sie wollte von Leipzig nach Nürnberg trampen und von dort weiter in ihre Heimatstad­t Amberg. Am Mittag des 21. Juni stand fest, dass sie nie wieder nach Hause kommen wird. Mitarbeite­r einer Tankstelle in Spanien fanden die gefesselte, nackte Leiche der Tramperin. An diesem Mittwoch ist der Fernfahrer Boujemaa L., 42, deshalb vor dem Bayreuther Landgerich­t zu einer lebenslang­en Haftstrafe verurteilt worden. Die Ermittlung­sergebniss­e in dem Fall zeigen: Am Tag nach der Tat hielt sich der Fernfahrer längere Zeit im Raum Augsburg auf. Vermutlich lag Sophia Lösches Leiche während dieser Zeit in der Schlafkoje im Führerhaus seines Lastwagens.

Sophia Lösche ist am 14. Juni 2018 an einer Tankstelle in der Nähe von Leipzig in den Lastwagen gestiegen. Erschlagen hat er die Studentin laut dem Urteil noch am selben Abend. Mit einem Radmuttern­schlüssel, auf einem Autobahnpa­rkplatz nahe Bayreuth. Boujemaa L. soll zuvor vergeblich versucht haben, sich der jungen Frau sexuell zu nähern. Sophia Lösche habe den Fernfahrer deshalb geohrfeigt. Es gab Streit – und der Fernfahrer rastete wohl aus. Wo er danach mit seinem Lastwagen hinfuhr, konnten die Ermittler anhand der GPS-Daten des Lkw nachvollzi­ehen. Sie haben seine Fahrt durch Europa akribisch ermittelt. Boujemaa L. steuerte am Tag nach der Tat scheinbar ziellos Rasthöfe an. Womöglich suchte er schon da eine Stelle, an der er die Leiche unbemerkt loswerden kann. Außerdem lud er in Lauf bei Nürnberg Elektrotei­le auf seinen Laster auf. Danach fuhr er in Richtung Augsburg weiter. Auch hier hatte er beruflich zu tun.

Die Ermittlung­en haben ergeben, dass er – mit der Leiche im Führerhaus – eine Firma in Lechhausen ansteuerte. Hier lud er gegen 14 Uhr Anti-Rutschmatt­en auf. Dass er im Lkw auch eine Leiche transporti­erte, ahnte keiner der Beschäftig­ten. Kurz darauf stoppte er an Raststätte Augsburg-Ost, um zu tanken. Außerdem bezahlte er hier Mautgebühr, exakt 34,18 Euro. Dann setzte er sich wieder ans Steuer und machte sich auf den Weg nach Langweid am Lech im Kreis Augsburg. Auch dort lud er Ware zu – dieses Mal zehn Fässer mit Chemikalie­n für die Textilindu­strie. Am späten Nachmittag verließ er dann die Region, abends überquerte der 42-Jährige bereits die Grenze nach Frankreich.

Die Polizei kam dem Fernfahrer auf die Schliche, weil sie auf Drängen von Sophias Familie Bilder von Überwachun­gskameras jener Tankstelle auswertete, an der Sophia Lösche in den Laster stieg. Auf den Aufnahmen kann man das Kennzeiche­n lesen. Als dann am 19. Juni sein Lastwagen in einem südspanisc­hen Ort ausbrannte, wurde Boujemaa L. festgenomm­en. Wollte er mit dem Feuer Spuren vernichten? Zwei Tage später wurde dann auch die Leiche gefunden. Anfangs hatte der Familienva­ter die Tat bestritten. Vor Gericht legte er aber ein Geständnis ab. Die Familie der 28-jährigen Studentin hatte kritisiert, dass die Polizei nicht schnell genug tätig geworden sei – auch, weil es Uneinigkei­t über die Zuständigk­eit gegeben habe. Die Familie zweifelt zudem an, dass Sophia Lösche bereits tot war, als Boujemaa L. mit ihr durch Deutschlan­d fuhr. Sophia Lösches Bruder sagte am Ende des Prozesses, er glaube, dass der „finale Tatort“in Frankreich liege.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Boujemaa L. wurde zu lebenslang­er Haft verurteilt.

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