Mitten in der Nacht fängt das Auto plötzlich Feuer
Serie Nur durch Zufall steht der Wagen nicht in der Garage von Familie Reiß in Hausen, sondern davor. Dennoch bangen alle um Haus und Hof
Die Freiwillige Feuerwehr ist eine besondere Einrichtung. Ehrenamtliche sperren Straßen, schneiden Autos auf, retten daraus Verletzte, löschen Brände. Wie vielen Vereinen fehlt auch der Feuerwehr der Nachwuchs. Am Sonntag, 22. September, findet zum ersten Mal ein schwabenweiter Feuerwehrtag statt. Auch die Feuerwehren im Kreis Dillingen beteiligen sich daran. In einer Serie stellen wir Menschen vor, die dankbar sind, dass es die Ehrenamtlichen gibt. Heute können sie darüber lachen; es gab ja durchaus komische Momente. Karl und Tanja Reiß sitzen zuhause am Tisch, Nachbar Armin Gentner ist zu Besuch. Sie kennen sich schon lange. Und ein Ereignis verbindet sie besonders. Alle drei hatten Anfang des Jahres mitten in der Nacht ein Hupen gehört. Alle drei hatten sich gedacht: „Ist nicht bei mir.“Alle drei wollten dann weiterschlafen. Doch für alle drei nahm die Nacht eine dramatische Wendung.
„Plötzlich stand meine Tochter im Schlafzimmer und schrie: ‚Papa, mein Auto brennt‘“, erinnert sich Karl Reiß. Der Familienvater war früher selbst bei der Feuerwehr aktiv. Seinen Wehrdienst hat er beim Katastrophenschutz in Dillingen abgeleistet. Er wusste sich also in der Nacht zu helfen, rannte hinaus und griff zum Gartenschlauch. „Nachbarn hatten da schon die Feuerwehr gerufen, die war wenige Minuten später da“, erinnert er sich. Der Kleinwagen der Tochter, ihr erstes eigenes Auto, stand da schon in lodernden Flammen. „Die Reifen waren geplatzt, die Scheiben geborsten, da war nichts mehr zur retten“, sagt Armin Gentner. Er ist nicht nur Nachbar, er ist auch Kommandant der Hausener Feuerwehr und war in der Nacht vor Ort im Einsatz. „Es hätte viel passieren können“, erinnert er sich. Auch er hatte das Hupen oder den Ton gehört und sich zuerst nichts dabei gedacht. Als das Signal aber nicht aufhörte, blickte er aus dem Fenster. „Ich sah die Flammen aus dem Auto herauslodern. Da habe ich mich angezogen, bin zum Feuerwehrhaus gefahren und habe die Kameraden, die dort schon eingetroffen sind, informiert“, erzählt er. Jeweils zehn Mann von der Hausener und der Dillinger Feuerwehr rückten aus. Tanja Reiß denkt an die dramatischen Minuten zurück. „Wenn das Eigentum brennt, wird einem Angst. Man ist ja völlig hilflos.“
Schnell sei allen Einsatzkräften klar gewesen: Das Auto ist nicht mehr zu retten. Also habe man darauf geachtet, dass das Feuer nicht auf das Haus oder die Hecke des Nachbarn übergriff. Mit dem Löschwasser aus dem 600-LiterTank ihres Fahrzeugs konnten die Kameraden sofort anfangen zu löschen – das war gut so, denn der Hydrant war weg. „Wir haben überall gesucht – bis wir gesehen haben, dass unser Wagen direkt draufsteht. Dann haben wir umgeparkt“, sagt Gentner. Klingt lustig, doch die Hydrantensuche sei eher die Regel als die Ausnahme. „Oft sind Hydranten zugeparkt, dabei ist das verboten. Im schlimmsten Fall muss die Feuerwehr dann den geparkten Wagen wegschieben. Und wenn die Stelle zugeschneit ist, tun wir uns auch schwer.“
Benzin, das aus dem Wagen auslief, heizte den Brand immer weiter an. Also kippten die Feuerwehrleute das Auto zur Seite und suchten mit Wärmebildkameras nach Glutnestern. Es dauerte keine Stunde, dann war alles vorbei. Dass heute nur noch ein dunkler Fleck in der Hofeinfahrt an die Brandnacht erinnert, hatte mit zwei Zufällen zu tun: Der Wagen stand nur ausnahmsweise vor der Garage. Und der Wind blies die Flammen vom Garagendach weg.
Am nächsten Tag stellt die Kriminalpolizei fest, dass ein technischer Defekt den Brand ausgelöst hatte. Vater und Tochter waren da schon wieder bei der Arbeit. Man hätte auch nichts mehr tun können. „Wir sind mit dem Schrecken davon gekommen. Wir hatten in der Nacht so viel Glück und Hilfe“, erinnert sich Karl Reiß inzwischen dankbar. Er selbst hat seine ganz eigene Lehre aus der Nacht gezogen. „Ich bin so schnell hinausgerannt – ich hatte gar keine Schuhe an“, erzählt er und lacht. „Es war eiskalt im Januar. Während ich gelöscht habe, hab ich dauernd gerufen ‚Werft mir Schuhe her‘.“Auf einem Bild sieht man Karl Reiß von hinten, wie er mit dem Gartenschlauch den Wagen löscht. Neben ihm sind deutlich zwei schwarze Punkte zu sehen. Das waren die Schuhe, die seine Ehefrau ihm zugeworfen hatte. Vor lauter Hektik zog er sie aber gar nicht an und fror deswegen bitterlich. „Das passiert mir nicht noch mal“, sagt er und lacht. „Wenn es wieder brennt, ziehe ich mir auf jeden Fall zuerst Schuhe an.“
» Mehr über die Aktion am kommenden Sonntag, 22. September, steht im Internet unter www.kfv-dillingen.de/schwabischerfeuerwehrtag-2019/