Schluss mit gemütlich
Wahl Fritz Keller wird am Freitag neuer DFB-Präsident. Nachdem seine Vorgänger allesamt unfreiwillig aus dem Amt schieden, steht der Winzer vor der schwierigsten aller Aufgaben: Vertrauen zurückzugewinnen
Frankfurt/Main Fritz Keller ist der einzige Kandidat für den seit April vakanten Posten als DFB-Präsident. Einmütig wie selten zeigten sich die Amateur- und Profivertreter des deutschen Fußballs bei der Nominierung des Freiburgers im August. Nach seiner Wahl zum Verbandschef am Freitag in Frankfurt warten auf den 62 Jahre alten Top-Winzer große Aufgaben. In diesem Jahrtausend schied nur einer von fünf DFBPräsidenten wie geplant aus dem Amt.
Wieso soll Fritz Keller neuer DFBChef werden?
Nach dem skandalumwitterten Rücktritt von Reinhard Grindel im April braucht der DFB eine Persönlichkeit, die den nächsten Neuanfang bei dem seit Jahren kriselnden Verband unvorbelastet gestalten kann. Keller erfüllt diese Vorgabe. Als Präsident des SC Freiburg kennt er das Fußball-Geschäft seit Jahren, ist aber in der Breisgauer Nische von den großen Konfliktherden wie dem Sommermärchen-Skandal unberührt geblieben. Der Tenor auf seine Nominierung war daher auch praktisch nur positiv. Von Uli Hoeneß bis Joachim Löw – alle finden Keller gut.
Wie lief die Kandidatenkür konkret?
Mithilfe einer Beratungsagentur entwickelte ein sechsköpfiges Spitzengremium von DFB und Deutscher Fußball Liga um Verbandsvize Rainer Koch und den damaligen Ligapräsidenten Reinhard Rauball zunächst ein Anforderungsprofil, das zu den erwarteten Strukturänderungen passt. Erst dann ging es auf die Kandidatensuche. Angeblich war Keller bei allen sechs Komitee-Mitgliedern erste Wahl. Spekulationen um den künftigen Bayern-Chef Herbert Hainer oder frühere Fußball-Größen von Matthias Sammer bis Rudi Völler als Optionen wies Koch zurück. Keller präsentierte sich im August den Vertretern der Profi-Klubs und den Landes- und Regionalchefs des DFB. Auch hier gab es keinen Widerspruch.
Wer wählt letztlich den DFB-Präsidenten?
Die Delegierten des DFB-Bundestages kommen am Freitag in Frankfurt zusammen. Stimmberechtigt sind neben den 44 Mitgliedern des Verbandsvorstandes und Ehrenpräsident Egidius Braun die Vertreter der 21 Landes- und fünf Regionalverbände des DFB. Die Verteilung der laut DFB-Homepage 140 Stimmen erfolgt nach der Größe der lokalen Einheiten. Die Vertreter der Profiklubs haben 74 Stimmen, zwei pro Verein, wobei der FC Bayern München als deutscher Meister und der 1. FC Köln als ZweitligaPrimus der Vorsaison je eine Stimme extra bekommen.
Welche Probleme muss Keller als erstes anpacken?
Über allem steht eine Verbesserung der Außendarstellung. In den vergangenen Jahren stand der DFB für Streit, Skandal oder Mauschelei. Intern scheint der Konflikt zwischen Amateurvertretern und Profiklubs bei diametral unterschiedlichen Interessen kaum lösbar. Ihn sachlich zu moderieren, wäre schon ein Qualitätsnachweis. Auf lange Sicht soll Keller den Verband zu einer funk36 tionierenden Dachorganisation machen – wirtschaftlich solide und moralisch integer.
Welche Befugnisse hat Keller?
Weniger als seine Vorgänger. Aber das kann gerade ein Vorteil sein. Die in den Statuten bislang geltende Richtlinienkompetenz entfällt. Gerhard Mayer-Vorfelder, Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und besonders zuletzt Grindel scheiterten unter anderem auch, weil sie zu viele Tätigkeitsfelder zur Chefsache machten. In den neuen Strukturen hat Keller die Wahl, ob er Mitglied im Präsidialausschuss des Verbandes sein will oder als Aufsichtsratschef die ausgegliederte GmbH überwacht, in der alle wirtschaftlichen Aktivitäten ablaufen. Zunächst versteht sich Keller, das hat er bereits angekündigt, als Führungskraft in den herkömmlichen Gremien. Perspektivisch will er aber die gesamte Führungsebene des Verbandes in eine Aufsichtsratsfunktion transformieren.
Was heißt das für die Nationalmannschaft?
Die explizite Verantwortung des Präsidenten für die Nationalmannschaft wird aus den Statuten gestrichen. Keller wird also nicht zum Chef von Bundestrainer Joachim Löw. Formal ist das künftig DFBDirektor Oliver Bierhoff, der wiederum dem Präsidialausschuss untersteht. Vor allem Niersbach und zuletzt auch Grindel mischten sich ständig in Belange der A-Auswahl ein.
Welche Rolle spielt Keller international?
Der DFB-Präsident vertritt den Verband laut Statuten in internationalen Angelegenheiten. Doch in die Gremien von Fifa und Uefa strebt Keller nicht. Aus gutem Grund. Grindel verzettelte sich als Chefkritiker von Fifa-Boss Gianni Infantino durch seine Ämter-Vielzahl. Kellers Stellvertreter Koch soll im März den vakanten Posten im Uefa-Exekutivkomitee einnehmen. Für einen Platz im Fifa-Council will Koch erst kandidieren, sobald dafür keine Kampfabstimmung gegen einen anderen Kandidaten nötig ist.