Warum so viele einen Oldtimer fahren wollen
Technik Immer mehr Menschen erliegen der Faszination historischer Automobile. Junge und ältere Augsburger erklären, was sie antreibt. Bei der Fuggerstadt Classic Rallye am Sonntag fahren Fahrzeuge mit, die Millionen kosten
Augsburg Philipp Hatzold war zwei Jahre alt, als er sein erstes Auto geschenkt bekam. „Mein Vater hat damals einen Mercedes Kombi W123 für mich aufgehoben, den ich später fahren sollte“, erzählt er. Heute ist Hatzold 21. Sein nunmehr 40 Jahre altes Nostalgiefahrzeug liebt er heiß und innig. Und mit seiner Begeisterung ist er nicht alleine. Immer mehr Autofahrer schaffen sich Oldtimer an. Woran liegt das?
Auch in Augsburg wächst die Fan-Gemeinde rasant. Davon kann man sich am Sonntag in der Innenstadt überzeugen. 120 spektakuläre Automobile werden am Sonntagmorgen zwischen 8 und 10 Uhr in der Maximilianstraße vorfahren. Dort ist Start und Ziel der „Fuggerstadt Classic“Oldtimerrallye. Die wertvollsten Autos, die beim Rennen mitfahren, seien bis zu neun Millionen Euro wert, sagt Veranstalter Fabian Lohr.
Er beobachtet, dass das Interesse am Augsburger Oldtimer-Event immer größer wird. Nicht nur die Zahl der Teilnehmer sei gestiegen: In diesem Jahr sind es dreimal so viele wie bei der Premiere 2014. Es kommen auch immer mehr Zuschauer. Im vergangenen Jahr seien es allein in der Innenstadt zwischen 10000 und 15000 Schaulustige gewesen. Entlang der Fahrstrecke durch die Stauden dürften es heuer noch wesentlich mehr sein.
Was steckt hinter diesem Trend? Die Antwort lautet: Wer einmal in einem Oldtimer mitfahren darf, kann die Faszination selbst erleben, die von solchen Autos ausgeht. Etwa, wenn man mit dem Augsburger Constantin Kummer in seinem „Barockengel“unterwegs ist – einem BMW 502 V8. Auf kleinen Straßen im Umland wird jede größere Kurve für den Fahrer zum Kraftakt, denn es gibt keine moderne Servolenkung. Auch Bremsmanöver muss er rechtzeitig einleiten, bis der Wagen mit seiner historischen Technik reagiert. Wunderschön sind die vielen alten Ausstattungsteile – angefangen von Fensterkurbeln bis hin zu chromblitzenden Stoßstangen. Und unwillkürlich fühlt man sich als Passagier wie ein Schauspieler in einem alten Film. Mit gutem Grund. Ein „Barockengel“war früher in der bekannten Fernsehserie „Isar 12“im Einsatz – damals als rasantes Polizeifahrzeug.
Constantin Kummer hat nicht nur eine Leidenschaft für historische Automobile aus bayerischer Produktion. Er ist auch im Vorstandsmitglied der Motorsport-Gemeinschaft Augsburg. Bei dem kleinen Oldtimer-Verein stellt man ebenfalls fest, dass die Fan-Gemeinde für solche Fahrzeuge größer wird. „Wir haben in unserer Halle und unseren Garagen eine Warteliste für Stellplätze“, sagt Kummer.
Das kann auch daran liegen, dass der Verein einen besonderen Service bietet. Mitglieder können ihre Oldies in der Vereinshalle nahe dem alten Gaswerk in Oberhausen selber instandhalten. Dort gibt es nicht nur die passenden Werkzeuge, sondern auch Hebebühnen für die Fahrzeuge. Kummer sagt, „ich bin ein Bastler“. Und deshalb sei es für ihn einfach schön, an alten Autos herumzuschrauben. Weil die Technik mechanisch funktioniert, seien Reparaturen in Eigenregie noch weitgehend möglich – anders als bei modernen elektronisch gesteuerten Fahrzeugen. Natürlich können und wollen nicht alle Liebhaber ihre Oldtimer selber reparieren.
Deshalb gibt es in spezialisierten Werkstätten einen wachsenden Kundenkreis in diesem Bereich. Philipp Hatzold ist Juniorchef bei Auto Senninger und sagt: „Wir haben zahlreiche Oldtimerkunden aus der Region und darüber hinaus.“Der 21-Jährige erzählt, dass in der heutigen Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker das Thema Oldtimer keine große Rolle spiele. Viele Autohersteller und Werkstätten hätten aber erkannt, dass sich damit gute Geschäfte machen lassen. Bei großen deutschen Konzernen wie Mercedes oder BMW bekomme man so gut wie alle Ersatzteile für Oldtimer dieser Marken. Bei anderen Fabrikaten, etwa Fiat, gebe es Firmen, die Teile für historische Modelle nachproduzieren.
In der Familie Hatzold wird das Wissen, wie man Oldtimer repariert, vom Vater an den Sohn weitergegeben. „Einiges habe ich mir auch selber angeeignet“, erzählt der 21-Jährige. Denn auch bei alten Automobilen gibt es Dinge, die aus seiner Sicht vom Fachmann erledigt werden sollten. Etwa, wenn es darum geht, Ventile, Zündung oder Vergaser richtig einzustellen.
Auf den Straßen in der Region sind besonders an schönen Wochenenden immer mehr Oldtimer unterwegs. Das hängt mit deutlich steigenden Zulassungszahlen zusammen. Bayernweit sind fast 53 000 historische Fahrzeuge angemeldet. In Augsburg haben 2029 Oldtimer das spezielle H-Kennzeichen. Das sind rund 70 Prozent mehr als vor fünf Jahren. Zusätzlich wurden von der städtischen Zulassungsstelle 24 rote Oldtimer-Kennzeichen ausgegeben, mit denen Eigentümer mehrere Fahrzeuge abwechselnd fahren können.
Verändert hat sich auch die Fangemeinde für Oldtimer. Es gab Zeiten, in denen galten solche Autos als ein klassisches Männerhobby. Bei Bernd Monz beispielsweise, einem Piloten der ersten Stunde bei der Fuggerstadt Classic, machte sich sein Faible für Autos schon im Kindergarten bemerkbar: „Laut Erzählung meiner Erzieherinnen hatte ich immer ein Autobuch dabei. Ein dickes Buch mit allen Autos drin. Ich konnte als Vierjähriger bereits alle Typen und Daten auswendig aufsagen. So ging das los.“
Rallye-Veranstalter Fabian Lohr sagt jedoch, Oldtimer seien zu einem Hobby für die ganze Familie geworden. Auch weibliche Fans nehmen zu. Beim Augsburger Rennen am Sonntag treten eigene Damenteams an. Es gibt auch einen eigenen Damenpreis. Und sogar bei jungen Leuten gelten alte Autos inzwischen als cool. Philipp Hatzold erklärt es so: „Es ist das Fahrgefühl, das man hat. Es löst Emotionen aus, die ein neues Auto nie bringen könnte.“
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Oldtimerrallye Bei der Fuggerstadt Classic am Sonntag, 29. September, treffen die Fahrzeuge zwischen 8 und 10 Uhr in der Augsburger Maximilianstraße ein. Um 10 Uhr ist offizielle Eröffnung und von 10.30 bis 12.30 Uhr Start der Fahrzeuge. Nach einer Rundfahrt durch die Stauden folgt die Zieleinfahrt von 15.30 bis 17 Uhr durch die Dominikanergasse. Ab etwa 17.30 Uhr ist Siegerehrung in der Maximilianstraße.