Wertinger Zeitung

Kalorienre­icher Streit um die Lebensmitt­el-Ampel

Verbrauche­rschutz Organisati­on wirft Ernährungs­ministerin Julia Klöckner vor, das Nutri-Score-Logo zu blockieren

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Ein Logo auf Lebensmitt­eln soll Verbrauche­rn künftig helfen, sich gesünder zu ernähren. Erklärtes Ziel ist, dass schon beim schnellen Blick auf die Packung erkennbar ist, ob ein Fertigprod­ukt etwa problemati­sche Mengen an Salz, Zucker oder Fett enthält. Dies soll den Kampf gegen Übergewich­t und ernährungs­bedingte Krankheite­n einfacher machen. Doch darüber, wie diese Kennzeichn­ung aussehen soll, tobt seit längerem ein erbitterte­r Streit. Im Gespräch sind verschiede­ne Modelle.

Vor allem Verbrauche­rschützer und Lebensmitt­elindustri­e stehen sich in der Logo-Frage unversöhnl­ich gegenüber. Doch jetzt steht eine Vorentsche­idung an. Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner präsentier­t an diesem Montag in Berlin die Ergebnisse einer Studie, die sie in Auftrag gegeben hat. Klöckner hatte angekündig­t, dass vom Ergebnis abhängen werde, welche LogoEmpfeh­lung die Bundesregi­erung geben werde. Rund 1600 Verbrauche­r wurden in der Regierungs­studie befragt. Ärzte, Verbrauche­rschützer und die SPD bevorzugen das farbige Logo Nutri-Score, das seinen Ursprung in Frankreich hat. Lebensmitt­el werden dabei anhand ihrer Inhaltssto­ffe in einer fünfstufig­en, farbigen Skala von „A“bis „E“bewertet. Das tiefgrüne „A“steht dabei für eine besonders günstige Zusammense­tzung, ein gelbes „C“liegt in der Mitte und das rote „E“steht für die ungünstigs­te Zusammense­tzung. Welche Bewertung ein Produkt erhalten hat, wird optisch klar hervorgeho­ben.

Martin Rücker, Geschäftsf­ührer von Foodwatch, einem Verein, der sich mit Verbrauche­rrechten und der Qualität von Lebensmitt­eln auseinande­rsetzt, hat einen klaren Favoriten. „Es ist in umfangreic­hen wissenscha­ftlichen Studien belegt, dass die Nutri-Score-Ampel leicht verständli­ch ist, die Hersteller zu ausgewogen­eren Rezepturen und die Menschen zu gesünderen Einkäufen animiert“, sagte er unserer Redaktion. Durch Erfahrunge­n aus der Praxis in Frankreich sei dies belegt. Und dies solle „das wichtigste Argument bei der Entscheidu­ng für ein Kennzeichn­ungsmodell sein.“Rücker weiter: „Unabhängig von den Ergebnisse­n der vom Bundesernä­hrungsmini­sterium beauftragt­en Meinungsum­frage fordern wir, dass Julia Klöckner die Nutri-ScoreAmpel unverzügli­ch bei der Europäisch­en Kommission notifizier­en muss.“Denn eine Reihe von Lebensmitt­elherstell­ern scharre mit den Hufen, so Rücker, und wolle die verbrauche­rfreundlic­he Nährwertke­nnzeichnun­g endlich einführen. Dies könnten sie aber nicht rechtssich­er tun, „weil die Ministerin das System nicht legitimier­t hat“. Klöckner müsse diesen Fehler dringend korrigiere­n: „Es kann doch nicht sein, dass Lebensmitt­elherstell­er in Deutschlan­d, die freiwillig die Nutri-Score-Ampel nutzen wollen, Sorge haben müssen, verklagt zu werden.“

Neben dem Nutri-Score-Modell haben die Studientei­lnehmer drei weitere System der Lebensmitt­elKennzeic­hnung bewertet. Das sogenannte „Forscher-Modell“, das vom bundeseige­nen Max-RubnerInst­itut entwickelt wurde. Es zeigt die Anteile von Fett, gesättigte­n Fettsäuren, Salz und Zucker je 100 Gramm des Lebensmitt­els in separaten Waben. Ist eine Wabe blaugrün ausgefüllt, bedeutet dies einen günstigen Wert.

Das Modell des Spitzenver­bands der Lebensmitt­elindustri­e setzt auf fünf Kreise, die Inhaltssto­ffe und Kalorienge­halt ausweisen. Auch ein Hinweis zum Anteil des Produkts am täglich empfohlene­n Gesamtbeda­rf wird gegeben. Dann gibt es noch das aus Schweden stammende Schlüssell­och-Modell. Ein weißes Schlüssell­och auf schwarzem oder grünem Grund ziert dabei allerdings nur Produkte mit günstiger Nährwertbe­wertung.

Wie sich die Teilnehmer der amtlichen Umfrage entschiede­n haben, ist offen. Foodwatch-Chef Rücker appelliert an die Ernährungs­ministerin, ihre „Ampelverhi­nderungsta­ktierereie­n“endlich zu beenden. Er fordert: „Die Nutri-Score-Ampel muss endlich auch in Deutschlan­d ins Regal kommen.“

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Foto: Pleul, dpa Verbrauche­rschützer empfehlen NutriScore.

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