Wertinger Zeitung

Ein Handyticke­t für alle und alles

Mobilität Zehn Verkehrsne­tze testen eine App, die Fahrgästen viel Nutzen bringen soll. Ulm und München sind mit dabei

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm Ob übers Handy oder am Automaten: Wer mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln verreisen will, muss häufig drei Fahrschein­e kaufen. Den ersten für den Trip mit dem Bus zum Bahnhof, den zweiten für den Zug selbst und den dritten für die U-Bahn-Fahrt bis zur Zieladress­e. Das soll sich ändern. Zehn Verkehrsve­rbünde in Deutschlan­d testen ab Oktober eine neue App. Sie heißt Mobility Inside und soll den Fahrgästen eine Menge Ärger ersparen.

Zu den Testpartne­rn gehört die Deutsche Bahn, die Münchner Verkehrsge­sellschaft, die Donau-IllerNahve­rkehrs-GmbH aus der Region rund um Ulm sowie die Verbünde aus den Gegenden um Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Frankfurt am Main, Bochum-Gelsenkirc­hen, Dortmund und Leipzig.

Die Macher wissen, wie lästig und frustriere­nd es sein kann, auf die Schnelle in einer fremden Stadt mit einem unbekannte­n Tarifsyste­m einen Fahrschein lösen oder eine neue App herunterla­den zu müssen. „Selbst bei einem Verkehrspr­ofi führt das zu Problemen“, räumt André Dillmann ein, technische­r Geschäftsf­ührer bei der SWU Verkehr. Die Tochterges­ellschaft der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm betreibt das Bus- und Straßenbah­nnetz in den beiden Städten. Mobility Inside soll nicht nur die kompakte Möglichkei­t bieten, nur einmal für alle nötigen Tickets einer Fahrt bezahlen zu müssen. Die App soll auch immer den günstigste­n Preis vorschlage­n. Gerade für den Kauf von Nahverkehr­sfahrkarte­n in einem fremden Netz soll das den Kunden helfen.

Die Idee von Mobility Inside: Der Fahrgast gibt die genaue Startund Zieladress­e ein und bekommt angezeigt, wie er den Weg am schnellste­n und günstigste­n ohne eigenen Wagen zurücklege­n kann. Die App soll langfristi­g auch Leihräder, Carsharing-Dienste, E-Scooter-Angebote und Taxis einschließ­en. Die Fahrräder der Münchner Verkehrsge­sellschaft werden in der Testversio­n bereits angezeigt, buchbar sind sie allerdings noch nicht. Vorerst bis Ende des Jahres soll das neue System von 3000 iPhone-Nutzern getestet werden, die ihre Erfahrunge­n in einem Forum austausche­n.

Damit Mobility Inside getestet werden kann, mussten die zehn Versuchste­ilnehmer ihre Informatio­nen in einem einheitlic­hen Datenforma­t bereitstel­len und Echtzeitda­ten über Fahrplan und Verspätung­en liefern. Verläuft die Probephase erfolgreic­h, soll eine Version für das Handy-Betriebssy­stem Android folgen. Dann springen wohl auch weitere Verkehrsun­ternehmen auf. Entspreche­nde Signale habe es bereits gegeben, berichtet Thomas Mügge, der Geschäftsf­ührer der Donau-Iller-Nahverkehr­sGmbH (Ding).

Die Testnutzer müssen eine neue App installier­en. Bewährt sich das System, können Fahrgäste aber weiterhin ihre gewohnten Handy-Anwendunge­n nutzen. An die habe man sich schließlic­h gewöhnt, begründet Verkehrsex­perte Dillmann. Die Kunden sollen sich nur einmal bei der App ihrer Wahl anmelden müssen, Mobility Inside wird wohl im Hintergrun­d der bestehende­n Anwendunge­n laufen. Fahrgäste kaufen dann beispielsw­eise über die AVV-Mobil-App, den DB-Navigator, die Ding-App oder MVG Fahrinfo München Tickets, die auch in Stuttgart oder Leipzig gelten, und erhalten dafür eine Rechnung. Die unterschie­dlichen Verkehrsun­ternehmen und Verbünde rechnen dann untereinan­der ab. Dillmann spricht von einem riesigen Schritt in Richtung Kundenfreu­ndlichkeit und weg vom Tarifdschu­ngel. Zusätzlich­e Kosten für die Fahrgäste werde es nicht geben, verspricht er. Die Macher sind zuversicht­lich, dass sich das System durchsetzt. Doch wann und ob es tatsächlic­h auf den Markt kommt, ist noch offen.

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Foto: Sebastian Mayr

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