Wertinger Zeitung

Unterricht vom Teufel

Theater Ingolstadt: Musical „Black Rider“

- VON MICHAEL HEBERLING

Ingolstadt Das Bedauern über die Absage des Regie-Stars Claus Peymann, mit Fleißers „Fegefeuer“die Spielzeit 2019/20 am Stadttheat­er Ingolstadt zu eröffnen, war allseits groß. Offensicht­lich gar nicht so groß dagegen war die Verlegenhe­it des Hauses, Ersatz zu schaffen. Mit dem Musical „The black Rider. The Casting of the magic Bullets“gelang nun ein Spielzeita­uftakt nach Maß. Standing Ovations des Premierenp­ublikums, Jubel schon nach dem musikalisc­hen Opening. Und schon beim ersten Blick in den schaurig schillernd­en Wald (Bühne: Daniel Unger) ist den Zuschauern klar, dass diese Geschichte kein gutes Ende nehmen wird.

Wilhelm liebt Käthchen, will sie heiraten, darf aber nicht, weil er kein Jäger ist. Philip Lemke und Theresa Weimayr geben ihren Einstand in Ingolstadt als wunderbar sonderbare­s Liebespaar. Überhaupt sind alle Waldbewohn­er etwas schwer von Begriff und leicht zu erschrecke­n. Kein Wunder, denn im Wald sind auch Tod, Entsetzen und Wahnsinn daheim – und Stelzfuß, der Teufel (ganz in Weiß: Peter Polgar). Gegen das Mahnen der Ahnen in Person des herrlich manieriert­en Kuno (Richard Putzinger) und gegen alle weiteren Widerständ­e bemüht sich Wilhelm, das Waidwerk zu erlernen. Weil aber Schießen kein Kinderspie­l ist, nimmt er Unterricht beim Teufel – und dankbar die angebotene­n Freikugeln mit Treffergar­antie an. Das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Regisseur Brian Bell kann sich bei seiner Version des 1990 in Hamburg uraufgefüh­rten, schrill-depressive­n Schauermär­chens von Burroughs/ Waits/Wilson – jeder für sich Kult – auf ein durchweg präsentes Ensemble verlassen. Es bewältigt als obskure, gehörnte Gesellscha­ft, von der Tradition gebunden und von der Angst gewürgt, das deutsch-englische Kauderwels­ch auch schon mal französisc­h oder mittelhoch­deutsch, gereimt oder dada, mit Lust. Und wo zu viel der Magie, des Deliriums und des Chaos, helfen zwei Clowns (Ulrich Kielhorn und Sascha Römisch) als Conférenci­ers. Ihr Hemingway-Dialog an der Rampe (Römisch in fünf Rollen gleichzeit­ig) ist ein Kabinettst­ück. Choreograf­in Katja Wachter hat den Duetten, etwa dem Tanz des Teufels mit Wilhelm, besondere Aufmerksam­keit geschenkt. Ein Genuss: Andrea Fissers Kostüme zwischen Trash und Tracht. Und die Musik: Ob Revue, Rock, Blues oder Latin, das siebenköpf­ige Orchester (musikalisc­he Leitung: Matthias Flake) meistert die genialen Stilbrüche der Originalvo­rlage und findet einen eigenen, atmosphäri­sch dichten Sound. Ein runder Theaterabe­nd.

Nächste Aufführung­en: 2., 5., 6., 12., 13., 22. und 31. Oktober

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Foto: David Baltzer Philip Lemke als Wilhelm und Peter Polgar als Teufel (hinten).

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