Unterricht vom Teufel
Theater Ingolstadt: Musical „Black Rider“
Ingolstadt Das Bedauern über die Absage des Regie-Stars Claus Peymann, mit Fleißers „Fegefeuer“die Spielzeit 2019/20 am Stadttheater Ingolstadt zu eröffnen, war allseits groß. Offensichtlich gar nicht so groß dagegen war die Verlegenheit des Hauses, Ersatz zu schaffen. Mit dem Musical „The black Rider. The Casting of the magic Bullets“gelang nun ein Spielzeitauftakt nach Maß. Standing Ovations des Premierenpublikums, Jubel schon nach dem musikalischen Opening. Und schon beim ersten Blick in den schaurig schillernden Wald (Bühne: Daniel Unger) ist den Zuschauern klar, dass diese Geschichte kein gutes Ende nehmen wird.
Wilhelm liebt Käthchen, will sie heiraten, darf aber nicht, weil er kein Jäger ist. Philip Lemke und Theresa Weimayr geben ihren Einstand in Ingolstadt als wunderbar sonderbares Liebespaar. Überhaupt sind alle Waldbewohner etwas schwer von Begriff und leicht zu erschrecken. Kein Wunder, denn im Wald sind auch Tod, Entsetzen und Wahnsinn daheim – und Stelzfuß, der Teufel (ganz in Weiß: Peter Polgar). Gegen das Mahnen der Ahnen in Person des herrlich manierierten Kuno (Richard Putzinger) und gegen alle weiteren Widerstände bemüht sich Wilhelm, das Waidwerk zu erlernen. Weil aber Schießen kein Kinderspiel ist, nimmt er Unterricht beim Teufel – und dankbar die angebotenen Freikugeln mit Treffergarantie an. Das Schicksal nimmt seinen Lauf.
Regisseur Brian Bell kann sich bei seiner Version des 1990 in Hamburg uraufgeführten, schrill-depressiven Schauermärchens von Burroughs/ Waits/Wilson – jeder für sich Kult – auf ein durchweg präsentes Ensemble verlassen. Es bewältigt als obskure, gehörnte Gesellschaft, von der Tradition gebunden und von der Angst gewürgt, das deutsch-englische Kauderwelsch auch schon mal französisch oder mittelhochdeutsch, gereimt oder dada, mit Lust. Und wo zu viel der Magie, des Deliriums und des Chaos, helfen zwei Clowns (Ulrich Kielhorn und Sascha Römisch) als Conférenciers. Ihr Hemingway-Dialog an der Rampe (Römisch in fünf Rollen gleichzeitig) ist ein Kabinettstück. Choreografin Katja Wachter hat den Duetten, etwa dem Tanz des Teufels mit Wilhelm, besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Genuss: Andrea Fissers Kostüme zwischen Trash und Tracht. Und die Musik: Ob Revue, Rock, Blues oder Latin, das siebenköpfige Orchester (musikalische Leitung: Matthias Flake) meistert die genialen Stilbrüche der Originalvorlage und findet einen eigenen, atmosphärisch dichten Sound. Ein runder Theaterabend.
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Nächste Aufführungen: 2., 5., 6., 12., 13., 22. und 31. Oktober