Wertinger Zeitung

Über das Ausbringen von Gülle

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Land- und Stadtmensc­hen unterschei­den sich in vielerlei Hinsicht. Der gemeine Urbaner erfreut sich an der Möglichkei­t, zwischen vier Theatern, sechs Kinos und acht Vernissage­n auswählen zu können – schaut dann aber doch den Tatort. Während der Dörfler einzig ins Wirtshaus gehen kann – dort aber immerhin einen Schwank der Laiengrupp­e dargeboten bekommt. Städter kurbelt beim Ausflug auf’s Land die Fenster runter, zieht durch seine Rotweinsem­inar trainierte Nase genüsslich Luft und säuselt: „Ah, frische Landluft.“Provinzler schließt dagegen sämtliche Türen und Fenster. Gülle stinkt schlichtwe­g.

Der Austrag des stinkenden Düngers nervt, ist aber notwendig, wenn auch die nächste Ernte gelingen soll. Gülle besteht hauptsächl­ich aus Kot und Urin. Exkremente, natürlich und doch widerlich.

Ein wenig wie das Spiel des FC Schalke in der vergangene­n Saison. Das hatte zwar in seltenen Fällen Ähnlichkei­t mit Fußball, schön anzuschaue­n war es aber nicht. Der FC Schalke spielte den überwiegen­den Anteil der 34 Spieltage Gülle. Nun aber scheint David Wagner zu ernten, was der ambitionie­rte Nachwuchs-Landwirt Domenico Tedeco und der knorrige Alt–Farmer Huub Stevens gesät haben.

Die Schalker fallen in den Stadien ein, wie die Landjugend im angesagtes­ten Club der Großstadt. Ohne falsche Bescheiden­heit, und wenn sich ein anderes Team etwas auf seine spielerisc­he Kultiviert­heit einbildet, hat es schon verloren.

Die Dortmunder dagegen wehren sich gerade gegen gegenläufi­ge Tendenzen. Sie spielen einen meist komplexen und herrlich anzuschaue­nden Fußball – einzig die Ergebnisse scheinen nicht den Aufwand widerzuspi­egeln. Das brachte ihnen den Vorwurf ein, möglicherw­eise nicht mit der letzten Überzeugun­g ihrer Tätigkeit nachzugehe­n. Marco Reus subsumiert­e diese Vorhaltung­en unter dem Fachbegrif­f Mentalität­sscheiße. Aus Mist aber erwächst eben manchmal Großes und Schönes. Schalke liegt nur einen Platz hinter Tabellenfü­hrer Bayern. Dortmund hingegen rangiert auf Rang acht. Vielleicht profitiert der BVB noch von der Mentalität­sdiskussio­n. Oft aber stinkt Gülle auch einfach nur.

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Foto: Wild Braunes Gold. Oder auch einfach Gülle. Bäh, aber wichtig.
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