Patrizia hat Ärger mit der Stiftung Warentest
Geldanlage Zwei Immobilienfonds für Privatanleger schneiden in einer Bewertung nur mit ausreichend ab. Außerdem drohte die Firma den Testern mit rechtlichen Schritten. Das Augsburger Unternehmen wehrt sich gegen die Kritik
Augsburg Die Zinsen sind im Keller, vielen Privatanlegern erscheinen Immobilien da als attraktive Alternative. Wer nicht selbst gleich eine Wohnung kaufen will, kann in Immobilienfonds investieren. Die Stiftung Warentest hat kürzlich sechs geschlossene Immobilienfonds genauer untersucht – darunter zwei des Augsburger Immobilienspezialisten Patrizia. Alle sechs Fonds bekamen von den Testern aber nur mäßige Noten, auch die PatriziaProdukte. Generell stellte die Stiftung Warentest fest, dass sich die Anbieter ungern in die Karten schauen lassen. Patrizia habe gar einen Anwalt beauftragt, „der rechtliche Schritte androhte“. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse in der Zeitschrift Finanztest. Doch Patrizia wehrt sich.
Geschlossene Immobilienfonds zeichnen sich dadurch aus, dass sie meist in bestimmte Gebäude investieren. Zudem wird der Fonds geschlossen, wenn sich hinreichend Anleger beteiligt haben. Die Anteile können dann häufig nur schwer weiter verkauft werden.
Im Qualitätsurteil der Warentester bekamen nur zwei Fonds die Note „befriedigend“, die anderen vier die Note „ausreichend“. Die beiden Patrizia-Fonds belegten mit den Plätzen 5 und 6 das Ende der Tabelle. Es handelte sich um einen Fonds für ein Büro-, Hotel- und Geschäftsgebäude in Berlin. Und um einen Fonds für ein Einkaufszentrum in Hofheim am Taunus. Warum die schlechten Noten?
Zum einen, erklärt Projektleiter Stefan Hüllen, sei der Informationsgehalt der „wesentlichen Anlegerinformationen“gering. Dabei handelt es sich um einen Prospekt, der für die Anleger die wichtigsten Infos auf drei Seiten zusammenfasst. Zudem hat die Tester die Rendite im Vergleich zu Kosten und Risiko nicht überzeugt. Die Stiftung Warentest errechnete für beide Patrizia-Fonds eine Rendite von 3,7 Prozent.
Warum aber drohte gar Patrizia mit rechtlichen Schritten? Projektleiter Hüllen erklärte, dass die Tester bei allen Anbietern um eine Kopie von Expertengutachten gebeten hatten, die für die Genehmigung eines Fonds nötig sind. Diese Dokumente bewerten die Immobilien und sind normalerweise nicht öffentlich. „Wir hatten eine ähnliche Studie schon einmal gemacht, früher war es einfacher, die Gutachten zu bekommen“, sagt Hüllen. Im Falle Patrizia schildert Hüllen den Vorgang so: Stiftung Warentest habe die Firma um eine Kopie der Wertgutachten gebeten. Das habe Patrizia abgelehnt, aber angeboten, die Tester könnten in einer Niederlassung in die Unterlagen Einblick nehmen. Im Anschluss habe Patrizia mit rechtlichen Schritten gedroht, sollten die Stiftung Warentest die Fonds schlecht bewerten, weil die Gutachten den Testern nicht als Kopie zugeschickt wurden. Begründung: Patrizia habe ja Einblick in die Gutachten angeboten.
Nach einigem Hin und Her sei die Stiftung Warentest schließlich auf das Angebot eingegangen, sagt Hüllen: Die Tester hätten eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben. Schließlich durften sie in einem Büro in Berlin die Gutachten sehen und Notizen machen, die sie später zum Beispiel für die Berechnung der Rendite verwenden konnten. Hüllen berichtet aber auch, dass andere Anbieter noch rigider waren: „Einige hatten den Einblick von Anfang an verweigert.“
Die betroffenen Fonds-Anbieter haben sich über die Berichterstattung der Stiftung Warentest geärgert, berichtet die Immobilien Zeitung. Darunter Patrizia. „Es gibt heute ein breites, sehr striktes Genehmigungsverfahren für die Fonds“, sagt Andreas Heibrock, Geschäftsführer von Patrizia Grundinvest. Seit der Einführung des Kapitalanlagegesetzbuchs 2013 werden neue Fonds von der Aufsichtsbehörde Bafin strikt kontrolliert. „Den unregulierten grauen Kapitalmarkt wie früher gibt es in unserem Bereich nicht mehr.“Es sei ein verzerrtes Bild, zu suggerieren, dass die Risiken der ehemaligen geschlossenen Fonds auf die heutige regulierte Welt übertragbar seien.
Heibrock wundert sich zudem über die schlechten Noten für die Patrizia-Fonds. Er kann sich nicht erklären, wie die Stiftung Warentest auf eine Rendite von nur 3,7 Prozent komme. Patrizia selbst rechnet bei den beidem Fonds mit 4 beziehungsweise 4,5 Prozent. „Mittlerweile managen wir zehn Publikumsfonds und haben in den allermeisten Fällen mehr ausschütten können als nach Plan. Unsere Anleger haben in diesem Jahr durchschnittliche Auszahlungen von 4,8 Prozent erhalten. Es ist schade, wenn man diese Leistung nicht anerkennt.“
Patrizia würde zudem vorsichtig kalkulieren. Ein Beispiel: Patrizia gehe am Ende der Laufzeit von beispielsweise zehn Jahren von einer Rückzahlung von 100 Prozent des eingesetzten Kapitals aus. „Wenn wir die Immobilie am Ende der Laufzeit teurer verkaufen können, was keine Seltenheit ist, kann es auch zu Rückzahlungen von mehr als 100 Prozent kommen – unser Motto: Lieber nicht so viel in AusDie sicht stellen und am Ende positiv überraschen“, sagt er. Was die wesentlichen Anlegerinformationen betrifft, sagt Heibrock, dass der Gesetzgeber genaue Vorgaben über den Inhalt macht und Patrizia diese selbstverständlich erfüllt hat.
Noch mehr ärgere ihn, dass die Stiftung Warentest „persönliche Meinungsverschiedenheiten“im Artikel verwendet habe, wie er sagt. Er spielt dabei auf die Schärfe im Artikel an und schildert die Korrespondenz so: „Innerhalb von wenigen Tagen hat die Stiftung Warentest alle Dokumente bekommen, die sie in ihrer Anfrage für den Test angefordert hatte – bis auf Dokumente, die der Vertraulichkeit unterliegen, wie die Wertgutachten“, versichert Heibrock. Patrizia habe aber der Stiftung Warentest von Anfang an Einblick in die Gutachten angeboten, auch an deren Sitz in Berlin. Diese hätten die Tester aber zuerst abgelehnt.
Die Stiftung Warentest habe dann eine erste Auswertung geschickt. Darin habe es geheißen, dass keine Wertgutachten vorhanden seien. Daraufhin habe Patrizia deutlich gemacht, dass das Unternehmen dies nicht akzeptieren könne, insbesondere auch deshalb, weil der Gesetzgeber derartige Wertgutachten vorschreibt. Abermals habe man aber der Stiftung Warentest einen Einblick in die Unterlagen angeboten. Weitere Diskussionen mit der Stiftung Warentest zogen das Verfahren in die Länge. „So kam der irrwitzig lange Zeitraum zustande.“
Am Ende unterschrieben die Tester die besagte Verschwiegenheitserklärung und nahmen Einblick in die Unterlagen. „Jede Verschwiegenheitserklärung beinhaltet auch eine Vertragsstrafe, falls man später dagegen verstößt, das ist absolut üblich“, sagt Heibrock. „Auch üblich ist, dass bei einer Einsichtnahme keine Vervielfältigung der Unterlagen erfolgen darf. Somit ist beispielsweise die Mitnahme von Handys nicht möglich“, ergänzt der Patrizia-Manager.
Was aber ist von den Produkten selbst zu halten?
Die Stiftung Warentest steht geschlossenen Immobilienfonds kritisch gegenüber. „Wir stufen geschlossene Immobilienfonds als riskant ein“, sagt Projektleiter Hüllen. Mit dem Kapitalanlagegesetzbuch habe sich zwar seit 2013 viel gebessert und die Auflagen für die Anbieter seien schärfer geworden. Da die meisten Fonds aber zum Beispiel eine Mindestanlage von 10 000 Euro fordern, müsse man einen größeren Vermögensstock besitzen, um in geschlossene Immobilienfonds einsteigen zu können.
Diese Aussage teilt auch Patrizia: „Unsere Zielgruppe sind vermögende Privatanleger, auch Stiftungen und private Vermögensverwaltungen, nicht die Breite der Bevölkerung“, sagt Heibrock. Für ihn ist es deshalb unverhältnismäßig, wenn Finanztest den Eindruck erwecke, man müsse jeden Anleger vor den Produkten warnen. „Ja, es ist eine unternehmerische Beteiligung – aber alles ist transparent und wir bieten jährliche Auszahlungen von 4 bis 5 Prozent, was für unsere Zielgruppe, die üblicherweise bereits Minuszinsen auf ihre Guthaben zahlt, sehr attraktiv ist“, sagt er.
Patrizia erlebt eine große Nachfrage nach den Fonds. Das gilt auch für die beiden in Finanztest nur mit ausreichend bewerteten Produkte: „Die Nachfrage wurde von dem Artikel nicht beeinflusst“, sagt Heibrock. „Im Gegenteil, beide Fonds sind heute vollständig verkauft.
Finanztest bleibt dagegen vorsichtig bei dieser Art der Produkte: Eine Rendite von 3 bis 4 Prozent sei im Vergleich zu Tagesgeldzinsen hoch, allerdings sei das Risiko höher – zum Beispiel, wenn die Immobilien schlechter vermietet werden als erwartet. „Wir empfehlen deshalb, nur einen geringen Teil des Vermögens zu investieren“, sagt Hüllen.