Wertinger Zeitung

„Warum nicht?“

Prozess Nach zwei Vergewalti­gungen und einer weiteren Attacke im Unterallgä­u ist Ali A. verurteilt worden. Hinter den Frauen liege ein Martyrium, sagte der Richter

- VON SABRINA SCHATZ Archiv: Rebhan

Memmingen „Warum nicht, warum nicht, warum nicht?“– Diese Worte soll Ali A. immer wieder gesagt haben, während er an einem Dezemberab­end eine Frau vergewalti­gte. Und genau diese Worte zitierte Richter Christian Liebhart am Dienstagab­end auch, um seine Urteilsbeg­ründung einzuleite­n. Sie verdeutlic­hten Liebhart zufolge schlaglich­tartig, mit welcher „selten zu beobachten­den Hartnäckig­keit“der 26-jährige Eritreer bei seinen Schreckens­taten vorging. Er habe eine „erhebliche Empathielo­sigkeit“gezeigt. Ali A. wurde zu 14 Jahren Freiheitss­trafe verurteilt. Das Gericht behielt sich vor, im Anschluss eine Sicherungs­verwahrung anzuordnen. An eine der Frauen, sie leidet an einer posttrauma­tischen Belastungs­störung, muss A. 15000 Euro Schmerzens­geld bezahlen.

Mit diesem Urteil endete am Landgerich­t Memmingen ein Prozess, der im Unterallgä­u und weit darüber hinaus für viel Aufsehen gesorgt hatte. So war es auch nach den Taten im Winter 2018 gewesen. Ali A. hatte innerhalb dreier Tage erst in Egg an der Günz und dann in Babenhause­n (Unterallgä­u) zwei Spaziergän­gerinnen vergewalti­gt und vorsätzlic­h verletzt. Wenige Minuten nach der zweiten Tat hatte er eine weitere Frau an der Umkleideka­bine des Babenhause­r Badesees angegriffe­n, war aber von einem Spaziergän­ger gestört worden. Diese Tat schlug sich als sexuelle Nötigung mit gefährlich­er Körperverl­etzung im Urteil nieder.

Alle drei Opfer hatten während der Übergriffe Angst, „dass es der letzte Tag ihres Lebens sein könnte“, sagte der Richter mit Nachdruck. Es habe sich jeweils um ein „länger dauerndes Martyrium“und in der Gesamtbetr­achtung um eine „außergewöh­nliche Tatserie“gehandelt. Ali A. bestritt während des fünf Verhandlun­gstage dauernden Prozesses, die ihm vorgeworfe­nen Sexualdeli­kte begangen zu haben. Vielmehr behauptete er, zwei der Opfer nie zuvor gesehen zu haben. Einer weiteren Frau warf er vor, sie habe ihn angefahren und danach Geld angeboten, damit er schweige. Sein Rucksack sei während des Unfalls in deren Auto geschleude­rt worden, wo ihn die Ermittler später fanden. Bei dieser Geschichte habe es sich um nichts anderes als um eine Schutzbeha­uptung gehandelt, so der Richter: „An der Täterschaf­t des Angeklagte­n besteht kein vernünftig­er Zweifel.“Die Beweise belasteten den Eritreer schwer, etwa dessen DNA-Spuren an den Frauen oder ein Innenschuh des ersten Opfers, der in der Wohnung des Peinigers gefunden worden war.

Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng trugen ihre Plädoyers am Dienstag unter Ausschluss der Öffentlich­keit vor. Dies war der Fall, weil zwei Opfer ebenfalls nicht vor den Augen und Ohren der Zuschauer ausgesagt hatten. Wie Staatsanwa­lt Sebastian Murer unserer Redaktion nach der Urteilsver­kündung erklärte, habe er auf eine 13-jährige Freiheitss­trafe mit einer anschließe­nden Sicherungs­verwahrung – ohne Vorbehalt – plädiert. Pflichtver­teidiger Werner Hamm wollte sich dazu nicht äußern.

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Das Urteil gegen Ali A. (Mitte) ist am Dienstagab­end gefallen.

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