So schlägt sich das neue iPhone 11
Neuheit Angenehmere Bedienung, schärferes Display, bessere Kamera, längere Akkulaufzeit: Apple hat sein Smartphone in allen Bereichen verbessert. Doch reicht das gegen die starke Konkurrenz? Ein intensiver Praxis-Test
Es sind nur 0,4 Millimeter, die aber eine grundlegende Trendwende signalisieren. Das neue iPhone 11 Pro ist tatsächlich einen Hauch dicker geworden (8,1 mm statt 7,7 mm). Die Jahre zuvor hatte Designchef Jony Ive streng darauf geachtet, die Apple-Smartphones stets schlanker zu gestalten.
Der kleine Unterschied sorgt nun dafür, dass in der neuen iPhone-Generation größere Akkus verbaut werden können. So steckt im Modell iPhone 11 Pro Max ein Akku mit 3969 mAh und 3,79 Volt für 15 Wattstunden. Nie zuvor hat Apple so eine große Batterie in seinen Smartphones verbaut. Auch im Standardmodell iPhone 11 steht ein wenig mehr Platz für den Akku zur Verfügung.
Zu der neuen Platzfülle im iPhone 11 hat auch der Verzicht auf die spezielle 3D-Touch-Schicht im Display beigetragen. Mit 3D Touch konnte man seit dem iPhone 6S mit einem kräftigen Fingerdruck auf ein Symbol bestimmte Funktionen einer App auswählen, etwa den SelfieModus der Kamera. Die iPhone11-Modelle bieten stattdessen nun „Haptic Touch“: Die Funktionen lassen sich mit einem langen Druck aufrufen. Es spielt dabei keine Rolle mehr, wie kräftig man auf das Display drückt.
Die Auswirkungen dieser beiden Design-Entscheidungen – größeres Gehäuse und Verzicht auf 3D Touch – spürt man im Praxistest deutlich. Alle drei neuen iPhone-Modelle – das iPhone 11, das iPhone 11 Pro und das iPhone 11 Pro Max – halten deutlich länger durch. Bei einem Laufzeittest mit dem Autorennspiel Asphalt 8 machte das iPhone 11 im Dauerbetrieb erst nach über elf Stunden schlapp, das 11 Pro hielt sogar über zwölf Stunden lang durch. Zum Vergleich: Bei den iPhones XR und XS war der Akku bereits nach weniger als acht Stunden leer.
Zur längeren Akku-Laufzeit trägt nach Angaben von Apple auch der Chip A13 Bionic bei, der nun alle neuen iPhone-Modelle antreibt. Dabei hat der neue Hauptchip beim Tempo im Vergleich zum bisher verwendeten A12-Prozessor nochmals zugelegt.
In den Benchmarktests erscheinen Werte, die um bis zu 25 Prozent über denen des Vorgängers liegen. Im Alltag fällt das aber kaum auf, auch weil die iPhone-Vorjahresmodelle bei gewöhnlichen Aufgaben sehr flott agieren.
Auffälliger sind die Änderungen bei den Kameras. In allen drei Modellen steckt nun eine zusätzliche Ultra-Weitwinkel-Kamera mit einer Brennweite von 13 Millimetern (Blende f/2,4), ähnlich wie bei den Spitzenmodellen von Samsung und Huawei. Dazu kommt das normale Weitwinkel (26 Millimeter, Blende f/1,8). Ein Tele-Objektiv mit einer Brennweite von 52 mm findet man nur in den beiden Pro-Modellen. Es ist mit einer größeren Blende f2 deutlich lichtstärker als das Tele im Vorgängermodell iPhone XS.
Mit dem Weitwinkel und Tele kann man bei wenig Licht mit einem Nachtmodus arbeiten, der spektakuläre Fotos in halbwegs natürlichen Farben erzeugt. Der Modus hellt die Bilder spürbar auf, ohne dabei zu übertreiben.
Mussten sich die Vorgängermodelle iPhone XS und iPhone XR noch Konkurrenten wie dem Pixel 3 von Google bei schwachem Licht klar geschlagen geben, so setzen sich die neuen iPhone-11-Modelle wieder an die Spitze. Der Nachtmodus wird bei wenig Umgebungslicht automatisch aktiviert und arbeitet mit einer Mischung aus einem besseren Bildsensor, längeren Belichtungszeiten und Mehrfachaufnahmen, die von der Kamera-Software in einem Foto vereint werden. Der Nachtmodus kann auch ausgeschaltet oder auf Belichtungen bis 30 Sekunden verlängert werden. Für die längeren Zeiten über zehn Sekunden benötigt man dann aber ein Stativ.
Bei Tageslicht fallen die Testaufnahmen extrem scharf und detailreich aus und zeigen kräftige Farben, die aber immer noch natürlich erscheinen. Da die Kameras bereits in der Fabrik kalibriert werden, kann man bei den unterschiedlichen Objektiven keine Farb- und Helligkeitssprünge beim Zoomen sehen. Zur makellosen Qualität der Fotos trägt auch das geringe Farbrauschen bei.
Verbessert wurde auch die SelfieKamera, obwohl diese leider nicht den Nachtmodus der Hauptkamera unterstützt. Sie nimmt nun mit zwölf Megapixeln statt bislang sieben Megapixeln auf. Hält man das iPhone beim Selfie 11 quer, zoomt die Kamera in einen Weitwinkelbereich, sodass größere Gruppen auf das Selfie passen. Die bessere SelfieKamera ist auch dafür verantwortlich, dass die Gesichtserkennung Face ID schneller anspringt, um das iPhone zu entsperren oder Transaktionen freizugeben.
Eher ein Gimmick ist die „Slowfie“-Funktion, mit der man Selfies als Zeitlupenvideos aufnehmen kann. Die Qualität der Videos
Im Inneren werkelt ein noch schnellerer Chip
Neue Funktion für Selfie-Fans
mit der Hauptkamera stößt dagegen immer weiter in den Profibereich vor. 4K-Videos können nun mit bis zu 60 Frames pro Sekunde aufgenommen werden.
Der exzellente Eindruck, den die Kameras hinterlassen, wird nur durch die Tatsache getrübt, dass die Software nicht durchgängig in der von Apple sonst gelieferten Stabilität läuft. Ein Software-Update wird die Macken hoffentlich bald ausbügeln.
Letzte Frage: Wodurch unterscheidet sich das günstigere iPhone 11 von den beiden über 1000 Euro teuren Pro-Modellen? Der auffälligste Unterschied ist die Hauptkamera (zwei Objektive beim iPhone 11, drei Objektive beim iPhone Pro). Auch die Displays unterscheiden sich. Beim iPhone 11 hat Apple wie beim Vorgänger XR ein 6,1-Zoll-Display mit LCD-Technik verbaut, das rundum überzeugt. Die OLED-Bildschirme der beiden ProModelle (5,8 Zoll beim Pro beziehungsweise 6,5 Zoll beim Pro Max) wurden dagegen noch einmal überarbeitet. Christoph Dernbach, dpa