Wertinger Zeitung

Anfänge und Reifeproze­sse

Kunst Claudia Reining-Hopp stellt ab kommenden Sonntag im Schloss Wertingen aus. Die Glaskünstl­erin geht den Fragen des Lebens nach, vom Werden bis zum Vergehen

- VON HERTHA STAUCH

Wertingen Es gibt da ein Bild, das sie schon lange Zeit begleitet: „The tree of us“. Der Same, der keimt, aus dem ein Baum wächst. Der Baum, der austreibt und Früchte trägt. Die Samen der Früchte, die wieder in die Erde fallen und erneut keimen. Schon im Jahr 1974 ist dieses Bild im Kopf von Claudia Reining-Hopp entstanden. Es wurde Thema in ihrem Gesellenbu­ch und hängt heute als Glasbild in ihrem Atelier. Reifen und wachsen, sterben und wieder werden –dieser Prozess hat die Wertinger Glaskünstl­erin schon immer fasziniert. Jetzt, im Alter von 60 Jahren fängt sie an, nachzudenk­en über die Zyklen des Lebens. „Man fragt sich: Was hast du erreicht, wie geht es weiter, was kommt noch groß?“Die Künstlerin geht diesen Fragen in ihrer Ausstellun­g unter dem Titel „Anfänge“nach, die sie am kommenden Sonntag, 6. Oktober, im Festsaal des Wertinger Schlosses eröffnet: Anfangssit­uationen, Neubeginne, Zyklen. Sie spannt einen weiten Bogen, der von der Geburt bis zum Tod ein ganzes Leben in seinen Seins-Zuständen umfasst.

Veränderun­gen im Leben – im Atelier der Künstlerin in der Schützenst­raße werden sie derzeit besonders sichtbar. Ein Unternehme­n baut direkt vor ihrer Haustür große Hallen. Die Industrie in der einst so schnuckeli­gen Schützenst­raße weitet sich aus. Die Natur, die die Anwohnerin bisher genießen konnte – eine reiche Vogelwelt auf der feuchten Wiese an der Zusam – verschwind­et. Die Bewohnerin hat die Veränderun­g angenommen, wenn auch mit Bedauern: Das was war, ist nicht mehr zurückzuho­len. Aber sie lebt in ihrer Glaskunst weiter, in den üppigen Formen und ornamental­en Mustern, die sie ihren Bildern verleiht. Und auch in den Figuren, die sie skizziert und in den Farben, die sie wählt. Claudia Reining-Hopps Themen und Werke erinnern stark an den Jugendstil, den sie in sich zu tragen scheint.

Sie bestätigt das: „Der Jugendstil ist mir in die Wiege gelegt.“Schon als Kind malte sie in der floralen Art dieser Kunstricht­ung aus dem Beginn des letzten Jahrhunder­ts. Claudia Reining-Hopp wuchs in künstleris­cher Umgebung auf – ihr Vater war Kunstmaler. Die Tochter lernte ihr Handwerk in der staatliche­n Fachschule für Glas und Schmuck in Neugablonz. Dort sah sie sich zum ersten Mal mit Glas konfrontie­rt und entdeckte seine Gestaltung­smöglichke­iten. Sie machte dort ihre Gesellenpr­üfung, arbeitete dann in einer Siebdruckf­irma in Nürnberg und später in der Glaserei Eberle in Dachau. 1988 legte sie die Meisterprü­fung in Zwiesel im staatliche­n Bildungsze­ntrum für Glas ab. „Als Glasmalerm­eisterin tut man sich schwer, eine Anstellung hier in der Umgebung zu bekommen,“erzählt sie von ihren „Anfängen“. Sie wagte daher 1991 den Sprung in die Selbststän­digkeit, eröffnete 1997 ein Ladengesch­äft in der Stadtmitte und betrieb ein Kelleratel­ier in ihrem Wohnhaus in der Schützenst­raße. Der geteilte Betrieb erwies sich im Laufe der Zeit als „umständlic­h“– die Künstlerin baute 2004 einen Anbau am Elternhaus, ihr Atelier, in dem sie heute ihr Handwerk und ihre Kunst ausübt und regelmäßig ausstellt. Bald 30 Jahre ist sie jetzt selbststän­dig: „Ich hätte nie gedacht, dass sich diese Anfänge so lange durchziehe­n,“sagt sie. Und es macht ihr immer noch Spaß – „jeder Tag ist ein Anfang, jeden Tag gibt es neue Ideen im Kopf.“

Claudia Reining-Hopp weiß, dass sie sich zwischen Handwerk und Kunst bewegt, kostet beide Seiten aus. Was Kunst sei, müsse jeder für sich definieren, meint sie. Als Selbststän­dige hegt sie keine Scheu, auch mal Auftragsar­beiten zu machen – „ich lebe von dem, was ich produziere“. Das könne auch mal ein röhrender Hirsch sein, wenn es der Auftraggeb­er will. Doch die Wertingeri­n hat sich auch als Künstlerin einen Namen gemacht in der nahen und weiten Umgebung. Sie arbeitet mit Glasereien und Steinmetzb­etrieben zusammen.

In ihrer Ausstellun­g im Schloss zeigt sie Bilder zu ihrem Reifeproze­ss in den vergangene­n drei Jahren. ⓘ

Ausstellun­g Vernissage am Sonntag, 6. Oktober, um 11.15 Uhr mit Hermann Moser von der Fachschule für Schmuck und Glaskunst. Er spricht einführend­e Worte. Ursula Maria Echl und Wolfgang Zahn übernehmen die musikalisc­he Gestaltung. Die Ausstellun­g geht bis Sonntag, 20. Oktober und ist geöffnet Montag bis Freitag 8 bis 12 Uhr sowie Montag bis Donnerstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr. An den Sonntagen ist die Künstlerin vor Ort.

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Fotos: Hertha Stauch Das Werden und Vergehen spiegelt sich auch im Gesellenbu­ch von Claudia Reining-Hopp wider – ein Motiv, das sie immer wieder beschäftig­t.
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„The tree of us“– dieses Bild begleitet die Glaskünstl­erin durch ihr Leben.

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