Wertinger Zeitung

Umgepinsel­t

Marketing Immer mehr Firmen geben sich einen neuen Anstrich

- VON MICHAEL STIFTER

Wir stellen uns das ja ungefähr so vor: Irgendwo in der Chefetage eines Großkonzer­ns stellt jemand fest, dass man dringend mal wieder etwas fürs Image tun müsste. Aber, ganz wichtig: Bloß nichts dem Zufall überlassen, da müssen Profis ran. Wenig später tauchen dann auffallend stylish gekleidete, sehr, sehr dynamische Business-Leute im Betrieb auf, die Sätze sagen wie: „Wir müssen die audience direkt am point of sale abholen, wenn wir die guidance noch erfüllen wollen.“Heißt nichts, klingt aber halt much more kompetent als: Die Geschäfte laufen schlechter als erwartet.

Nachdem diese Consulting-Herrschaft­en dann also das Unternehme­n auf Herz und Nieren überprüft haben, präsentier­en sie die ultimative solution, die Lösung aller problems: Eine neue Farbe muss her! Nehmen wir McDonald’s. Die Amerikaner haben es vor ein paar Jahren vorgemacht. In Zeiten von bio, fair und klimaneutr­al sahen die kriselnden Burgermeis­ter ziemlich alt aus. Also etikettier­ten sie sich kurzerhand um. Hauptsache, die Verpackung stimmt? Das bekannte gelbe M leuchtet seitdem jedenfalls auf grünem statt auf rotem Grund.

Was würden wir nur ohne diese Unternehme­nsberater machen, die mit ihrer Riesenidee im Rollköffer­chen längst ein Haus weiter gezogen sind – zur Bahn. Die kündigte kürzlich an, dass die roten Streifen auf sämtlichen ICEs quasi überpinsel­t werden. Mit grünen Streifen. Bahnbreche­nd, oder? Und jetzt gibt sich auch noch Coca-Cola einen neuen Anstrich und präsentier­t Flaschen mit türkisfarb­enen Etiketten. Sie bestehen zu einem Viertel aus Plastik, das aus den Weltmeeren gefischt und recycelt wurde. An den inneren Werten ändert sich übrigens nichts.

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