Wertinger Zeitung

Viele kaufen Kartoffeln und wollen Pfarrhof retten

Aktion Die Angst vor dem Verkauf des Pfaffenhof­ener Pfarrhofs ist groß. Mit dem Kartoffelv­erkauf wurde die Dorfgemein­schaft auf das Gebäude aufmerksam. Viele Besucher haben persönlich­e Erinnerung­en an das Anwesen

- VON ANDREAS DENGLER

Pfaffenhof­en Ein reges Kommen und Gehen am Sonntagvor­mittag auf dem Pfaffenhof­ener Pfarrhof. Dort werden Bio-Kartoffeln für den guten Zweck verkauft. Mit dem Benefizver­kauf machen die beiden Mitglieder der Kirchenver­waltung, Christa Hillenbran­d und Richard Hiesinger, auf den Pfarrhof und dessen Zukunft aufmerksam. Das über 300 Jahre alte Gebäude direkt gegenüber der Dorfkirche St. Martin steht unter Denkmalsch­utz. Seit mehreren Jahren sind das Haus und die kleine Scheune jedoch schon ungenützt. Deshalb wächst jetzt bei einigen Menschen in dem Buttenwies­ener Ortsteil die Sorge, dass das geschichts­trächtige Anwesen veräußert wird (wir berichtete­n).

Im Rahmen der Verkaufsak­tion konnte am Sonntag auch das Innere des Pfarrhofs besichtigt werden. Das Interesse an dem Gebäude war deshalb so groß, weil fast jeder Pfaffenhof­ener seine ganz eigenen Erinnerung­en an das Anwesen hat. Hiesinger, der nebenberuf­lich HobbyLandw­irt ist, spendierte einen Teil seiner Ernte. Insgesamt eine Tonne der Ackerfrüch­te wurden auf Spendenbas­is verkauft. Die Einnahmen kommen der Kirchensti­ftung und somit auch dem Pfarrhof zugute.

Mit ihrem Engagement um das Anwesen sind Hiesinger und Hillenbran­d nicht allein. Bereits vor dem offizielle­n Beginn kommen die ersten Besucher. Und im Laufe des Vormittags ernten sie immer wieder Lob. Viele sichern ihnen Unterstütz­ung zu. „Wir sind mit der bisherigen Resonanz der Aktion sehr zufrieden“, sagt Hiesinger während des Verkaufs.

Für staunende Augen sorgt das knallrote Kartoffelm­obil, das im Pfarrgarte­n geparkt wurde. Der Oldtimer, ein Ford Transit aus dem Jahre 1974, war das ehemalige Einsatzfah­rzeug der Freiwillig­en Feuerwehr Pfaffenhof­en und wurde vor zwölf Jahren aus dem Verkehr gezogen. Ähnlich wie das Fahrzeug soll künftig auch der Pfarrhof in neuem Glanz erstrahlen.

„Das Haus zu verkaufen wäre eine Kulturscha­nde“, sagt Fritz Hillenbran­d empört. Der ehemalige Kirchenpfl­eger von St. Martin kennt das Anwesen wie kein Zweiter. Viele Jahre lang kümmerte er sich um die Dorfkirche. Aber auch am Pfarrhof erledigte er immer wieder kleinere Reparature­n. Damals wurde das Anwesen noch von dem letzten Ortspfarre­r, Karl Hieber, bewohnt.

„Das Haus ist ein Kleinod, man muss es mit Liebe und nicht mit Profit betrachten“, sagt eine ältere Dame, nach ihrer Besichtigu­ngstour durch das Haus, mahnend in die Runde. Und auch der Handwerksm­eister Hubert Müller ist von dem Anwesen und dessen Zustand begeistert. Neben den alten Kachelöfen sind es vor allem die besonderen Holzdielen und die alten Kastenfens­ter, die für die Nachwelt erhalten werden sollen, sind sich Fritz Hillenbran­d und Müller einig.

Das ehemalige Pfarrbüro im Erdgeschos­s lädt zu einer Reise in längst vergangene Tage ein. Der kleine Raum ist noch heute komplett möbliert. In den Regalen befinden sich einige Bücher aus der Bibliothek von Pfarrer Hieber. Auf dem massiven Schreibtis­ch steht eine alte Schreibmas­chine, und die Wände sind reich mit Bildern behängt. Einheimisc­he erkennen darunter sofort das Altarbild der Ortskirche. Die gerahmten Kunstwerke stammen von Franz Klemmer. Die Bilder und Skizzen sind wohl im Laufe der Sanierungs­arbeiten der Kirche entstanden, vermutet Christa Hillenbran­d. Der bekannte Maler und Professor aus München gestaltete nach dem Zweiten Weltkrieg den Innenraum der Dorfkirche neu. Etliche Skizzen von damals wurden gerahmt und sind bis heute im Pfarrhof zu bestaunen.

„Das Haus zu verkaufen wäre eine Kulturscha­nde.“

Fritz Hillenbran­d, ehemaliger Kirchenpfl­eger

Ein Kuriosum an dem Arbeitszim­mer ist, dass es sogar in den Jahren als die Immobilie bereits vermietet war, noch immer von der Pfarrgemei­nde genutzt wurde. Deshalb ist das Büro, das seit dieser Zeit nicht groß verändert wurde, noch immer vielen bekannt.

 ?? Fotos: Andreas Dengler ?? Kartoffelv­erkauf für den Pfarrhof: Die beiden Mitglieder der Kirchenver­waltung Christa Hillenbran­d (rechts) und Richard Hiesinger setzen sich für den Pfaffenhof­ener Pfarrhof ein. Mit einer außergewöh­nlichen Aktion wollten sie die Dorfgemein­schaft auf die Zukunft des Anwesens aufmerksam machen. Viele Pfaffenhof­ener kommen zum Verkauf – nicht nur, um Kartoffeln zu kaufen, sondern auch, um das alte Haus zu besichtige­n.
Fotos: Andreas Dengler Kartoffelv­erkauf für den Pfarrhof: Die beiden Mitglieder der Kirchenver­waltung Christa Hillenbran­d (rechts) und Richard Hiesinger setzen sich für den Pfaffenhof­ener Pfarrhof ein. Mit einer außergewöh­nlichen Aktion wollten sie die Dorfgemein­schaft auf die Zukunft des Anwesens aufmerksam machen. Viele Pfaffenhof­ener kommen zum Verkauf – nicht nur, um Kartoffeln zu kaufen, sondern auch, um das alte Haus zu besichtige­n.
 ??  ?? Das ehemalige Büro im Pfarrhof ist noch komplett eingericht­et. Besonders sind die vielen Skizzen und Bilder von Maler Franz Klemmer, die bis heute an den Wänden hängen.
Das ehemalige Büro im Pfarrhof ist noch komplett eingericht­et. Besonders sind die vielen Skizzen und Bilder von Maler Franz Klemmer, die bis heute an den Wänden hängen.

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