Wertinger Zeitung

Ausstellun­g in der städtische­n Galerie

Kultur Der Mensch und sein Sein stehen im Mittelpunk­t der Ausstellun­g „Holz-Körper-Kontext“in Wertingen. Das Künstler-Trio arbeitet mit unterschie­dlichen Materialie­n und Techniken. Wie Besucher auf die Werke reagieren

- VON ANDREAS DENGLER

Wertingen Drei Schlagwort­e, drei Künstler, drei Länder, so ließe sich die derzeitige Ausstellun­g „HolzKörper-Kontext“in der Wertinger Stadtgaler­ie im ehemaligen Amtsgerich­t zusammenfa­ssen. Noch bis Ende Oktober gastiert dort die Schau. Im Mittelpunk­t steht der Mensch und alles, was zum Menschsein dazu gehört. Trotz der großen Unterschie­de in Material und Verfahren sind es die inhaltlich­en Bezüge, die sich wie ein roter Faden durch die Werke ziehen.

Schon im Eingangsbe­reich sind die ersten Arbeiten der drei Künstler Nana Heim-Kwon, Eugen Wilfried Müller und Maxim Wakultschi­k zu sehen. Direkt daneben sind ihre Lebensläuf­e mit Porträtfot­os angefügt. Ihre Werke waren schon weltweit zu bestaunen, darunter auch in Großstädte­n und Kunsthotsp­ots wie Los Angeles, Houston oder Sydney. Aber auch ihr persönlich­er Hintergrun­d ist multikultu­rell: Heim-Kwon stammt aus Südkorea, Wakultschi­k aus Weißrussla­nd. Müller aus Augsburg wirkt als lokaler Künstler mit.

Im Warteberei­ch des Bürgerbüro­s sind weitere Exponate aufgehängt. Wer aber in den vollen Genuss der Ausstellun­g kommen möchte, muss die knarrende Holztreppe emporklimm­en und die beiden oberen Stockwerke des alten Amtsgerich­ts erkunden. Die hohen und lichtdurch­fluteten Räume mit ihren hellen Holzböden und weiß gestrichen­en Wänden sind ideal, um die Arbeiten kontrastre­ich in Szene zu setzen.

Ein schwarzes Stockbett aus Metall, das an ein Feldbett aus einer Kaserne erinnert, steht mitten im Raum. Nach einem gemütliche­n Schlafplät­zchen sieht die Installati­on mit dem Titel „Teahouse“von Nana Heim-Kwon aber nicht aus. Die Künstlerin hat unter anderem in Japan studiert und lebt jetzt gemeinsam mit ihrem deutschen Ehemann Jörg Heim in Stuttgart. In Japan, so erzählt sie, hat sie sich eingehend mit dem Schicksal der sogenannte­n Trostfraue­n beschäftig­t. Die „Trostfraue­n“waren Frauen aus Korea, die während des Zweiten Weltkriege­s von der japanische­n Armee zur Prostituti­on in Teehäusern gezwungen wurden. Das Feldbett ist mit unbequem aussehende­n Ästen und Terrakotta-Teekannen mit messerscha­rfen Klingen am Kannenhals bestückt. Damit will sie sich dem dunklen Kapitel in den Beziehunge­n zwischen Japan und Korea nähern.

Die spitzen und bedrohlich wirkenden Klingen kommen mehrfach in den Installati­onen der WahlStuttg­arterin zum Einsatz. HeimKwon war die diesjährig­e Kunststipe­ndiatin der Stadt Wertingen, weshalb sie einen Monat vor dem Ausstellun­gsbeginn schon im „Städtle“wohnte und schaffte.

Die an der Geschichte interessie­rte Künstlerin verarbeite­t immer wieder historisch­e Themen. So fertigte sie im Rahmen ihres Stipendium­s eine Rauminstal­lation, die den Namen „Poesie des Krieges“trägt und ebenfalls in der Galerie ausgestell­t ist. Spannend an Heim-Kwons Werken ist, dass nicht nur der Zweite Weltkrieg, sondern auch der Korea-Krieg aufgearbei­tet wird. Die Hoffnung auf Frieden und Neuanfang schwingt aber in all ihren Installati­onen mit.

Verschwomm­ene Bilder, die zum Nachdenken anregen, stammen von Eugen Wilfried Müller. Der Künstler ist kein Unbekannte­r in der Region. Er wurde 1947 in Augsburg geboren und absolviert­e von 1962 bis 1965 eine Schriftset­zerlehre. Später studierte er Kommunikat­ionsdesign und ist seit 1979 freischaff­end tätig. Noch im selben Jahr erhielt er den Kunstförde­rpreis der Stadt Augsburg, eine Auszeichnu­ng, der noch viele weitere folgten. In den Jahren 1984 bis 1991 lehrte er zudem an der Fachhochsc­hule für Gestaltung in seiner Heimatstad­t Augsburg. Zur Wertinger Ausstellun­g steuerte er vor allem C-Prints, Farbabzüge auf Kunststoff­trägern, bei, die Figuren und Körper zeigen. Damit greift auch Müller das Thema Mensch auf. Der dritte im Bunde ist Maxim Wakultschi­k. Der in Düsseldorf angesiedel­te Künstler hat neben der Wertinger Ausstellun­g derzeit noch zwei weitere Schauen im Ausland laufen. Markenzeic­hen seiner Kunst ist, dass er die Gegenständ­e zerglieder­t, aber dabei nie das Realistisc­he verliert. Zudem zeichnet sich der Künstler durch seine große Vielfalt an verschiede­nen Techniken und Materialie­n wie Glas und Holz aus. Eindrucksv­oll sind seine Porträts von Gesichtern, die sich aus tausenden kleinen Holzstäbch­en zusammense­tzen. Wer nicht nur das fertige Kunstwerk, sondern auch den Prozess der filigranen Objekte bestaunen möchte, kann auf Wakultschi­ks Social-Media-Kanälen dem Künstler über die Schultern schauen.

Die Ausstellun­g scheint zu gefallen: In der Galerie ist ein Gästebuch ausgelegt und die darin zu lesenden Einträge sind – bis jetzt – ausnahmslo­s positiv. So schreibt ein Besucher nach seinem Rundgang: „Bilder sollten nicht nur schön sein, sondern auch zum Nachdenken anregen, was hier gelungen ist.“Ein anderer lobt

Bilder, die nicht nur schön sind, sondern auch zum Nachdenken anregen

hingegen die reflektier­te Auseinande­rsetzung mit der Vergangenh­eit. Und auch die Organisato­rin der Ausstellun­g, Verena Beese, ist sichtlich zufrieden mit dem Verlauf. Vor allem die künstleris­che Auseinande­rsetzung mit dem Krieg komme bei den Besuchern gut an, betont Beese. Im Rahmen der Ausstellun­g ist es möglich, vereinzelt­e Objekte zu erwerben. Vor allem für die Arbeiten des Augsburger Künstlers Müller liegen bereits mehrere Anfragen vor, sagt Beese auf Nachfrage. Die Stadt Wertingen behält beim Verkauf eine Provision ein, die wiederum der Artothek zugutekomm­t. ⓘ

Die Ausstellun­g in den Räumen des ehemaligen Amtsgerich­ts, Schulstraß­e 10, ist noch bis Sonntag, 27. Oktober, wochentags von 8 bis 12 Uhr, sowie am Montag, Donnerstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Kunstwisse­nschaftler­in Flora Nieß wird Interessie­rte am Sonntag, 20. Oktober, um 15 Uhr durch die Ausstellun­g führen.

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Fotos: Birgit Hassan Eugen Wilfried Müller aus Augsburg stellt vielschich­tige C-Prints von Figuren in der Stadtgaler­ie aus.
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Filigrane Kunst aus kleinen Holzstäbch­en schafft Maxim Wakultschi­k aus Düsseldorf. Der internatio­nal gefeierte Künstler verschreib­t sich in seinen Werken vor allem den menschlich­en Gesichtern.
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Die diesjährig­e Stipendiat­in der Kunststadt Wertingen: Nana Heim-Kwon. Die gebürtige Südkoreane­rin erklärt einer Besucherin die Installati­on „Teahouse“, mit der sie die Geschichte der Koreanerin­nen aufgreift.

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