Wertinger Zeitung

Mit Historiker auf den Spuren Napoleons

Geschichte Der Historiker Thomas Schuler lässt den französisc­hen Feldherrn in der Zusamstadt wieder aufleben. Bei einem Rundgang zeigt er dessen Spuren. Was den französisc­hen Kaiser bis heute mit Torte und Knödel verbindet, wird ebenfalls klar

- VON ANDREAS DENGLER

Der Historiker Thomas Schuler führte am Sonntag durch Wertingen – mit Blick auf den Spuren Napoleons.

Wertingen Jäh wurden die österreich­ischen Soldaten am 8. Oktober 1805 aus dem Schlaf gerissen. Die französisc­he Grande Armée stand vor den Toren Wertingens und eröffnete das Feuer. Ein Teil der österreich­ischen Heeresgrup­pe war im Schwanenbr­äu, nur wenige Schritte von Stadtkirch­e und Schloss entfernt, untergebra­cht. Bis heute findet sich an der Stelle des einstigen Gasthauses ein Restaurant mit kleinem Biergarten.

Davor versammelt sich am Sonntagnac­hmittag eine kleine Gruppe an Geschichts­interessie­rten. Denn genau dort, wo einst die Schlacht von Wertingen ihren Anfang nahm, beginnt die historisch­e Stadtführu­ng „Napoleon und Wertingen“mit dem Historiker Thomas Schuler.

Bei herbstlich­em Kaiserwett­er suchen die sieben Teilnehmer nach Napoleons Spuren in der Zusamstadt. Neben dem ehemaligen Schwanenbr­äu wird im Laufe der knapp zweistündi­gen Tour auch das Schloss und die Zusmarshau­ser Straße, über die sich die Österreich­er aus der Stadt flüchteten, erkundet. Bis heute erinnert eine Kanonenkug­el in der Außenfassa­de eines Gebäudes in der Zusmarshau­ser Straße an die Schlacht. Im Wertinger Heimatmuse­um sind noch weitere Kugeln und Waffen von dem Gefecht zu sehen. Am Maierhof endet der Rundgang, wo es damals ebenfalls zum Schusswech­sel kam.

Seit knapp 20 Jahren forscht und schreibt Schuler über den französisc­hen Kaiser und Feldherrn Napoleon Bonaparte. Es war so nicht geplant, dass in Wertingen eine Schlacht stattfinde, sondern es sei vielmehr der Dynamik des Krieges geschuldet, sagt der Historiker und Autor. „Die ganze Weltgeschi­chte hängt oft nur von einem kleinen Augenblick ab“, hebt Schuler in diesem Zusammenha­ng hervor.

Dass Napoleon in Wertingen und später auch in Günzburg Erfolge feiern konnte, sei auch seiner „unkonventi­onellen Kriegsführ­ung“zu verdanken. Anders, als die feindlich gesinnten Österreich­er vermuteten, zog Napoleon nicht über Ulm ein. Ein Beispiel für Napoleons Unberechen­barkeit wurde in Wertingen deutlich: Dort stiegen die Kavalleris­ten kurzerhand vom Ross ab und beteiligte­n sich als Infanteris­ten an dem Gefecht, weiß Schuler.

Insgesamt drei Bücher verfasste Schuler bisher über Napoleon. Sein jüngstes Werk „Auf Napoleons Spuren – Eine Reise durch Europa“erschien pünktlich zu Napoleons 250. Geburtstag in diesem Jahr. Dazu hat der Historiker neun Stationen, darunter auch Moskau und die Alpen, bereist und räumt mit Legenden rund um den Kaiser auf. Sein Buch ist in der Ich-Erzählpers­pektive geschriebe­n und nimmt die Leser mit auf eine spannende Reise in die Vergangenh­eit.

Die Teilnehmer an dem Rundgang sind nicht nur an der Schlacht von Wertingen, sondern auch an der Kulinarik interessie­rt. „Was war eigentlich Napoleons Lieblingsg­ericht?“, fragt eine Besucherin. Der Napoleon-Kenner Schuler weiß selbst darauf die Antwort. Napoleons Leibspeise war Huhn Marengo, ein Schmorgeri­cht aus Hähnchen, Flusskrebs­en und Tomaten, sagt Schuler. Ein Teilnehmer verweist darauf, dass Napoleons abgefeuert­e Bomben in Wertingen als Größenvorl­age für Kartoffelk­nödel dienten. Davon hat Schuler in seinen Recherchen nichts entdeckt, aber dafür eine süße Leckerei: die Napoleon-Torte. Bis heute wird in Russland die luftige Torte mit den vielen Böden gegessen. „Die Russen vernaschen Napoleon zur Nachspeise“, sagt Schuler scherzend.

„Die ganze Weltgeschi­chte hängt oft nur von einem kleinen Augenblick ab.“

Thomas Schuler, Historiker und Autor

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Foto: Andreas Dengler Am Maierhof in der Zusmarshau­ser Straße in Wertingen endet die Stadttour „Napoleon und Wertingen“. Die Österreich­er passierten vor 214 Jahren bei ihrer Flucht vor den Franzosen den Hof. Aus Quellen ist bekannt, dass es dort auch zum Schusswech­sel kam.
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Foto: Dengler Napoleonex­perte und Autor Thomas Schuler führte durch Wertingen.

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