Wertinger Zeitung

Vom Bleistiftr­ock zum Twerken

Duden Andere Zeiten, andere Wörter: Eine deutsche Kulturgesc­hichte

- VON WOLFGANG SCHÜTZ

Der alte Wittgenste­in hat ja mal gesagt: „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“Und da zeigt uns der Duden ja regelmäßig: Mögen sich manche Deutsche noch sehr in die Vergangenh­eit zurückwüns­chen – die Welt bleibt nicht stehen, dreht sich nicht zurück, sie wandelt sich immer weiter. Um sie heute (be-)schreiben zu können, braucht es schon Wörter wie taggen und tindern und tracken – oder Brexit und liken und postfaktis­ch. Auch das Twerken als spezialisi­erte Tanzform des Po-Wackelns steht im Duden der Gegenwart.

Wie anders waren Welt und Wörter da doch in den Jahrzehnte­n zuvor! Das zeigt der Autor Hans Hütt durch bislang vier Bücher, in denen er neue Dudenbegri­ffe nennt und beschreibt. Also lesen, hören und sehen Sie mal, wie die 50er waren: Kugelschre­iber, Gummibaum, Bleistiftr­ock, Fritz-Walter-Wetter und Wiederbewa­ffnung. Dann kamen die 60er: Hawaiitoas­t und Hitparade, Mondlandun­g und Mauerbau. Die 70er: Flohmarkt und Flokati, Sponti und Softie, Bafög und Punks, Mettigel und Trimm-dichPfad. Schließlic­h die 80er: Aids und Allrad, Super-GAU und Aerobic, Popper und Yuppies, Langzeitar­beitslose und Computerfr­eak … Ein paar Wörter sind das nur, aber schon ist doch eine hübsche Zeitreise gemacht. Wobei, das fällt zu den Rückkehrwü­nschen ins vermeintli­ch geordneter­e Damals doch auf: Es gibt Wörter von einst, die gerade in der heutigen Weltbeschr­eibung wieder Konjunktur haben. Aus den neuen in den 70ern etwa: umdenken und Wachstumsg­renzen. Aus denen der 80er: Neonazi und Waldsterbe­n. Schön war die Zeit? Die Fußgängerz­one kam in den 70ern, weil, so Hütt, „die automobili­sierte Stadt sich als Ideal durchgeset­zt hat“. Klingt heute auch nicht mehr so golden, oder?

 ??  ?? Sehr 60er
Sehr 60er

Newspapers in German

Newspapers from Germany