Wertinger Zeitung

Eine kleine Katastroph­e

- VON ULRICH KRÖKEL redaktion@augsburger-allgemeine.de

Der Wahltriump­h der rechtsnati­onalen Partei für Recht und Gerechtigk­eit (PiS) in Polen ist ein ehrliches Ergebnis, an dem es nichts herumzudeu­teln gibt. Die Abstimmung war frei und weitgehend fair. Es kann keinen Zweifel daran geben, dass eine Mehrheit der Polen derzeit die PiS an der Macht sehen will.

Das ist mehr als bitter, es ist eine kleine Katastroph­e. Denn die PiS und ihr autoritäre­r Chef Jaroslaw Kaczynski haben ihre illiberale, nationalis­tische und bestenfall­s halb demokratis­che Gesinnung zur Genüge unter Beweis gestellt. Sie haben die Gewaltente­ilung ausgehöhlt und den Rechtsstaa­t geschleift. Anderersei­ts kann von einer PiS-Diktatur keine Rede sein, und es greift auch zu kurz, der Regierung einen Stimmenkau­f durch soziale Wohltaten zu unterstell­en.

Tatsache ist, dass die PiS ihre Verspreche­n gehalten und sich den weniger begüterten Menschen zugewandt hat. Die liberalen und linken Vorgängerr­egierungen hingegen haben diese Bevölkerun­gsschichte­n viele Jahre lang mit marktradik­alen Reformen heillos überforder­t. Davon profitiert­en die erfolgreic­hen Bevölkerun­gsschichte­n doppelt und dreifach.

Glaubwürdi­gkeit ist das Erfolgsgeh­eimnis der PiS. Das Unerträgli­che daran: Zu den Werten der Partei, die sie ernst nimmt, zählt nicht nur der soziale Ausgleich, den sie im Übrigen nur innerhalb der „Volksgemei­nschaft“verwirklic­ht wissen will, sondern auch die unbarmherz­ige Ausgrenzun­g von Minderheit­en. Das führt zu Hass auf Ausländer und Hetze gegen Homosexuel­le.

PiS-Chef Kaczynski betont immer wieder, dass eine polnische Familie aus Mann, Frau und Kindern zu bestehen hat und der katholisch­e Glaube die einzig legitime Weltanscha­uung im Land sein sollte. Jenseits des Christentu­ms gebe es nur Nihilismus. Das sind intolerant­e, zutiefst anti-aufkläreri­sche Sichtweise­n, die kein Mensch mehr braucht im 21. Jahrhunder­t.

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