Eine kleine Katastrophe
Der Wahltriumph der rechtsnationalen Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) in Polen ist ein ehrliches Ergebnis, an dem es nichts herumzudeuteln gibt. Die Abstimmung war frei und weitgehend fair. Es kann keinen Zweifel daran geben, dass eine Mehrheit der Polen derzeit die PiS an der Macht sehen will.
Das ist mehr als bitter, es ist eine kleine Katastrophe. Denn die PiS und ihr autoritärer Chef Jaroslaw Kaczynski haben ihre illiberale, nationalistische und bestenfalls halb demokratische Gesinnung zur Genüge unter Beweis gestellt. Sie haben die Gewaltenteilung ausgehöhlt und den Rechtsstaat geschleift. Andererseits kann von einer PiS-Diktatur keine Rede sein, und es greift auch zu kurz, der Regierung einen Stimmenkauf durch soziale Wohltaten zu unterstellen.
Tatsache ist, dass die PiS ihre Versprechen gehalten und sich den weniger begüterten Menschen zugewandt hat. Die liberalen und linken Vorgängerregierungen hingegen haben diese Bevölkerungsschichten viele Jahre lang mit marktradikalen Reformen heillos überfordert. Davon profitierten die erfolgreichen Bevölkerungsschichten doppelt und dreifach.
Glaubwürdigkeit ist das Erfolgsgeheimnis der PiS. Das Unerträgliche daran: Zu den Werten der Partei, die sie ernst nimmt, zählt nicht nur der soziale Ausgleich, den sie im Übrigen nur innerhalb der „Volksgemeinschaft“verwirklicht wissen will, sondern auch die unbarmherzige Ausgrenzung von Minderheiten. Das führt zu Hass auf Ausländer und Hetze gegen Homosexuelle.
PiS-Chef Kaczynski betont immer wieder, dass eine polnische Familie aus Mann, Frau und Kindern zu bestehen hat und der katholische Glaube die einzig legitime Weltanschauung im Land sein sollte. Jenseits des Christentums gebe es nur Nihilismus. Das sind intolerante, zutiefst anti-aufklärerische Sichtweisen, die kein Mensch mehr braucht im 21. Jahrhundert.