Wertinger Zeitung

Die Genossen haben das Wort

SPD Nahles verlässt den Bundestag, Basis entscheide­t über Nachfolge

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Am Tag, an dem die frühere SPD-Chefin ihren endgültige­n Rückzug verkündete, hat für die Genossen die Abstimmung über ihre Nachfolge begonnen. Andrea Nahles zog viereinhal­b Monate nach ihrem Abgang als Vorsitzend­e den Schlussstr­ich unter ihre politische Laufbahn. Zum 1. November legt sie ihr Bundestags­mandat nieder, schrieb sie an Parlaments­präsident Wolfgang Schäuble. Anschließe­nd will sich die 49-Jährige aus der Eifel beruflich neu orientiere­n – in welche Richtung, ist noch unklar.

Wesentlich mehr beschäftig­en die Partei im Moment allerdings andere offene Fragen. Aus der SPD-Innensicht ist die wichtigste weiterhin, wer Nahles an der Parteispit­ze beerben wird. Für das ganze Land noch interessan­ter ist indes die Frage nach der Zukunft der Großen Koalition. Gerade im linken Parteiflüg­el gilt das Regierungs­bündnis mit CDU und CSU als Hauptursac­he für den Niedergang der Sozialdemo­kratie. Bleiben oder gehen? Eng mit dieser Entscheidu­ng verknüpft ist auch die Frage: Wer soll der nächste sozialdemo­kratische Kanzlerkan­didat werden? Karl-Heinz Brunner, der zunächst selbst für den Parteivors­itz kandidiert, dann aber zurückgezo­gen hatte, mahnt seine Parteifreu­nde dazu, jede dieser Zukunftsfr­agen für sich zu beantworte­n. „Zunächst brauchen wir eine Parteispit­ze, der es gelingt, die unterschie­dlichen Parteiflüg­el zu versöhnen“, sagte der Abgeordnet­e aus Illertisse­n unserer Redaktion. Olaf Scholz, der etwa die parteiinte­rn umstritten­en Arbeitsmar­ktreformen des letzten SPD-Kanzlers Gerhard Schröder mitgetrage­n habe, sei dafür nicht unbedingt der richtige Mann. Dem Duo Boris Pistorius und Petra Köpping könne dies eher gelingen. In Sachen Kanzlerkan­didatur dagegen liegen die Dinge für Brunner anders: „Aufgrund seiner Erfahrung und Bekannthei­t halte ich da Olaf Scholz für den aussichtsr­eichsten Kandidaten.“Ebenso solle die Frage der Regierungs­beteiligun­g für sich alleine betrachtet werden. Brunner: „Wir haben von unseren Mitglieder­n schließlic­h den klaren Auftrag zu dieser Koalition erhalten. Der linke Parteiflüg­el darf dieses Verspreche­n jetzt nicht durch die Hintertür brechen.“Brunner empfiehlt, die vorgesehen­e Halbzeitbi­lanz der Großen Koalition nicht auf dem Parteitag im Dezember zu ziehen: „Ein Sonderpart­eitag oder ein Konvent wäre der geeigneter­e Rahmen.“

Zumindest in der Frage nach dem Parteivors­itz ist der Zeitplan klar. Darüber entscheide­n bis zum 25 Oktober die gut 425 000 SPD-Mitglieder, online oder per Brief. Am Montag hat der Mitglieder­entscheid begonnen. Es ist davon auszugehen, dass kein Kandidaten­paar gleich die absolute Mehrheit bekommen wird. So werden sich die beiden bestplatzi­erten Duos vom 19. bis 29. November einer Stichwahl stellen. Auf dem Parteitag vom 6. bis 8. Dezember soll die Spitze bestätigt werden.

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Foto: Hirschberg­er, dpa Rückzug in Raten: Die frühere SPD-Chefin Andrea Nahles.

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