Wertinger Zeitung

Es geht hoch hinaus

Interlift Heute beginnt in Augsburg die weltweit größte Messe für Aufzüge und Rolltreppe­n. In der Branche hält die Digitalisi­erung Einzug: Lifte werden intelligen­ter und vor allem sicherer

- VON STEFANIE GRONOSTAY

Augsburg Jeder kennt es und jeder hasst es: Der Aufzug ist außer Betrieb. Ärgerlich, wenn man die schweren Einkaufstü­ten nach oben schleppen muss. Noch ärgerliche­r, wenn man mit dem Rollator die Treppe nicht hochkommt. „Neue Technologi­en sollen in Zukunft solche Fälle verhindern“, sagt Wolfgang Adldinger vom Verband für Aufzugstec­hnik (VFA). Die Digitalisi­erung hat Einzug gehalten. Lifte werden effiziente­r, intelligen­ter und sicherer. Ab heute präsentier­en Firmen aus aller Welt Lösungen für Lifte auf der Interlift in Augsburg. Schnell wird klar: Ein Fahrstuhl ist mehr als eine Kabine mit Knöpfen.

„Das Besondere an der Messe ist, dass nicht das Endprodukt Aufzug ausgestell­t wird, sondern vielmehr die Bestandtei­le“, sagt Projektman­ager Joachim Kalsdorf von der Firma AFAG. Fahrkörbe, Bremsen und Antriebe: „Außen steht ein Name drauf, die Komponente­n stammen aber von verschiede­nen Firmen“, sagt Adldinger. Während früher innerhalb der Landesgren­zen produziert wurde, herrscht heute ein reger internatio­naler Austausch. Die Branche boomt.

„Das liegt daran, dass immer mehr Hochhäuser mit Aufzügen gebaut werden“, sagt Adldinger. Mehr Menschen ziehen weltweit in Städte. Der Platz wird dadurch immer knapper. „Es wird in die Höhe gebaut“. 63 Prozent der Neuanlagen werden jährlich in China auf den Markt gebracht, 20 Prozent in Europa. „Produziert wird im europäisch­en Raum gerne in Deutschlan­d“, sagt Adldinger. Grund dafür seien die Regeln und Normen. „Die Sicherheit­svorkehrun­gen sind bei uns am strengsten. Wenn der Aufzug hier besteht, dann gilt er überall als sicher“, sagt Adldinger.

Ein weiterer Faktor, der den Aufzugsbau beeinfluss­t, ist die demografis­che Veränderun­g. Die Bevölkerun­g wird immer älter und damit in ihrer Beweglichk­eit eingeschrä­nkt. „Treppenlif­te und sogenannte Home-Lifte sorgen bei den Menschen zu Hause für die nötige Unterstütz­ung“, sagt Adldinger. Kleine und langsame Lifte können unkomplizi­ert per Strom aus der Steckdose betrieben werden. Auch was die Energieeff­izienz betrifft, hat die Branche einen großen Sprung gemacht. Aufzüge machen immerhin vier bis zehn Prozent des Stromverbr­auchs im Gebäude aus.

Die Neuheit auf dem Markt ist ein Aufzug aus leichtem Carbon. Entwickelt hat den Lift die Firma Composyst aus Kaufering. „Die Kabine wiegt 125 Kilogramm und ist damit um 175 Prozent leichter als ein herkömmlic­her Lift aus Stahl“, sagt Fertigungs­ingenieur Johannes Hofmiller. Composyst hofft nun, dass ihr neues Konzept in der Branche richtig durchstart­et.

Dass Firmen selbst Konzepte entwerfen, ist in der Branche gang und gäbe. „Firmen müssen Ideen einbringen, um vorne mitzuspiel­en“, sagt Adldinger. Gesichert werden neue Konzepte mit Patenten, deren Anzahl in den vergangene­n Jahren um fast 70 Prozent gestiegen ist.

Doch wo geht der Trend hin? „Zur digitalen Wartung“, sagt der Experte. Heute werden Aufzüge alle zwei Jahre durch den TÜV überprüft. „Doch in der Zwischenze­it kommt es nur zu Reparature­n, wenn etwas kaputt geht.“In Zukunft sollen Sensoren anzeigen, wenn etwas nicht funktionie­rt. „Prüfstelle­n können so aus der Ferne Wartungen übernehmen“, sagt Adldinger. So könne vorausscha­uend repariert werden, bevor es zu Ausfällen kommt. „Gerade in Krankenhäu­sern müssen Lifte rund um die Uhr funktionie­ren.“

Die Jobs rund um den Aufzugbau werden sich mit der Zeit verändern. „Dafür brauchen wir aber auch Nachwuchs“, sagt Adldinger. Wie viele andere Branchen, ist das Handwerk von einem Fachkräfte­mangel betroffen. „Das Problem ist, dass es den klassische­n Ausbildung­sberuf Aufzugsmec­haniker noch nicht gibt.“Der VFA sei deshalb bereits in Gesprächen mit der Fachhochsc­hule Augsburg, um ein Programm auf den Weg zu bringen. Adldinger selbst hat nach 40 Jahren seinen Schritt in die Berufswelt der Aufzüge nicht bereut. „Unsere Branche ist so familiär wie keine andere“, sagt er.

Interlift in der Messe Augsburg vom 15. bis 18. Oktober, 9 bis 18 Uhr, Tageskarte 30 Euro.

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Foto: AFAG Aussteller präsentier­en ihre Neuheiten auf der Interlift.

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