Wohin wandert der Bär?
Tiere Innerhalb von vier Monaten wurde in Tirol dreimal ein Bär gesichtet. Im wenige Kilometer entfernten Bayern beobachtet man die Situation gespannt – und kritisch
Reutte Arnold Klotz wirkt amüsiert: „Ich komm’ kaum vom Telefon weg“, sagt der Bezirksjägermeister aus Reutte in Tirol und lacht. Der Medienrummel ist groß, seit vor einer Woche ein Bär in eine Fotofalle nahe des Plansees getappt ist. Insbesondere im wenige Kilometer entfernten Bayern ist man elektrisiert, denn 13 Jahre nach „Bruno“könnte es wieder einen Bären in den Freistaat verschlagen.
Arnold Klotz versteht die ganze Aufregung nicht. Er jedenfalls sei gänzlich entspannt angesichts des Raubtieres in seiner Nähe. „Das ist so ein scheues Tier, komplett unauffällig “, sagt Klotz. In den vergangenen vier Monaten sei in der Region rund um Reutte dreimal ein Bär gesichtet worden. Zweimal wurde er von einer Wildkamera fotografiert, einmal von einem Menschen beobachtet, wie er bei Berwang über ein Joch spazierte. „Mit 99-prozentiger Sicherheit war es in allen drei Fällen ein und derselbe Bär“, meint Klotz. Den Bildern und Einschätzungen von Experten nach handelt es sich um ein Jungtier aus dem norditalienischen Trentino.
Nun teilen jedoch längst nicht alle die entspannte Haltung des Tiroler Jägers Klotz. So meldete Christian Angerer, Obmann der Bezirkslandwirtschaftskammer, sogleich Bedenken an. Zwar sei das Weidevieh der Bauern bereits von den Almen zurück, allerdings noch nicht wieder in den Ställen. Die Weideflächen im Tal seien für den Bären daher aktuell wie ein „gedeckter Tisch“, sagte Angerer der Tiroler Tageszeitung. Ähnliches war am Wochenende von bayerischen Almbauern zu hören.
Doch wie wahrscheinlich ist es überhaupt, dass der Bär nach Bayern kommt? „Das ist natürlich möglich“, sagt Uwe Friedel aus dem Artenschutzreferat des Bund Naturschutz Bayern. Zwar könnten die Laufwege des Tieres kaum vorhergesagt werden, „die grenznahen Landkreise sollten sich aber zumindest darauf gefasst machen“. Luftlinie ist der Plansee nur wenige Kilometer von der österreichisch-deutschen Grenze und dem Ammergebirge entfernt. Abhängig von der Wanderlust des Bären, wäre er ganz schnell im Ostallgäu oder im Landkreis Garmisch-Partenkirchen.
„Eigentlich sollten wir uns freuen, wenn wieder ein Bär in der bayerischen Natur unterwegs wäre“, sagt Friedel. Doch es sei zu befürchten, „dass das ganz schnell ein Politikum wird“. Vor allem nach den Erfahrungen aus dem Jahr 2006, als Bruno den Menschen zu nahe kam, dutzende Schafe riss, zum „Problembär“ernannt und abgeschossen wurde. „Damals ist vieles schief gelaufen. Aber seither sind einige Jahre vergangen und der Artenschutz stärker in den Fokus der Menschen gerückt. Es wäre schön, wenn wir mit einem neuen Bären anders umgehen würden“, sagt Friedel.
Beim Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) sieht man die jüngste Bärensichtung in Tirol derzeit noch gelassen. Der Bärenbeauftragte des Umweltministeriums – einen solchen gibt es seit 2007 – habe die Entwicklungen „mit erhöhter Wachsamkeit“im Blick und stimme sich mit den österreichischen Kollegen ab, erklärte ein LfU-Sprecher. Noch gebe es jedoch keine Anzeichen dafür, dass der Bär sich in Bayern aufhalte.