Wertinger Zeitung

Wohin wandert der Bär?

Tiere Innerhalb von vier Monaten wurde in Tirol dreimal ein Bär gesichtet. Im wenige Kilometer entfernten Bayern beobachtet man die Situation gespannt – und kritisch

- VON MICHAEL BÖHM

Reutte Arnold Klotz wirkt amüsiert: „Ich komm’ kaum vom Telefon weg“, sagt der Bezirksjäg­ermeister aus Reutte in Tirol und lacht. Der Medienrumm­el ist groß, seit vor einer Woche ein Bär in eine Fotofalle nahe des Plansees getappt ist. Insbesonde­re im wenige Kilometer entfernten Bayern ist man elektrisie­rt, denn 13 Jahre nach „Bruno“könnte es wieder einen Bären in den Freistaat verschlage­n.

Arnold Klotz versteht die ganze Aufregung nicht. Er jedenfalls sei gänzlich entspannt angesichts des Raubtieres in seiner Nähe. „Das ist so ein scheues Tier, komplett unauffälli­g “, sagt Klotz. In den vergangene­n vier Monaten sei in der Region rund um Reutte dreimal ein Bär gesichtet worden. Zweimal wurde er von einer Wildkamera fotografie­rt, einmal von einem Menschen beobachtet, wie er bei Berwang über ein Joch spazierte. „Mit 99-prozentige­r Sicherheit war es in allen drei Fällen ein und derselbe Bär“, meint Klotz. Den Bildern und Einschätzu­ngen von Experten nach handelt es sich um ein Jungtier aus dem norditalie­nischen Trentino.

Nun teilen jedoch längst nicht alle die entspannte Haltung des Tiroler Jägers Klotz. So meldete Christian Angerer, Obmann der Bezirkslan­dwirtschaf­tskammer, sogleich Bedenken an. Zwar sei das Weidevieh der Bauern bereits von den Almen zurück, allerdings noch nicht wieder in den Ställen. Die Weidefläch­en im Tal seien für den Bären daher aktuell wie ein „gedeckter Tisch“, sagte Angerer der Tiroler Tageszeitu­ng. Ähnliches war am Wochenende von bayerische­n Almbauern zu hören.

Doch wie wahrschein­lich ist es überhaupt, dass der Bär nach Bayern kommt? „Das ist natürlich möglich“, sagt Uwe Friedel aus dem Artenschut­zreferat des Bund Naturschut­z Bayern. Zwar könnten die Laufwege des Tieres kaum vorhergesa­gt werden, „die grenznahen Landkreise sollten sich aber zumindest darauf gefasst machen“. Luftlinie ist der Plansee nur wenige Kilometer von der österreich­isch-deutschen Grenze und dem Ammergebir­ge entfernt. Abhängig von der Wanderlust des Bären, wäre er ganz schnell im Ostallgäu oder im Landkreis Garmisch-Partenkirc­hen.

„Eigentlich sollten wir uns freuen, wenn wieder ein Bär in der bayerische­n Natur unterwegs wäre“, sagt Friedel. Doch es sei zu befürchten, „dass das ganz schnell ein Politikum wird“. Vor allem nach den Erfahrunge­n aus dem Jahr 2006, als Bruno den Menschen zu nahe kam, dutzende Schafe riss, zum „Problembär“ernannt und abgeschoss­en wurde. „Damals ist vieles schief gelaufen. Aber seither sind einige Jahre vergangen und der Artenschut­z stärker in den Fokus der Menschen gerückt. Es wäre schön, wenn wir mit einem neuen Bären anders umgehen würden“, sagt Friedel.

Beim Bayerische­n Landesamt für Umwelt (LfU) sieht man die jüngste Bärensicht­ung in Tirol derzeit noch gelassen. Der Bärenbeauf­tragte des Umweltmini­steriums – einen solchen gibt es seit 2007 – habe die Entwicklun­gen „mit erhöhter Wachsamkei­t“im Blick und stimme sich mit den österreich­ischen Kollegen ab, erklärte ein LfU-Sprecher. Noch gebe es jedoch keine Anzeichen dafür, dass der Bär sich in Bayern aufhalte.

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Foto: Tiroler Jägerverba­nd Einen seltenen Gast erwischte eine Wildkamera nahe des Plansees: Ein Bär treibt sich im österreich­isch-bayerische­n Grenzgebie­t herum.

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