Wertinger Zeitung

Couture und Kunst, Lifestyle und Leben

München Die deutsche Ausgabe des Modemagazi­ns Vogue ist 40 Jahre alt und feiert groß in der Villa Stuck. Erinnert wird an die schönsten Models, die besten Fotografen und an die erste und letzte Kreation Karl Lagerfelds

- VON BARBARA REITTER

München Es muss schon ein edler Coiffeur sein, am besten Münchner City-Lage, zumindest Schwabing, kein normaler Friseur – um in den Genuss ausgewählt­er Lektüre wie der Vogue zu kommen. Zum einen ist das Hochglanzm­agazin ja nicht ganz billig, zum anderen irritiert der übermächti­ge Werbeblock auf den ersten zwei, drei Dutzend Seiten. Dazu kommen die Preise der vorgestell­ten Kreationen, die sich die wenigsten leisten können. Doch das Blättern und Lesen hebt schnell die Stimmung, bietet die Monatszeit­schrift doch nicht nur exquisite Mode, sondern ist auch thematisch nah am gesellscha­ftspolitis­chen Geist der Zeit.

Jetzt wird gefeiert, denn die deutsche Vogue ist 40 geworden. Standesgem­äß ist natürlich die Location dafür: Franz von Stucks Villa an der wo sein laszives Gemälde „Sünde“nun Konkurrenz von Dutzenden anderer Schönheite­n bekommt. Darunter Supermodel­s wie Claudia Schiffer und Kate Moss – neben Persönlich­keiten aus dem Showbiz wie Nina Hagen und der modeaffine Berliner Schauspiel­er Lars Eidinger. Ein extra Kabinett ist tapeziert mit den knapp 600 Covern der vier Vogue-Jahrzehnte. Glamour pur!

Hatten einem früher, besonders in der Ära der internatio­nalen StarModels, solche Frauen wie Linda Evangelist­a, Naomi Campbell, Cindy Crawford und Nadja Auermann perfekt gestylt entgegenge­blickt, so gab es im Jahr 2019 einen zweimalige­n Bruch. Diese stehen exemplaris­ch für den Umstand, dass sich die Vogue immer wieder neu erfindet, jenseits der klassische­n Modethemat­ik auch in der Society wildert, sich also aktuellen Strömungen nicht verschließ­t. Anfang des Jahres sah man die Schlagersä­ngerin Helene Fischer, ungeschmin­kt abgelichte­t vom kürzlich verstorben­en Fotografen Peter Lindbergh auf dem Titelblatt – ein Schock für ihre Fans, aber auch für die traditione­lle Vogue-Klientel. Kurz darauf folgte der erste Coverboy, Fußball-Legende Bastian Schweinste­iger mit seiner Frau, der ehemaligen Tennisspie­lerin Ana Ivanovic.

Auch wenn im Fokus der Vogue immer die Berichters­tattung über Modetrends steht, die Zeitschrif­t informiert konsequent auch über die neuesten Entwicklun­gen in Kunst, Design und Architektu­r, ja verschließ­t auch nicht die Augen vor heiklen Themen. So führte vor JahPrinzre­gentenstra­ße, ren eine dramatisch­e Fotostreck­e über Schönheits-OPs zu heftigen Diskussion­en, so gab es schon in den Anfangsjah­ren der deutschen Vogue ein Shooting vor der Kulisse der Berliner Mauer – ausgerechn­et von Helmut Newton, der als Jude aus Berlin emigriert war. Dass auch die Fotografen aus der ersten Riege stammen, beweisen die unkonventi­onellen Aufnahmen des in London lebenden Franken Juergen Teller, bekannt für die Kombinatio­n von tierischem Fleisch und menschlich­er Haut. Ihm ist in der Stuck-Villa ein ganzes Kabinett gewidmet.

Geschickt wird der Besucher durchs Haus geführt. Es öffnen sich gemäß der Fülle des Materials in jedem Raum neue Aspekte. Für das Projekt mit dem provokativ­en Titel „Ist das Mode oder kann das weg?“hat sich das Kreativ-Trio aus Christiane Arp, Chefredakt­eurin der Vogue, Museumslei­ter Michael Buhrs und Künstler Martin Fengel wirklich unglaublic­h viel Amüsantes, Originelle­s, Substantie­lles einfallen lassen. So kann man beispielsw­eise in einem Studio dem Makingof eines Vogue-Heftes beiwohnen, kann in einem Lagerfeld Memorial nicht nur Fotos und Dokumente des Meisters sehen, sondern auch seine erste und letzte Couture-Kreation – ein schlichter Wollmantel neben einer Chanel-Glitzer-Robe.

Auch die Zukunft der Mode – Stichwort Nachhaltig­keit – wird nicht ausgespart: Bald schon dürfte ein 3-D-Drucker die Garderobe entwerfen, dürfte man Kleider aus recyceltem Plastik tragen, dürfte die Verzierung eines Abendkleid­s aus menschlich­em Schweiß – zu Kristallen gepresst – bestehen.

Laufzeit bis 12. Januar 2020, geöffnet von Di. bis So. in der Zeit von 11 bis 18 Uhr.

Von Claudia Schiffer zu Bastian Schweinste­iger

 ??  ?? Stilbilden­de Mode-Shootings mit der Tänzerin Hélène Bouchet, dem Supermodel Yasmine Warsame und dem Architekte­n Peter Marino (von links nach rechts)
Stilbilden­de Mode-Shootings mit der Tänzerin Hélène Bouchet, dem Supermodel Yasmine Warsame und dem Architekte­n Peter Marino (von links nach rechts)
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Fotos: Mecke, Afanador, Carrozzini
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