Schwäbische Wirtschaft kritisiert Klima-Politik
Konjunktur Lange Jahre lief es gut für die Unternehmen. Inzwischen wendet sich die Lage – vor allem in der Industrie. Die Wirtschaftskammern warnen deshalb vor falschen Weichenstellungen zum Beispiel in der E-Mobilität
neue Belastungen für die Industrie entstehen. Das Land erlebe derzeit einen „Klimahype“, während andere Themen auf der Strecke bleiben, meint er. „Alle reden in Deutschland nur über das Klima. Glauben Sie, dass die 420 Beschäftigten bei Voith in Sonthofen an das Klima denken, wenn ihr Werk geschlossen wird?“, kritisiert Kopton. Er spricht sich dafür aus, den Stellenwert der CO2-Neutralität als Ziel zu überprüfen. Deutschland will bis zum Jahr 2050 weitgehend treibhausgasneutral werden.
Der von der Regierung geplante CO2-Preis von zehn Euro pro Tonne ist für Kopton „maßvoll“. Dies sei aber erst der Einstieg: „Man weiß nicht, was daraus wird“, warnt er und hat dabei vor allem die Entwicklung der Ökostrom-Umlage vor Augen. Für diese müssten Verbraucher, Industrie und Gewerbe heute bereits 26 Milliarden Euro aufbringen. Viele Experten, ja selbst Industrievertreter wie Eon-Chef Johannes Teyssen, hatten bereits zum Start einen höheren CO2-Preis von 35 Euro gefordert.
Vor allem die Autozulieferer in unserer Region machen den Industrievertretern Sorgen. Sie seien es zum großen Teil, die jetzt vor Kurzarbeit stehen. Bei schwäbischen Autozulieferern sind heute rund 60 000 bis 65000 Arbeitnehmer beschäftigt, rechnet die IHK vor. Rund 30000 weitere Stellen hängen indirekt an diesem Bereich – zum Beispiel im Handwerk. „Die Politik macht es uns derzeit nicht einfach, wenn der Verbrennungsmotor derart verteufelt wird“, kritisiert Kopton. Zulieferbetriebe in Schwaben stellen auch Teile für Benzin- und Dieselmotoren her.
Nach Ansicht des schwäbischen Industriechefs wäre es falsch, nur auf das E-Auto zu setzen: „Wir können uns nicht auf eine Technik verlassen“, sagt Kopton. Industrie- und Handwerksvertreter in Schwaben fordern deshalb eine „Technologieoffenheit“bei der Förderung neuer Antriebe. Klimafreundliche synthetische Kraftstoffe sollen den Verbrennungsmotoren eine Zukunft geben. „Derzeit kostet ein Liter synthetischen Kraftstoffs zwar noch fünf Euro, das geht aber noch günstiger“, meint Kopton. Auch Wasserstoff-Fahrzeuge sind für ihn eine Zukunftstechnik. Für das E-Auto sieht er dagegen zwar Chancen vor allem im Nahverkehr, nicht aber auf langen Strecken.
Besser als in der Industrie ist die Auftragslage im Handwerk: „Unsere Betriebe melden ganz gute Zahlen“, sagt Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Schwaben. Vor allem der Bauboom sorge für Vollbeschäftigung. „Ich gehe davon aus, dass wir auch nächstes Jahr noch mit Volllast arbeiten“, sagt Wagner. „Wir wissen aber auch, dass es nicht endlos so weitergehen wird“, schränkt er ein. Bayerische Baufirmen meldeten am Mittwoch, sie sehen schlechtere Zeiten auf sich zukommen. Zwar sei die Baubranche derzeit noch gut ausgelastet, doch die Erwartungen für das kommende Jahr seien trüber, berichtet Wolfgang Schubert-Raab, der Präsident des Landesverbands der Bauinnungen.
Die schwäbische Handwerkskammer bewertet das Klimapaket der Bundesregierung als „moderat“, die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung könne zum Beispiel „gut funktionieren“, hofft Hauptgeschäftsführer Wagner, auch wenn viele Details noch offen seien. Er fordert aber, dass Anreize und Realität zusammenpassen müssen: „Wir können nicht auf Knopfdruck 100000 Handwerker auftreiben, die jetzt alte Ölheizungen austauschen“, sagt er.
Für Schwabens Handwerkspräsident Hans-Peter Rauch bleibt vieles in der Energie- und Klimapolitik Stückwerk. „Die Politik hatte für die Energiewende von Anfang an keinen Masterplan“, kritisiert er.