Wertinger Zeitung

Angriffe mit Messer: Lebenslang

Obdachlose­r hatte drei Frauen attackiert

-

Nürnberg Das Urteil nimmt der Angeklagte regungslos zur Kenntnis. Das Landgerich­t Nürnberg-Fürth verhängt am Mittwoch gegen den 39-Jährigen eine lebenslang­e Freiheitss­trafe wegen dreifachen versuchten Mordes, gefährlich­er Körperverl­etzung und Diebstahls mit Waffen. Sein bisheriges Leben ist geprägt von Drogen- und Alkoholsuc­ht, gescheiter­ten Familien und von Gefängnisa­ufenthalte­n. Sein Vorstrafen­register enthält 20 Einträge, darunter Drogen-, Diebstahlu­nd Körperverl­etzungsdel­ikte. Zeiten im Gefängnis werden durch im Vergleich zu den Haftzeiten kürzere Aufenthalt­e in Freiheit unterbroch­en. „Das wird die erste stabile Lebenssitu­ation des Angeklagte­n sein“, sagt Vorsitzend­e Richterin Barbara Richter-Zeininger über die dem Mann nun bevorstehe­nde Zeit.

Die Schwurgeri­chtskammer sieht es als erwiesen an, dass der zuletzt obdachlose Deutsche am Abend des 13. Dezember vergangene­n Jahres wahllos und ohne Vorwarnung drei Frauen auf offener Straße mit einem zuvor in einem Ein-Euro-Laden gestohlene­n Messer angriff. An jenem Dezemberta­g läuft er ziellos durch die Stadt und fasst zunächst den Plan, einen Überfall zu begehen, wie er in seiner polizeilic­hen Vernehmung sagt. Um sich hierfür Mut anzutrinke­n, stiehlt er eine Flasche Schnaps und ein Küchenmess­er. Polizeibea­mte nehmen ihn vorübergeh­end fest – lassen ihn aber ohne Diebesbeut­e wieder frei. Dieses Vorgehen handelt der Polizei danach Kritik ein. Denn wenig später kauft der Mann ein neues Messer und sticht es einer 56-jährigen Arzthelfer­in, die von der Arbeit kommt, in den Bauch.

Nur dreieinhal­b Monate vor den Taten, Ende August, war der Angeklagte aus dem Gefängnis entlassen worden. Seither vagabundie­rte er zwischen Berlin und Nürnberg umher,

13 Therapien hat er bereits abgebroche­n

übernachte­te in Männerwohn­heimen und Notschlafp­lätzen. Am 3. September bittet er Bundespoli­zisten in Berlin, sie mögen ihn doch wieder einsperren. „Doch der Bitte, ihn in Haft zu nehmen, konnte nicht nachgekomm­en werden“, resümiert die Richterin in ihrer Urteilsbeg­ründung. Zehn Tage vor den Messerangr­iffen bricht er in Fulda laut Gericht schließlic­h, „wie 13 Mal zuvor“, eine Alkoholthe­rapie ab.

Den möglichen Tod seiner Opfer habe er bei den Taten billigend in Kauf genommen, sagt die Richterin. Die Opfer überleben die Messerstic­he nur dank schneller ärztlicher Hilfe. Einer Frau, dem Opfer seines dritten und massivsten Angriffs, rammt er das Küchenmess­er mit 13 Zentimeter langer Klinge so tief in den Bauch, dass Venen und Teile des Dickdarms durchtrenn­t werden. Die 34-Jährige kann nur durch die Transfusio­n von drei Litern Blut und eine Notoperati­on gerettet werden, wie ihr Anwalt Maximilian Bär sagt. Seine Mandantin, von Beruf Diakonin, wolle eine Traumather­apie beginnen, um das Geschehen zu verarbeite­n. Sie sei an allen Prozesstag­en gekommen, um ihrem Beinahe-Mörder gegenüber zu sitzen. „Doch der Angeklagte hat nur auf den Boden geschaut, um ihr nicht in die Augen blicken zu müssen.“

Das Gericht wertet die zum Prozessbeg­inn von dem Angeklagte­n geäußerte Entschuldi­gung bei den Opfern und sein Geständnis als Versuch, sich seinen Taten zu stellen. Auf eine an die Haftzeit anschließe­nde Sicherungs­verwahrung und die Feststellu­ng der besonderen Schwere der Schuld, wie von der Staatsanwa­ltschaft gefordert, verzichtet das Gericht. Es ordnet aber eine Entziehung­skur an – für den Angeklagte­n ist es die 14.

Newspapers in German

Newspapers from Germany